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Madame Zhou und der Fahrradfriseur

Madame Zhou und der Fahrradfriseur

Titel: Madame Zhou und der Fahrradfriseur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Landolf Scherzer
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Felsen gebaut worden sind, brennen auf den Gipfeln der Berge schon die Feuer der untergehenden Sonne.
    Die silbernen Pagoden
    Nur wir wandeln jetzt noch zwischen den Türmen und durch die Gärten. Im Tempel lächelt der Buddha gütig und schenkt uns, die wir aus der Hektik der Stadt in seine Einsamkeit gekommen sind, den Frieden, die Schönheit und den Einklang von Natur und Religion. Erst am Ausgang des silbernen Pagodenwaldes wird die Stille durch die Rufe von Frauen, die Obst, Nüsse und Andenken verkaufen, gestört. Sie stehen dick eingemummelt da und frieren. Wir sind heute bestimmt ihre letzte Hoffnung auf ein Geschäft. Und je weiter wir uns entfernen, umso lauter schreien sie uns nach.
    Monika meint, dass die Nüsse, die sie für das Weihnachtsfest in Deutschland kaufen will, an der Straße nach Peking billiger zu haben sind als hier vor den Pagoden. Noch während Klaus »Alles Rot« einschaltet, höre ich das Rufen der Frauen.
    Die Töpferei, in der Monika ihre Dachreiterfiguren und Masken gekauft hat, befindet sich am Stadtrand. Auf dem Hof der niedrigen aus Ziegeln gemauerten Werkstätten stehen Paletten, in denen Hunderte gebrannte, aber noch unbemalte Krüge und Vasen liegen. Eine Frau führt uns in den Verkaufsraum, in dem Affen, Löwen, Drachen, Widder, Gnome, Pferde, Schlangen und vielbeinige, mehrköpfige Fabelwesen nebeneinander aufgereiht sind.
    Monika tauscht ihren angeschlagenen Dachreiter-Affen, ich kaufe die Tierkreissymbole für meine Kinder, und Klaus wünscht der Verkäuferin Frau Lu, die aus einem 500 km entfernten Dorf nach Peking gekommen ist, eine gute Woche und ein glückbringendes Neujahrsfest. Die Frau schüttelt den Kopf. »Das Feuer in der Töpferei ist erloschen. Es blieb nur die Asche unter den Öfen.«
    In drei Wochen werden die Bagger kommen und die Töpferwerkstatt wie die anderen Häuser rechts und links der Straße abreißen. Nebenan sind die Häuser schon dachlos. »Die Ziegel haben die Besitzer mitgenommen«, sagt sie.

    Die Dachreitertöpferei
    »Wohin?«, frage ich.
    Das weiß sie nicht. »Die Behörden haben uns nur mitgeteilt, dass die Häuser in drei Wochen leer sein müssen.«
    In den Regalen stehen noch Tausende Masken und Figuren. Ich suche für zwei Enkel, die nach dem chinesischen Kalender im Jahr des Tigers geboren worden sind, Tigerfiguren.
    »Die Tiger sind ausverkauft – 2010 war ein fruchtbares Jahr«, sagt die Frau. »Und das chinesische Symbol für das Jahr 2011, das Jahr des Hasen, wird der Meister hier nicht mehr brennen.«
    Klaus fotografiert die alten Werkstätten. Monika findet einen noch unbemalten dicken, lachenden Buddha. Sie bekommt ihn von der Verkäuferin 50 Prozent billiger.
    »Ich kann in mein Dorf zurückgehen oder in Peking Straßen kehren oder die Schranken von Tiefgaragen bedienen. Aber der Meister«, klagt Frau Lu, »der alte, erfahrene Meister, wo wird er die kaiserlichen Dachreiterfiguren brennen können?«
    Am Abend treffen wir uns mit deutschen Bekannten von Monika und Klaus im Restaurant zum »Feuertopf«. Wir sitzen zu zehnt um den runden Tisch, auf dessen Drehscheibe Rindfleisch, Eier, Rettich, Hummer, Rinderzunge, Lachs, Kraut, Pilze, Hähnchenfleisch, Spinat, Tofu, Süßkartoffeln und andere noch rohe Köstlichkeiten liegen. Jeder Gast erhält einen Topf, in dem über einem Rechaud sehr scharf gewürzte Brühe kocht. Darin kann man sich Fleisch, Fisch und Gemüse garen. Bier gibt es, so viel man trinken will, gratis. Nach drei Stunden Schlemmerei bezahlt jeder von uns nicht einmal 5 Euro.
    »Ich muss in China nicht mehr kochen, wenn ich spät von der Arbeit komme«, sagt Monika. »Wir können jeden Abend in einem Restaurant preiswerter als zu Hause essen.«

SPICKZETTEL (4)
    Max L., Berufswunsch: Tennisprofi
    Ich wünsche mir eine heiße Freundin, außerdem dass ich viele Sprachen beherrsche, viel Geld habe und Glück im Leben. China wünsche ich, dass der Lebensstandard für alle viel höher wird, dann wünsche ich ihnen bessere Häuser und eine Bildung, die die Chinesen auch auf ein Studium im Ausland vorbereitet. Am meisten würde mir in Deutschland das Nachtleben hier in Peking fehlen, weil hier auch Jüngere ohne Kontrollen dabei sein können.
    Ich würde auch eine Chinesin heiraten. Chinesen sind gute Menschen.

    Daniel W., Berufswunsch: Arbeit im Umweltschutz
    Ich wünsche China, dass das wirtschaftliche Wachstum anhält und China einfach so bleibt, wie es jetzt ist. Wenn ich an Deutschland denke, fehlen mir hier nur

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