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Maddie - Der Widerstand geht weiter (German Edition)

Maddie - Der Widerstand geht weiter (German Edition)

Titel: Maddie - Der Widerstand geht weiter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katie Kacvinsky
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damit sie mir nicht ins Gesicht flatterten. Wir gingen etwa zehn Minuten, bis wir zu einem Trampelpfad kamen, der sich durch niedrige Büsche wand. Bald wurde der Weg steiler, sodass wir regelrecht klettern mussten. Als wir oben angekommen waren, japste ich nach Luft, aber der Blick lenkte mich ab.
    Das Kliff war mit verbrannten, zerstörten Häusern übersät. Von einigen waren nur noch Trümmerhaufen übrig. Verkohlte Holzpfeiler stützten die Überreste halb eingebrochener Dächer. Bei einem der Häuser waren nur die Fenster explodiert und man hatte die leeren Öffnungen mit Brettern vernagelt. Der Rauch und die Hitze hatten den Anstrich aschegrau gefärbt. Direkt vor uns stand ein Gebäude, das innen hohl war wie ein ausgeweideter Kadaver. Die schwarz verkohlten Wände rotteten vor sich hin, aber ein paar Pfeiler der Eingangsveranda waren noch intakt und leuchteten weiß in der Sonne. Der Farbkontrast war erschreckend. Ich stellte mir das Haus vor, als es noch voller Leben gewesen war.
    »Wie ist das passiert?«, fragte ich.
    Justin trat näher an die Verandapfeiler heran. »Brandstiftung«, sagte er. »Eine Gruppe von Männern hat Benzin auf sämtliche Eingangstreppen geschüttet und sie gleichzeitig angezündet. Dann haben sie die Feuerwehr gerufen und einen Großbrand in einer Stadt gemeldet, die zwanzig Meilen entfernt liegt. Die Ablenkung war erfolgreich. Bis die Löschwagen hier ankamen, war schon alles zu spät.«
    »Cleverer Plan«, sagte ich und hob einen Stoffhaufen auf, der vielleicht einmal eine Jeans gewesen war, bevor das Feuer ihn verschmort hatte. Ich ließ ihn wieder fallen. »Hat man sie erwischt?«
    Justin nickte. Er sagte, die Männer seien verurteilt worden. Versuchter Mord in zwanzig Fällen.
    »Wieso haben sie das getan?«, fragte ich.
    »Weil ihnen unsere Lebensart nicht gefällt. Wir leben in Holzhäusern, machen Lagerfeuer und halten uns draußen auf. Für diese Männer sind wir primitive Wilde.«
    Ich setzte mich auf einen flachen Fels und starrte die Ruine an. Mein Blick blieb wieder an den weißen Pfosten hängen, die das Massaker überlebt hatten. Sie stachen mehr als alles andere heraus und wirkten seltsam schön. Dann bemerkte ich weitere Anzeichen von Leben in den Trümmern. Ein Fenster war heil geblieben, die umstehenden Bäume waren grün und gesund, Gras wuchs zwischen Schutthaufen. Die Szene sah nicht länger aus wie ein Friedhof. Ich musste nur meine Perspektive ändern.
    Im Grunde unterschieden sich die Ärzte im Center nicht sehr von den Brandstiftern. Mit ihrer Strategie des Schreckens hatten sie meinen Geist aushöhlen wollen, bis er leer und nutzlos war. Aber ich konnte darüber hinwegkommen. Dazu musste ich mich nur auf einen Neuanfang einlassen. Ich musste schauen, was in mir heil geblieben war, und darauf aufbauen.
    »Jetzt weiß ich, warum du mich hergebracht hast«, sagte ich leise.
    »Mmh«, meinte Justin nur. Er setzte sich neben mich auf den Fels und sagte, dass die Ruinen demnächst abgerissen werden sollten. Weil es Zeit für einen Neuanfang war.
    »Mit dem Leben weiterzumachen, ist gar nicht so schwierig«, sagte er. »Das Problem liegt darin, das Vergangene wirklich loszulassen.«
    Ich verbarg das Gesicht in den Händen, holte tief Luft und begann zu weinen, ohne mich dafür zu schämen, weil mein Körper die Erleichterung brauchte. Mein Herz war immer noch in starre Ascheschichten gehüllt und voller Brandwunden. Ich musste das Gewicht auf meiner Brust loswerden, damit es mich nicht für immer niederdrückte.
    Nach einer Weile trocknete ich meine Augen am Ärmel ab. »Ein Heulkrampf war vermutlich nicht die Reaktion, die du erwartet hast«, sagte ich und schniefte.
    »Du reagierst nie, wie man erwartet«, sagte er. »Das habe ich vom ersten Tag an gelernt.«
    Jetzt ging es mir schon besser. Ich konnte mich entscheiden, ob ich eher sehen wollte, was das Leben mir genommen oder was es mir geschenkt hatte. Wenn ich nun auf die Häuser schaute, sah ich Schönheit inmitten der Zerstörung. Ich sah Möglichkeiten, zu wachsen und sich zu erneuern … genau wie bei mir.
    »Hier soll eine Schule entstehen«, sagte Justin. »Die Familien haben sich zusammengesetzt und beschlossen, das Land an die Stadt zu spenden. Sie haben das Projekt ›Alternativschule Meerblick‹ getauft. Das Schulwappen zeigt einen Phoenix.«
    »Ich dachte, es sei illegal, Schulen zu bauen?«, fragte ich.
    Er schüttelte den Kopf. »Nicht mehr lange. Bald ist die landesweite Abstimmung, die

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