Madame Fabienne
sich das nur ein? Er hob langsam die Pistole und richtete den Lauf gegen seinen Kopf. Was würde wohl der alte Gaston mit ihm machen, wenn er ihm lebend in die Hände fiel. Vor seinem geistigen Auge konnte er noch mal sehen, wie er den alten Gaston die Treppe nach unten stieß. Sein erstauntes Gesicht war für eine Sekunde sichtbar gewesen, offenbar hatte der alte Roque-Maurel nicht mit einem solchen Angriff gerechnet.
Didier schloss wieder die Augen und hörte seinen Atem: Wenn er jetzt abdrücken würde, wäre alles vorbei. Könnte er das machen? Wie trocken sein Mund auf einmal war, er würde doch jetzt nicht umkippen, oder? Wohin hatte Fabienne ihn nur getrieben, diese Schlampe.
Er öffnete wieder die Augen und sah sich in dem langen Wandspiegel: Der Lauf der Pistole war immer noch auf seinen Kopf gerichtet. Nun fing aber sein Handy an zu klingeln. War das schon der alte Roque-Maurel? Nein, das konnte doch gar nicht sein. Ob die Pariser Zentrale ihn sprechen wollte? Würde er jetzt ohnmächtig werden? Nein, oder doch? Warum hörte es denn nicht auf zu klingeln! Er griff schließlich nach dem Handy und nahm das Gespräch entgegen, ohne etwas zu sagen.
"Hallo? Ist da wer?"
"Ja?!"
"Ich bin's, Chef."
Es war Hector Leroux. An ihn hatte er gar nicht mehr gedacht. Was jetzt? Er räusperte sich, doch als er etwas sagen wollte, ging es nicht.
"Ist irgendwas?"
Er schluckte einmal, und als er jetzt sprach, klang seine Stimme wieder fest: "Was gibt's denn?"
"Sie wollten mich doch sprechen."
"Ah, natürlich. Ja."
"Treffen wir uns in einem Café?"
"Nein, wieder unten in der Hotelhalle."
Hector zögerte, und man hörte im Hintergrund Geräusche, die man nicht bestimmten konnte. "Und wann?"
"In zwei Minuten." Er unterbrach die Verbindung, ohne noch etwas zu sagen. Ein Seufzer glitt ihm über die Lippen, und er fühlte sich wieder ein bisschen besser. Aber ihm war immer noch kalt, und sein Oberkörper war so verschwitzt, dass ihm das Hemd auf der Haut klebte.
Weil der alte Gaston wieder aufgewacht war, hieß das noch lange nicht, dass der alte Drecksack auch gesund würde... Es blieb ihm immer noch eine Chance, auch wenn die Lage jetzt schlechter aussah als zuvor. Er könnte regelmäßig in der Pariser Zentrale anrufen und sich über den alten Roque-Maurel informieren; dabei müsste er allerdings aufpassen, dass man sich nicht zu sehr danach erkundigte, warum er so lange in Ludwigshafen blieb.
Was auch passierte, er würde nicht ohne Fabienne zurückkommen.
Er stellte sich noch mal vor den langen Wandspiegel und strich sich die Haare mit den Händen zurecht. Mit Jackett und Krawatte würde er besser aussehen, und man könnte ihm bestimmt nicht anmerken, wie aufgewühlt er tief drinnen war. Er beeilte sich, als er die Sachen anzog, doch als er die Pistole wieder versteckte, spürte er einen Brechreiz. Für einen Moment wurde ihm schwarz vor Augen, und er musste sich mit einer Hand am Kleiderschrank festhalten, sonst wäre er umgekippt.
Er verließ sein Zimmer und hastete den Flur entlang, wo es nur ein gedämpftes Licht gab. Sonst war niemand da, was gut war, denn er wollte auch niemand sehen.
Ob es Hector merken würde, dass es ihm schlecht ging? Vielleicht. Hector war ne Kanaille; bei dem Typ müsste er auf der Hut sein, sonst könnte es leicht Ärger geben. Sollte er jetzt den Fahrstuhl nehmen? Nein. Wie übel ihm immer noch war. Er hastete die Stufen nach unten, und als er in die Empfangshalle kam, saß Hector schon in einem der beigen Ledersessel.
Im Gesicht war Hector blass, und seine schlabbrigen Wangen hingen nach unten. Sein Schnurrbart war zu dick und hätte gestutzt werden müssen, und diese kalten Augen störten ihn schon aus der Distanz. Wie ihn dieser Typ anekelte.
Didier setzte sich auf den Sessel neben Hector und sah sich ein bisschen um. Durch die hohen Fenster fiel das Sonnenlicht und warf ein Schattenmuster auf den Parkettboden. An der Rezeption war wieder diese Frau mit dem hellgrünen Blazer. Offenbar telefonierte sie mit einer Freundin oder so was; auf alle Fälle nahm sie keine Notiz von ihnen. Gut.
Er wandte sich Hector zu und sprach leise, "Was hast du rausfinden können über diesen Martin Breuer?"
"Er hat ne Wohnung in einem der Vororte, in Oggersheim." Hectors Atem stank nach Alkohol: Er hatte also wieder gesoffen, ekelhaft. Auf seinem schwarzen Jackett sah man zwei Flecke, ob das Bier war? Auch Hector sprach nun leise, "Gestern Nacht ist er gleich nach Hause gefahren, und heute
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