Madame Fabienne
legten Musik auf. Zuerst tanzten sie noch dazu, aber dann trieben sie es. Draußen wurde es schon Nacht, und als sie eine Pause brauchten, zogen sie zu dritt durch die Stadt. Es war kalt, und außer ihnen gab es sonst keine Passanten mehr. Manchmal kam ein Wind vom Ozean auf und spielte mit ihren Haaren, dann fühlte sie sich ganz leicht, und sie lachten, obwohl gar nichts witzig dabei war.
Sie gingen immer weiter durch die leeren Straßen und kamen schließlich an den Strand von Pontaillac. Dort tranken sie die Flasche Sekt, die sie extra mitgenommen hatten— es schmeckte herrlich. Man hörte, wie die Wellen ans Land rauschten. Außer ihnen war niemand mehr da, und sie erzählten sich gegenseitig Anekdoten aus ihrem Leben.
Schließlich wurde es ihnen zu kalt, und sie gingen wieder zurück zu Véroniques Bude, dabei mussten sie dauernd kichern, obwohl sie nicht wussten warum. Als sie wieder bei Véronique waren, hatten sie noch mehr Sex bis spät in die Nacht hinein.
Davon war sie so erschöpft, dass sie am nächsten Tag erst gegen zwölf Uhr aufwachte, und als sie schließlich im Supermarkt ankam, war es halb drei. Ihr Chef flippte aus, und obwohl sie sich viel Mühe gab, war es unmöglich, ihn zu besänftigen: Man schmiss sie raus. Wie sollte es nun weitergehen in ihrem Leben?
Das Studium war gescheitert, und jetzt konnte sie auch nicht mehr im Supermarkt kassieren.
Sie ging zu diesem Fitness-Club, wo Véronique gerade am Empfang bediente. Es sei gar nicht so schlimm, meinte Véronique. Der Supermarkt habe eh nicht zu ihr gepasst. Zuerst war sie wütend gewesen, aber letzten Endes konnte sie nicht Véronique die Schuld an ihrem Rausschmiss geben— sie müsste doch selbst die Verantwortung für ihr Leben übernehmen.
In den folgenden Tagen lernten sie sich besser kennen, und Véronique brachte ihr auch ein paar Dinge bei, von denen sie gar nicht wusste, dass sie in ihr steckten. So war sie zum Beispiel in der Lage, mit ihrem Blick andere Menschen zu manipulieren. Bald stellte sich sogar heraus, dass sie dies besonders gut konnte. Véronique gelang dies nur manchmal, wenn sie sich gut konzentrieren konnte, und selbst dann hatte ihr Können auf diesem Gebiet enge Grenzen.
Doch bei ihr schien das ganz anders zu sein...
Zuerst hatten sie nur ihren Spaß damit und ließen unangenehme Zeitgenossen ein bisschen dumm aussehen: Ein Blödmann aus dem Fitness-Club wechselte an seinem Renault die Reifen, obwohl es gar nicht nötig war. Ein anderer machte in Unterwäsche Jogging und wurde dabei von seinen Nachbarn gesehen.
Aber schließlich verloren solche Späße ihren Reiz, und ihre Situation wurde auch wieder ernster, weil ihnen das Geld ausging. Da hatte Véronique die Idee, man könne doch eine Party feiern und das Zahlen sonst jemand überlassen, der mehr Kohle hatte als sie. Zuerst wollten sie es ja nur mal ausprobieren, um zu sehen, ob es überhaupt funktionierte.
Aber dann lief es besser, als sie es sich erhofft hatten, und immer öfter zogen sie aus ihrer Fähigkeit einen finanziellen Nutzen. So kauften sie zum Beispiel immer wieder neue Klamotten und ließen andere dafür zahlen, was Véronique besonders viel Spaß bereitete.
Hin und wieder trafen sie sich auch mit dem Sportler aus dem Fitness-Club und trieben es. Oft war es super, und sie tranken dabei auch eine Menge Sekt. Die Musik lief, und manchmal kamen auch andere Freunde dazu. Es war ausgelassen, aber es blieb unter Kontrolle.
Einmal brachte der Mann aus dem Fitness-Studio einen Kumpel mit: Er sei ein Manager bei B&M, hieß es. Sie gingen in ein Café auf dem Boulevard Front de Mer und feierten bis in die Nacht hinein. Fabienne manipulierte den Neuen, und er beglich schließlich die Rechnung. Sie hatte sich dabei nur wenig Gedanken gemacht: Wenn der Mann wirklich ein Manager war, hatte er der doch Kohle und könnte das auch bezahlen.
Schon bald darauf bekam sie aber ein schlechtes Gefühl: Immer öfter dachte sie, es beobachte sie jemand, aber sie konnte niemand entdecken, der ihr folgte. Außerdem meinte Véronique, sie übertreibe und solle ihren Spaß haben.
Aber ihre Situation wurde trotzdem immer schlechter, denn Royan war einfach zu klein für sie, besonders da keine Badesaison war und der Ort fast leer blieb. Es wurde allmählich klar, dass sie nicht hier bleiben konnten, denn es könnte schnell zu einer unangenehmen Situation kommen— sie hatten einfach schon zu viel angestellt.
Es war an einem Montag, als sie sich in diesem Café auf
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