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Madame Hemingway - Roman

Madame Hemingway - Roman

Titel: Madame Hemingway - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paula McLain
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Ich mochte das Gewirr der Stände, an denen die exotischsten Dinge angeboten wurden, die ich je gesehen hatte. Es gab dort jede Art von Wild: Hirsch und Wildschwein und Pyramiden aus weichen, schlaffen Hasen. Alles wurde in seiner ganzen Natürlichkeit gezeigt mit Hufen und Hauern und Fell, damit man immer genau wusste, was man gerade betrachtete. Die Vorstellung, dass diese Tiere bis vor kurzem noch über die nahegelegenen Felder und Wiesen gerannt waren, war zwar nicht angenehm, aber dennoch lag eine Art von Schönheit in der schieren Fülle und Vielfalt des Angebots, von dem alles in irgendeiner Form essbar war. Bei vielem hatte ich keine Ahnung, was ich damit anstellen sollte, etwa bei ungerupften Fasanen und Gänsen oder bei den Körben voller kleiner graubrauner Vögel, deren Namen ich nicht einmal kannte. Aber ich schaute mir gern alles an, bevor ich mich auf die Obst- und Gemüsestände zubewegte. Dort blieb ich ebenfalls immer viel länger als nötig und bewunderte die Körbe voller Lauch und Pastinaken, Orangen und Feigen und Äpfeln mit dicker Schale.
    Doch in den Gassen hinter dem Marktplatz verrotteten Obst und Fleisch in Kisten. Ratten krochen herum, Tauben versammelten sich, hackten aufeinander ein und hinterließen eine Spur aus Federn und Läusen. Das war die rauhe Wirklichkeit, und auch wenn ich durch das Zusammenleben mit Ernest besser mit der Realität umgehen konnte als je zuvor, wurde mir dennoch schlecht. Es war, wie wenn man auf der Place de la Contrescarpe in den Rinnstein blickte, wo sich das Wasser hinter den Wagen der Blumenverkäufer bunt färbte: eine kurze falsche Üppigkeit, unter der etwas Hässliches verborgen war. Was hatte Ernest damals in Chicago zu mir gesagt?
Die Liebe ist eine schöne Lügnerin?
Die Schönheit war ebenfalls eine Lügnerin. Als ich die Ratten zum ersten Mal sah, wollte ich meinen Korb fallen lassen und davonrennen, aber für solchsymbolische Gesten waren wir nicht reich genug. Also ging ich weiter.
    Über die schmutzigen Gassen, die von Les Halles wegführten, lief ich in Richtung Seine. Am Rand des Pont Neuf war die Kaimauer rauh und imposant. Ein kalter Wind fuhr durch meinen dünnen Mantel, aber gleich auf der anderen Seite befand sich die Île St. Louis mit ihren wunderschönen alten Häusern und den eleganten Straßen, die sie zu einer Oase machten. Ich lief die ganze Insel entlang, bis ich einen Park voller kahler Kastanienbäume an ihrer Spitze fand und einer kleinen Treppe hinunter zum Fluss folgte. Angler zogen dort
goujons
an Land, die sie sofort frisch brieten. Ich kaufte ihnen ein paar in Zeitungspapier gewickelte Fische ab und setzte mich auf eine Mauer, um die Lastkähne zu beobachten, die am Pont Sully vorbeifuhren. Das Häufchen Fische war knusprig unter der Salzkruste und roch so einfach und gut, dass ich das Gefühl hatte, es könnte mein Leben retten. Nur ein bisschen. Nur für diesen Augenblick.

Dreizehn
    »Hier ist es so schön, dass es schon weh tut«, bemerkte Ernest eines Abends, als wir auf dem Weg zum Dinner waren. »Liebst du es nicht auch?«
    Das tat ich nicht, noch nicht, aber ich war beeindruckt. In dieser Zeit durch die besten Pariser Straßen zu laufen erweckte den Eindruck, durch die geöffneten Vorhänge in einen surrealen Zirkus zu blicken und jederzeit die Seltsamkeit und Pracht bewundern zu können. Nach den erzwungenen Entbehrungen des Krieges, als die Textilindustrie kollabierte und die großen Couturiers ihre Türen zunagelten, strömten nun bunte Seidenstoffe durch die Straßen von Paris wie Wasser: persisches Blau und Grün, aufsehenerregendes Orange und Gold. Inspiriert vom Orientalismus des russischen Balletts kleidete Paul Poiret Frauen mit Haremshosen und gefransten Turbanen und Unmengen von Perlenketten ein. In scharfem Kontrast dazu machte auch Chanel sich einen Namen, und man sah Tupfer von geometrisch geformtem Schwarz in all der Farbvielfalt. Chic waren nun ein Bubikopf zu dunkel lackierten Nägeln und unvorstellbar langen Zigarettenspitzen. Außerdem bedeutete es, mager und hungrig auszusehen, was ich niemals tat. Selbst wenn ich tatsächlich Hunger hatte, verlor ich nie mein rundes Gesicht und meine stämmigen Arme. Ich hatte auch nicht genug Interesse an Kleidung, um Gedanken daran zu verschwenden, was mir stehen könnte. Ich trug Kleider, die unkompliziert und pflegeleicht waren, lange Wollröcke, formlose Pullover und wollene Glockenhüte. Ernest schien es nichts auszumachen. Wenn er sie überhaupt

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