Madame Zhou und der Fahrradfriseur
nur der Fichtenwald, in dem ich mit meiner Oma Pilze suche. Außerdem vielleicht ein eigener kleiner Garten.
In Deutschland habe ich nach zwei Tagen Sehnsucht nach dem Geplapper der Chinesen und gucke, wenn ich doch mal früh aufgestanden bin, enttäuscht in den Park bei uns nebenan, weil dort niemand tanzt oder Tai-Chi-Übungen macht. Es fehlt mir einfach die Fröhlichkeit der Chinesen. Deutsche sind so stur.
Das Geschäftsessen
ODER:
Bai fen zhi ling dian ling yi de cuo wu yi jing shi bai fen zhi yi bai tai duo le – 0,01 Prozent Fehler sind schon 100 Prozent zu viel
Um 4.30 Uhr schläft wahrscheinlich auch der diensthabende Junge im Eingangsbereich des Compounds. Erst das Scheinwerferlicht unseres Autos macht ihn munter. Doch der schlaftrunken aus dem Häuschen herausstolpert ist nicht »mein« Salutierender, sondern ein wohl gleichaltriger, aber korpulentererJunge. Er weiß nicht, was er zuerst machen soll. Die verstrubbelten Haare glattstreifen? Die Kapuze gegen die Kälte überstülpen? Oder stillstehen und salutieren? Er versucht alles gleichzeitig. Lachend grüßt Klaus zurück. Trotz der frühen Morgenstunde ist mein Gastgeber gut gelaunt.
Ohne auch nur einmal im Stau stehen zu müssen, fährt Klaus entspannt durch das nächtliche Peking, holt seinen Mitarbeiter ab, der nach 5 Minuten auf dem Rücksitz schon wieder in den Nachtschlaf zurückgefallen ist, und singt mit Anna Loos: »Wir sind Findelkinder …«
Ich freue mich, als wir die Hochhäuser hinter uns gelassen haben und ich trotz des Nebels, der sich mit dem Smog zu einem dichten, noch auf der Erde liegenden grauen Schleier vermischt hat, eine rötlich matte Sonne aufgehen sehe. Später erblicke ich auch Felder, die zwar schon abgeerntet sind, aber auf denen an manchen Stellen noch grüne Inseln wachsen. Klaus sagt, dass es Gräber von Bauern sind, die auf ihrem Acker beerdigt werden dürfen. Die Hinterbliebenen kurven mit den Traktoren und Mähmaschinen beim Pflügen und Ernten ehrfürchtig drum herum und mühen sich dort, besonders ordentlich zu arbeiten, denn der Tote beobachtet sie dabei.
Wenn wir durch Dörfer fahren, rieche ich den mir noch gut bekannten Rauch der Kohlefeuerung. Vor den garagengroßen, aus Betonteilen zusammengesetzten, dicht aneinander stehenden Wohnunterkünften sind runde Briketts oft bis zu den Dächern gestapelt. Sie werden aus Kohlenstaub gepresst. »Noch vor zwanzig Jahren heizten alle Pekinger nur mit diesem furchtbar stinkenden Brennmaterial«, sagt Klaus.
Als müssten sie die Luft säubern, stehen zwischen den Siedlungen und entlang der Autobahn neu gepflanzte Laubbäume. Die Fahrbahnen trennt eine grüne Wand aus kleinen Zypressen. Auf den Brücken werden sie durch hölzerne, grün angemalte Attrappen ersetzt, die wie Schießbudenfiguren aussehen. Klaus meint, dass es in China noch einfachist, sehr schnell neue Straßen zu bauen, neue Fußwege anzulegen und Bäume zu pflanzen. »Man muss keine privaten Eigentümer fragen: ›Dürfen wir hier eine Autobahn oder Eisenbahnstrecke entlangführen?‹«
Je höher die Sonne steigt, umso dichter wird der Verkehr. Der Geruch von Kohlenrauch vermischt sich mit den Dieselwolken, die altertümliche Lastkraftwagen ausstoßen. Sie fahren sehr langsam. Klaus überholt sie rechts auf der schmalen Standspur. Und ich muss ihm signalisieren, ob sie frei ist, denn oft stehen dort unverhofft Frauen und kehren den Asphalt mit Straßenbesen. Bei einer Vollbremsung auf der Standspur wacht der Mitarbeiter von Klaus auf.
Der Mais wird getrocknet
Gegen 10 Uhr zahlen wir an der Mautstelle für die 500 Kilometer 150 Yuan und fahren auf der Landstraße nach Xingtai weiter. Kurz vor dem Ort staut sich der Verkehr. Auf etwa 50 Metern ist die Straße nur auf einer Seite zu befahren. Daneben liegen viele Tonnen Maiskörner zum Trocknen in der Sonne. Und die sonst sehr rabiaten chinesischen Chauffeure, die jeden Radfahrer, der nicht ausweicht, gnadenlos in den Straßengraben drängen, fahren vorsichtig um den Mais herum.
Das Wälzlagerwerk befindet sich außerhalb der Stadt neben einer sehr breiten schnurgeraden vierspurigen Allee. An allen Laternenmasten hängen rote Plakate mit Losungen.
»Nein«, sagt Klaus, »das ist keine sozialistische Propaganda, sondern Reklame für alle möglichen Markenartikel und für Geschäfte und Dienstleistungen in der Stadt.«
Er parkt das Auto an einer Stelle, die vom Werk aus nicht einzusehen ist, holt einen schwarz-weiß gestreiften Schlips und die
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