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Madame Hemingway - Roman

Madame Hemingway - Roman

Titel: Madame Hemingway - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paula McLain
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eben zustande brachte, und stand dann auf, um einen neuen Krug Martini zu mixen.
    »Wie soll das aussehen? Wo werdet ihr leben?«, fragte Gerald.
    »Dafür haben wir noch keine Lösung gefunden«, erklärte ich. »Es ist alles noch sehr neu.«
    Gerald schaute ein paar Minuten lang nachdenklich aufs Meer hinaus und sagte dann zu Ernest: »Du weißt doch, ich habe das kleine Atelier in der Rue Froidevaux. Du kannst es haben, wenn du willst. So lange, wie du es brauchst.«
    »Das ist verdammt nett von dir.«
    »Auf seine Freunde muss man sich doch verlassen können, nicht wahr?«
    Als Sara zurückkehrte, hatte sie Don Stewart und seine hübsche frischgebackene Ehefrau Beatrice Ames im Schlepptau. Sie verbrachten ihre Flitterwochen in einem Hotel in der Stadt.
    »Donald«, rief ich und umarmte ihn herzlich, doch er sah blass und besorgt aus und Beatrice ebenfalls. Sara hatte ihnen auf dem Weg zum Strand offensichtlich rasch unsere Neuigkeiten zugeflüstert.
    Zwei weitere Stühle wurden an den kleinen Mosaiktisch im Sand herangetragen, und wir alle tranken demonstrativ und blickten in die Abenddämmerung.
    »Ich gebe gern zu, dass ich dachte, ihr beiden wärt unzerstörbar«, begann Donald.
    »Ich weiß«, stimmte Gerald ihm zu. Er wandte sich an Sara. »Habe ich nicht immer gesagt, dass die Hemingways eine Ehe führten wie kein anderer? Dass sie mit etwas Höherem verbunden zu sein schienen?«
    »Genug jetzt«, unterbrach Ernest. »Schluss mit der Leichenbeschau. Wir fühlen uns auch so schon schlecht genug.«
    »Lasst uns über etwas Fröhlicheres reden«, schlug ich vor. »Erzähl uns von eurer Hochzeit, Don.«
    Don lief rot an und blickte zu Beatrice. Sie war sehr hübsch und sah mit ihrer hohen Stirn und ihrem roten, bogenförmigen Mund aus wie ein Gibson Girl. Doch gerade war sie aus der Fassung gebracht. »Ich glaube nicht, dass wir davon erzählen sollten«, erklärte sie. »Es fühlt sich einfach falsch an.«
    »Ach, das«, meinte Ernest. »Daran gewöhnt man sich.« Er presste seine trockenen Lippen eng aufeinander und schaute resigniert. Ich wusste, dass ihm das alles zu schnell ging, aber er spielte das Spiel dennoch mit und hielt sich an den Gin und das unbeschwerte Geplauder. Das Ende war seit Monaten näher gerückt, seit unserer Zeit in Schruns, doch nun, da es uns erreicht hatte, wussten wir nicht, wie wir damit umgehen sollten.
    Erst am nächsten Nachmittag, als wir uns im Zug nach Paris befanden, traf uns beide das volle Gewicht der Ereignisse. An diesem Tag stand die Luft, es war drückend heiß, und der Zug war viel zu voll. Wir teilten uns ein Schlafabteil mit einer Amerikanerin, die einen mit aufwändigen Schnörkeln versehenen Vogelkäfig mit einem kleinen gelben Kanarienvogel darin mit sich führte. Wir hatten kaum guten Tag gesagt, da fing sie schon an, ausführlich zu berichten, dass der Vogel ein Geschenk für ihre Tochter sei, die einen Schweizer Lokführer hatte heiraten wollen, bis sie eingeschritten sei und die Verbindung gelöst habe. »Ich wusste vom ersten Augenblick an,dass ich ihn fortjagen musste«, erklärte die Frau. »Sie wissen ja, wie die Schweizer sind.«
    »Ja, natürlich«, erwiderte Ernest und presste die Lippen zusammen. Er wusste nichts dergleichen. »Entschuldigen Sie mich«, sagte er dann. »Ich gehe den Schaffner suchen.« Als er zurückkehrte, hatte er eine Flasche Brandy dabei, den wir direkt aus unseren Wassergläsern tranken.
    Mittlerweile waren wir in der Nähe von Marseille, und aus dem Fenster sah alles grauweiß und staubig aus: die Olivenbäume, die Bauernhöfe, die Mauern aus Feldsteinen und die Hügel in der Ferne. Alles wirkte seltsam ausgebleicht, und die Frau redete immer weiter über die Ehe und darüber, dass sie hoffte, ihre Tochter möge ihr vergeben. Ich trank meinen Brandy aus und goss mir dann noch einen ein und versuchte, die Frau komplett auszublenden. Der Vogel zwitscherte hübsch vor sich hin, aber ich stellte fest, dass ich auch dieses Geräusch nicht hören wollte.
    Als es Abend wurde, schloss die Frau endlich die Augen und begann zu schnarchen, wobei ihr großer Kopf ihr immer wieder auf die Schultern fiel. Wir fuhren in Avignon ein, wo ein Bauernhaus auf einem trockenen Feld brannte. Wir sahen, wie die Flammen dramatisch in den dunkler werdenden Himmel aufstiegen und in Panik versetzte Schafe wild hinter durchhängenden Zäunen hin und her rannten. Der Brand musste rechtzeitig entdeckt worden sein, da viele Möbelstücke in sicherer

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