Madame Mystique
Wells.«
»Er war ein Verbrecher!«
»Nein, ein Genie!«, schrie sie mich an. »Ein großes Genie. Etwas Einmaliges. Ein Mensch, der Grenzen übersprungen hat. Der der Welt eine neue Richtung hätte zeigen können. Dessen Forschungen schon so weit gediehen waren, dass man sie als perfekt hätte einstufen können. Und ihn hast du ausgeschaltet.«
»Ja, Tabea, er ist ein Forscher gewesen. Er war auf seine Weise einmalig. Aber er hätte sein Wissen und seine Forschungen in den Dienst der Menschheit stellen sollen, was er nicht getan hat. Er hat sich abgekapselt und für sich geforscht, und er hat sich über alle Gesetze hinweggesetzt und Experimente an Menschen durchgeführt. So etwas konnte ich nicht durchgehen lassen.« Ich war in Rage geraten und redete weiter. »Es ist uns zum Glück gelungen, noch etwas zu retten und in Sicherheit zu bringen.«
»Meinst du das Vogelmädchen?«
Genau das meinte ich. Aber ich sagte es nicht, denn ich war erschreckt darüber, dass sie Bescheid wusste.
»Rache für Elax«, sagte ich.
»Ja, so ist es!«
Ich blieb weiterhin ruhig. »Gut, ich kann es nicht ändern, dass Sie sich dazu entschlossen haben. Aber was bringt es Ihnen? Sie holen ihn nicht mehr zurück. Elax ist tot. Seine Firma existiert so nicht mehr. Sie wurde aufgelöst. Was bringt es?«
»Genugtuung.«
»Pardon, aber damit kann ich nichts anfangen. Sie sollten froh sein, dass die Menschen, abgesehen von wenigen Ausnahmen, von seinen Forschungen verschont geblieben sind. Wäre er erfolgreich gewesen, wären sie wie ein Unheil über uns gekommen. Also ist es schon besser, dass es Elax nicht mehr gibt und sich der Prototyp seiner Forschungen in Sicherheit befindet.«
»Nicht mehr lange. Ich werde mir das Vogelmädchen holen. Es wird meine Beute sein und auch meine Erinnerung an ihn. Ich habe ihn bewundert, und ich habe oft und lange mit ihm über seine Forschungen gesprochen, als sie sich noch im Stadium der Planung befanden.«
»Aber er hat Sie nicht daran beteiligt. Da hat er auf andere Helfer zurückgegriffen.«
»Das war mir klar. Ich wusste es. Ich bin einen anderen Weg gegangen. Ich wollte ihn weder beeinflussen noch stören. So habe ich mich um das gekümmert, was mir persönlich wichtig war. Um meine Talente, um das, was die meisten Menschen nicht können oder wissen, was aber in der letzten Zeit immer mehr in den Vordergrund drängt und auch von Elax sehr genau betrachtet und gefördert wurde. Kannst du dir denken, was es ist, Sinclair?«
Ich hatte eine Idee. Die behielt ich für mich und hob nur die Schultern.
Das passte Tabea Ryder nicht. »Du willst es nicht sagen, wie?«
»Ich höre es gern von dir.«
»Gut. Alles klar. Dann will ich dich aufklären.« Sie holte noch einmal Atem, und ich glaubte, so etwas wie Glanz in ihren Augen zu sehen. »Es ist die Kommunikation zwischen Mensch und Tier. Das Zusammenwachsen der beiden so unterschiedlichen Lebewesen. Maxine müsste das am besten wissen. Bei ihr kann man es in seinen Anfängen finden. Sie beschäftigt sich mit Tieren, sie heilt sie von ihren körperlichen Wunden, aber ich heile sie von ihren seelischen Gebrechen. Ich bin so etwas wie eine Psychologin für Tiere. Ich heile ihre Seelen. Ich spreche mit ihnen. Ich kann sie in Hypnose versetzen. Ich bin mehr als nur eine Pferdeflüsterin. Das war der Anfang. Viele sind auf diesen Zug aufgesprungen, doch ich habe alles perfektioniert.«
Ja, es stimmte. Sie brauchte mir darüber nichts mehr zu sagen, denn ich hatte selbst erlebt, was mit den beiden Eulen geschehen war. Sie gehorchten der Frau »auf den Pfiff«. Sie griffen einen Feind an, und sie ließen ihn auch wieder in Frieden, wenn sie es wollte. Tabea Ryder war in der Tat eine Person, die über die Psyche der Tiere herrschte und die Vierbeiner, aber auch die Vögel manipulierte.
Es war ein anderes Gebiet als das, mit dem sich Elax damals beschäftigt hatte, aber es war ebenso ungewöhnlich und auch irgendwie unerklärlich, das stand für mich auch fest.
Zwei verschiedene Augen. Das Mal auf ihrer Stirn. Die Beherrschung der Tiere, da kam schon einiges zusammen, und ich fragte mich, ob es wirklich mit rechten Dingen dabei zugegangen war. Ich konnte es nicht glauben, denn hinter dieser Frau musste noch eine andere Macht stecken. Ebenso wie damals bei der Rattenkönigin, die Maxine’s Schwester gewesen war.
Sie ließ mich nicht aus dem Blick. Sie lächelte und amüsierte sich wahrscheinlich darüber, wie ich versuchte, meine Gedanken in die
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