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Madame Hemingway - Roman

Madame Hemingway - Roman

Titel: Madame Hemingway - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paula McLain
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Fußboden.
    »Hallo, mein Kleiner. Du bist aber ein Hübscher, nicht wahr?«
    Bumby lachte und tapste hinter meine Beine, um sich zu verstecken. Er hatte über den Winter gerade erst laufen gelernt, und wenn er rannte, hielt er seine pummeligen Beinchen dabei so steif, dass man glaubte, er müsse gleich kopfüber in irgendetwas hineinfallen.
    »Das ist ja wieder einmal typisch«, rief Duff und beobachtete ihn lachend. »Warum rennen bloß immer alle Männer vor mir davon? Ich muss ja wirklich ganz furchterregend sein.«
    »Mehr als du dir vorstellen kannst«, bestätigte Ernest.
    Für den Rest ihres Besuchs saß sie ganz bescheiden an meinem Tisch. Sie war wohlerzogen, aber nicht pingelig, und hatte ein lautes, mitreißendes Lachen. Ich mochte sie. Ich wollte sie nicht mögen, aber ich tat es.
    Etwa zur selben Zeit kehrte Kitty aus London zurück und schickte mir mit der Post eine Einladung zum Tee.
    »Warum ist sie wieder da?«, fragte Ernest. »Ich dachte, wir wären dieses vergoldete Miststück los.«
    »Sag so etwas nicht!«, fuhr ich ihn an.
    »Wieso? Ich erkenne ein Miststück, wenn ich eins sehe.«
    Ich versuchte ihn zu ignorieren. Er würde seine Meinung über Kitty niemals ändern, was ich auch sagte oder tat. Das war eine seiner Eigenschaften, die mich am meisten frustrierte: Wenn man bei ihm einmal negativ vermerkt war, hatte man so gut wie keine Chance mehr. Ich wollte mich nicht mit ihm über sie streiten, aber ich würde mich auf jeden Fall mit Kitty treffen.
    Unglücklicherweise waren alle schönen Kleider, die ich besaß, Geschenke von ihr gewesen, und da ich nicht in ihren ausrangierten Sachen erscheinen wollte, zog ich für meinen Besuch bei ihr einen abgetragenen Rock und Pullover an. Sobald ich ihre Wohnung betrat, bereute ich meine Entscheidung jedoch. Sie hatte außer mir noch zwei Schwestern aus dem Mittleren Westen eingeladen, Pauline und Jinny Pfeiffer, die einfach perfekt gekleidet waren. Ich erfuhr auch bald, dass Pauline nach Paris gekommen war, um für die
Vogue
zu arbeiten. Sie war unglaublich chic und trug einen Mantel aus den sorgfältig aneinandergenähten Fellen Hunderter Streifenhörnchen zu champagnerfarbenen Schuhen, die vielleicht die vornehmsten waren, die ich je gesehen hatte. Jinny hatte unglaublich schöne mandelförmige Augen und war eindeutig die Hübschere der beiden, aber Pauline besaß etwas anderes, einebeinahe jungenhafte Ausgelassenheit. Sie hatte schmale Hüften und Schultern und einen akkurat geschnittenen dunklen Pony, der ihr fast bis zu den Augenbrauen reichte. Die beiden waren Töchter eines wohlhabenden Gutsbesitzers aus Arkansas, die jedoch in St. Louis aufgewachsen waren. Kitty war gerade dabei, mir zu erzählen, wie nah sich Pauline und Kate Smith zeitweise gestanden hatten, als Harold und Ernest, verschwitzt und lachend vom Boxtraining kommend, den Raum betraten.
    Ich war überrascht, Harold zu sehen – waren er und Kitty etwa wieder zusammen? –, doch sie warf mir einen raschen Blick zu, der so viel bedeutete wie:
Frag nicht
. Abgesehen davon, weshalb war Ernest eigentlich mit hergekommen? Wollte er etwa Kitty schikanieren? Man hätte doch denken können, dass er ihr lieber aus dem Weg gehen würde. Ich hatte mir ein ruhiges, intimes Wiedersehen mit meiner guten Freundin gewünscht, keine unangenehmen Spannungen und schon gar nicht, dass Ernest und Harold um diese bezaubernden neuen Damen herumschlichen, als wären sie exotische Tiere in einem Zoo.
    Harold und Ernest tranken viel an diesem Nachmittag. Ich folgte Kitty gerade in die Küche, um mehr Tee zuzubereiten, als Ernest begann, mit Jinny zu flirten.
    »Hör mal«, rief Ernest Harold zu. »Ich glaube, ich würde dieses Mädchen gern einmal ausführen.«
    »Mach dir da mal keine Sorgen«, sagte Kitty mit gedämpfter Stimme zu mir. »Jinny steht nicht auf Jungs.«
    »Wirklich?«, fragte ich. Soweit ich sehen konnte, lieferte Jinny eine ziemlich gute Vorstellung als Vamp ab. Sie hatte ihre Mandelaugen auf Ernest gerichtet und klimperte meisterhaft mit den Wimpern.
    »Sie testet nur ab und zu gern ihre Fähigkeiten. Ich glaube, sie macht sich über die Männer lustig.«
    »Es muss ein gutes Gefühl sein, so viel Macht ausüben zu können«, bemerkte ich. »Aber was ist mit dir? Was ist mit Harold geschehen?«
    »Nun, er ist mir gewissermaßen nicht nach London gefolgt. Ich hatte es fast schon aufgegeben. Er sagt, er weiß nicht genau, was er will.«
    »Aber er hat dich vermisst.«
    »Natürlich hat er

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