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Madame Hemingway - Roman

Madame Hemingway - Roman

Titel: Madame Hemingway - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paula McLain
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frischen Pulverschnee aufwirbelten. Nach solch einem Tag fielen wir abends erschöpft ins Bett.
    »Lass uns nie wieder zurückkehren«, sagte ich eines Abends, als wir in unserem Bett im Schlafsaal lagen und nichts außer dem Schnee und dem Wind draußen vernahmen.
    »In Ordnung«, erwiderte er. »Haben wir nicht großes Glück, dass wir uns so sehr lieben? Niemand hätte gedacht, dass wir es bis hierhin schaffen würden. Weißt du noch, damals war niemand auf unserer Seite?«
    »Ja«, antwortete ich und verspürte einen leichten Schauder. Wir konnten uns nicht für immer vor der Welt verstecken.
    Nach drei Tagen kehrten wir vom Berg zurück und fanden in unserem Hotel zwei Telegramme vor, die dort auf Ernest warteten. Eins war von Sherwood, das andere von Horace Liveright, und beide hatten den gleichen Inhalt:
In unserer Zeit
würde als Buch herauskommen. Sie boten ihm einen Vorschuss von zweihundert Dollar auf die Tantiemen an und wollten bald einen Vertrag schicken.
    Es war ein gewaltiger Moment, den wir nie vergessen würden, und in gewisser Weise schien das Skifahren ein unvermeidlicher Teil davon gewesen zu sein. Als wäre es nötig gewesen, fast bis zum Himmel hinaufzusteigen und wieder hinabzufliegen, um diese Nachricht zu empfangen. Die Anstrengungen von Ernests Lehrjahren waren hiermit beendet, und das war nicht die einzige Veränderung. Er würde nie wieder unbekannt sein. Wir würden nie wieder so glücklich sein.
    Am nächsten Tag fuhren wir mit dem Zug nach Paris.

Dreißig
    In jenem Frühling regnete es ununterbrochen, doch selbst bei diesem Wetter war Paris für Ernest ein reichgedeckter Tisch. Er kannte sich überall aus und lief besonders gerne nachts durch die Straßen, um hier und da ein Café zu betreten und zu schauen, wer gerade da war und wer nicht. Mit seinem langen, widerspenstigen Haar, seinen Tennisschuhen und der geflickten Jacke war er auf Anhieb als typischer Schriftsteller vom linken Seine-Ufer zu identifizieren. Ironischerweise hatte er sich genau in die Art Künstler verwandelt, vor der es ihn noch vor zwei Jahren gegraust hatte. Für mich war dieser Anblick auch schmerzhaft. Er fehlte mir, und manchmal hatte ich das Gefühl, ihn gar nicht wiederzuerkennen. Doch ich wollte ihn nicht zurückhalten; nicht jetzt, da für ihn endlich alles so gut lief.
    Wenn Ernest sich veränderte, so galt dies auch für Montparnasse. Amerikanische Touristen überschwemmten die Gegend auf der Suche nach den wahren Bohemiens, und die üblichen Verdächtigen gebärdeten sich für ihr neues Publikum noch wilder und merkwürdiger. Eins der beliebtesten Künstlermodelle zu dieser Zeit war Kiki, die Geliebte und Muse von Man Ray. Man traf sie häufig im Dôme oder im Rotonde an, wohin sie stets ihre zahme Maus mitnahm. Sie war klein und weiß und mit einem Silberkettchen an Kikis Handgelenk gebunden. Die üppige rothaarige Flossie Martin hielt vor dem Select Hof, wo sie Einheimischen und Touristen gleichermaßen Obszönitäten hinterherrief. Bob McAlmon erbrach sich säuberlich in die Blumenbeete der besten Cafés, um sich danach gleich noch einen Absinth zu bestellen. Dass Absinthillegal war, hielt niemanden von dem Genuss ab, und dasselbe galt für Opium und Kokain. Ernest und ich hatten uns stets mit Alkohol zufriedengegeben, doch viele hatten in jener Zeit das dringende Bedürfnis, noch einen draufzusetzen, um mehr zu spüren und mehr zu riskieren. Es wurde immer schwerer, überhaupt noch jemanden zu schockieren.
    Duff Twysden war eins der hemmungsloseren Mädchen in der Cafészene. Sie trank wie ein Mann, erzählte dreckige Witze und konnte sich mit ausnahmslos jedem unterhalten. Sie stellte ihre eigenen Regeln auf und scherte sich nicht darum, was andere über sie dachten. Nachdem wir aus Österreich zurückgekehrt waren, sah Ernest sie öfter als je zuvor. Manchmal kam auch ihr Verlobter Pat Guthrie mit. Pat war berühmt für seine Trunksucht und nur selten nüchtern genug, ihre gemeinsame Wohnung zu verlassen, ohne allzu großes Aufsehen zu erregen. Es beruhigte mich ein wenig, dass Duff und angeblich auch ihr Herz bereits vergeben waren – andererseits bedeutete das auch nicht immer so viel, wie es sollte.
    Duff wollte abends immer Gesellschaft haben, genau wie Ernest, so dass sie sich ganz selbstverständlich gegenseitig anzogen. Ich machte mir große Sorgen wegen ihr, aber als er sie endlich einmal mit in die Sägemühlenwohnung brachte, kniete sie sich als erstes vor Bumby auf den

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