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Madame Hemingway - Roman

Madame Hemingway - Roman

Titel: Madame Hemingway - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paula McLain
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nichts.
     
    Die restliche Woche verging über Konzerten, Spielen und Partys, und jeder Abend endete in Kenleys weiträumigem Wohnzimmer mit Wein, Zigaretten und hitzigen Diskussionen über bedeutende Bücher und Gemälde. Alles war beinahe genauso wie im Herbst, außer dass Kate sich beharrlich fernhielt.
    Direkt vor meiner Abreise aus St. Louis hatte ich einen Brief an sie abgeschickt. Ich wusste nicht, ob er sie erreichen würde, bevor wir uns in Chicago über den Weg liefen, was zweifelsfrei passieren würde, aber ich brachte es nicht über mich, ihr nicht zu schreiben und zumindest zu versuchen, den Weg für das Kommende sanft zu ebnen.
Nesto und ich sind uns recht nah gekommen,
schrieb ich.
Wir sind wirklich gute Freunde, und da du auch eine so gute Freundin bist, fände ich es schrecklich, wenn dies uns beide auseinanderbrächte. Bitte sei nicht lange böse. Allerliebst, Hash.
    Kenley bestand darauf, dass sie nur sehr beschäftigt bei der Arbeit sei, und versicherte mir: »Du kennst doch Kate. Sie nimmt viel zu viel an, und dann kann sie sich nicht freimachen. Wir werden sie bestimmt bald sehen.«
    Doch sie zeigte sich nicht, und mit jedem verstreichenden Tag wünschte ich mir mehr, mit ihr über mein Verhältnis zu Ernest sprechen zu können. Ich wollte kein doppeltes Spiel spielen, hatte mich jedoch in die Klemme gebracht, indem ich ihm verschwieg, dass Kate mich vor ihm gewarnt hatte. Zum einen wollte ich seine Gefühle nicht verletzen, zum anderen wollte ich mich nicht zwischen sie stellen und böses Blut erzeugen. Je näher das Ende meines Besuchs rückte, desto schwerer wog Kates Schweigen, und ich fragte mich, ob es überhaupt für einen von uns dreien gut ausgehen konnte. Es war durchaus möglich, dass sie ihr Vertrauen in mich vollkommen verloren hatte. Auch möglich, sogar wahrscheinlich, war es, dass Ernest zum Schreiben nach Rom ging und mich allein zurückließ.
    Es war gefährlich, mein Herz für Ernest aufs Spiel zu setzen, aber welche Wahl hatte ich denn? Ich war in ihn verliebt, und auch wenn ich nicht gerade unerschrocken in die Zukunft blickte, hatte sich mein Leben doch zweifellos zum Besseren gewendet, seit ich ihn kannte. Ich merkte es zu Hause in St. Louis ebenso wie hier bei Kenley. Jeden Abend war ich zu Beginn aufgeregt und schüchtern, sorgte mich, dass ich nichts beizutragen hätte, doch je später es wurde, desto wohler fühlte ich mich stets in meiner Haut. Um Mitternacht war ich dann längst Teil des Ganzen und bereit, wie ein Seemann zu trinken und bis zum Morgengrauen Gespräche zu führen. Es war, als würde ich jeden Abend neu geboren. Dabei wiederholte sich jedes Mal derselbe Prozess, bei dem ich mich fand, verlor und dann wiederfand.
    »Vor nicht allzu langer Zeit hatte ich kaum genug Energie, um länger als eine halbe Stunde Klavier zu spielen«, erzählteich Ernest eines Morgens beim Frühstück. »Letzte Nacht sind wir bis drei Uhr wach gewesen, und hier sitze ich um acht, putzmunter und mit strahlenden Augen. Ich war immer
so
müde – und außerdem meistens ziemlich niedergeschlagen. Was ist nur mit mir geschehen?«
    »Ich weiß es nicht, aber das mit den strahlenden Augen kann ich bestätigen«, erwiderte er.
    »Im Ernst«, beharrte ich. »Wir reden hier von einer
großen
Veränderung.«
    »Glaubst du nicht an Veränderungen?«
    »Doch. Aber manchmal erkenne ich mich selbst nicht wieder. Es ist wie in einer dieser Geschichten, in der die Elfen kommen und einen Körper durch einen anderen ersetzen – als wäre ich ein Kuckuckskind.«
    »Wenn du mich fragst, Hash, ich mag dich genauso, wie du jetzt bist.«
    »Danke. Ich mag mich so auch sehr gern.«
     
    Der nächste Abend war bereits mein letzter, und ich war fest entschlossen, jede einzelne Minute davon zu genießen. Ich wusste nicht, wann oder ob Ernest und ich uns wiedersehen würden. Er hatte Jim Gamble oder Italien nach dem ersten Tag nicht mehr erwähnt, doch er schmiedete auch keine
anderen
Zukunftspläne. Als ich ihn fragte, ob er mich denn einmal in St. Louis besuchen würde, antwortete er leichthin: »Aber natürlich, Kleine.« Darin lag weder ein Versprechen noch eine feste Absicht, und ich sprach das Thema nicht noch einmal an. Einen Mann wie Ernest konnte man nicht durch Klammern festhalten – wenn man es denn überhaupt konnte. Ich würde einfach abwarten müssen, wie die Sache ausging.
    Der Abend verlief wie gewohnt mit reichlich Alkohol und Musik, und wir rauchten dazu wie die Schlote. Ernest bat

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