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Madame Hemingway - Roman

Madame Hemingway - Roman

Titel: Madame Hemingway - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paula McLain
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ich wohl. Ach, Ruth«, ich vergrub mein Gesicht in den Händen. »Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist. Wahrscheinlich habe ich einfach nur Angst.«
    »Aber das ist doch verständlich«, sagte sie sanft. »Wenn du wirklich denkst, dass er zu jung für dich ist, in Ordnung, dann triff deine Entscheidung und bleib dabei.«
    »Glaubst du, dass ich aufhöre, mir Sorgen zu machen, wenn ich sicher weiß, dass er mich liebt?«
    »Hör einfach auf dich selbst.«
    »Es steht so viel auf dem Spiel.«
    »Das tut es doch immer«, entgegnete sie.
    Ich seufzte und nahm mir noch einen Keks. »Bist du eigentlich immer so voller Weisheit, Ruth?«
    »Nur, wenn es um das Leben anderer Menschen geht.«
    Am nächsten Tag kam kein Brief von Ernest, dasselbe galt für den übernächsten Tag und den Tag darauf. Es wurde immer deutlicher, dass er entweder dabei war, mich zu vergessen, oder mich vorsätzlich beiseite schob, weil er sich, in der Hoffnung, dort mit dem Schreiben voranzukommen, für Rom entschieden hatte. Ich war verletzt, aber auch furchtbar eifersüchtig. Vor ihm lag etwas Reales, an das er seine Hoffnungen heftete und dem er sein Leben widmete. Meine Träume waren schlichter und kreisten zugegebenermaßen immer mehr um ihn. Ich stellte mir ein kleines Haus vor, auf das Ernest mit dem Hut in der Hand pfeifend zulief. Nichts, was er je getan oder gesagt hatte, deutete jedoch darauf hin, dass dieses Bild einmal wahr werden würde. Wer war hier also naiv und romantisch?
    »Wenn es vorbei ist, werde ich tapfer sein«, sagte ich am Abend des dritten Tages zu Ruth und Bertha, während ich spürte, wie sich in meinem Hals ein dicker Kloß bildete und wieder auflöste. »Ich werde die Ärmel hochkrempeln und einen anderen finden.«
    »Oh, Kleines, du bist völlig am Boden zerstört, nicht wahr?«, erwiderte Ruth.
    In dieser Nacht wälzte ich mich unruhig im Bett herum, bis ich schließlich um zwei in einen leichten Schlaf fiel. Beim Aufwachen am nächsten Morgen war ich immer noch niedergeschlagen und fühlte mich wie benebelt. Ich ging als erstes zum Briefkasten, obwohl ich wusste, dass es noch zu früh für diePost war. Doch da waren sie, nicht nur ein, sondern gleich zwei Briefumschläge, prall gefüllt und verheißungsvoll. Mir war im Grunde klar, dass der Postbote sie am Abend zuvor gebracht haben musste, ohne dass ich es gemerkt hatte, doch zum Teil wollte ich glauben, ich hätte die Briefe mit meiner Sehnsucht herbeibeschworen. Wie es auch war, zumindest hatte Ernest sein Schweigen nun endlich gebrochen. Ich lehnte mich an den Türpfosten, und mir strömten Tränen der Erleichterung aus den Augen.
    Zurück in meinem Zimmer, riss ich die Briefe gierig auf. Der erste handelte von den üblichen Neuigkeiten über die Arbeit und die Vergnügungen in Kenleys Wohnung, die er irgendwann nur noch »das Domizil« nannte. Am vorigen Abend hatte es einen Boxwettkampf im Wohnzimmer gegeben, bei dem Ernest in langen Unterhosen und einer braunen Seidenschärpe sich duckend und tänzelnd die Rolle von John L. Sullivan spielte. Ich musste lachen, wenn ich ihn mir so vorstellte, und ich lachte immer noch, als ich mir den zweiten Brief vornahm.
Ich will nach wie vor nach Rom,
begann er,
aber was hältst du davon, mich zu begleiten – als meine Ehefrau?
    Ehefrau
. Das Wort ließ mich erstarren. Ich hatte bisher weder seine Mutter noch irgendjemand anderen aus seiner Familie kennengelernt. Er war noch nicht einmal in St. Louis gewesen und hatte sich im Empfangszimmer Fonnies missbilligenden Blicken ausgesetzt. Aber vielleicht meinte er es dennoch ernst. Diese Art von Heiratsantrag passte zu ihm, aus dem Stegreif, direkt nach einem Scherz übers Boxen. Später an diesem Morgen schrieb ich zurück:
Wenn du bereit für diesen großen Sprung bist, bin ich dabei.
    Rom. Gemeinsam. Der Gedanke war merkwürdig. Wenn ich über eine Ehe mit Ernest phantasiert hatte, lebten wir stets in St. Louis oder Chicago, an einem Ort wie dem Domizil,immer voller Spaß und guter Gespräche. Die Vorstellung, mit Ernest in Italien zu leben, war aufregend und beängstigend und geradezu revolutionär. Mit siebzehn hatte ich mit meiner Mutter und meinen beiden Schwestern Florenz und Rom bereist. Das Ganze verlief ziemlich elend, und ich erinnerte mich an kaum etwas Schönes, nur an Hitze und Ohnmachtsanfälle und Stechmücken. Mit Ernest nach Rom zu fahren würde selbstverständlich etwas ganz anderes sein.
Ich
würde dort anders sein. Wie auch nicht? Ich sah uns schon

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