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Maddie - Der Widerstand geht weiter (German Edition)

Maddie - Der Widerstand geht weiter (German Edition)

Titel: Maddie - Der Widerstand geht weiter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katie Kacvinsky
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die ihm fast von der Nase rutschte. Er schob sie hoch und lächelte uns entgegen.
    »Hi, Connie«, begrüßte er die Frau mit einem Nicken.
    Sie runzelte die Stirn. »Du weißt doch, dass in Gegenwart von Patienten keine Vornamen benutzt werden sollen.« Er nickte entschuldigend. Die Aufseherin ratterte herunter, dass jede Etage einen solchen Essraum mit Kaffee, Tee, Wasser und Snacks hatte. Während sie sprach, schaute ich zu dem Jungen hinüber. Unsere Blicke trafen sich und in seinen blauen Augen blitzte Überraschung auf. Er starrte mich so ungeniert an, dass ich sicher war, er hatte mich erkannt.
    In der Ecke stand ein einziger Stuhl aus schwarzem Metall. Er sah nicht gerade bequem aus.
    »Du wirst nicht hier essen, sondern sofort alles in dein Zimmer bringen. Warme Gerichte gibt es nur aus diesem Automaten.« Die Frau zeigte auf ein paar Tasten für Suppen und Sandwiches. »In dein Zimmer wird ausschließlich kaltes Essen geliefert. Das hier ist ein unverdienter Luxus, den du besser nicht missbrauchen solltest.«
    Ich hätte fast Danke gesagt, verbiss es mir aber. Bestimmt wäre Höflichkeit bei Connie nicht gut angekommen. Sie schob mich zurück in den Flur und zu Zimmer 415.
    »Ende der Besichtigung«, sagte sie mit kalter Stimme und hielt die Tür auf, bis ich hineinging. »Willkommen im DCLA .«
    Sie schloss die Tür und ließ mich allein. Ich starrte auf die weißen Bildschirmwände zu allen Seiten und kam mir vor, als wäre ich halbwach in einem Traum gefangen oder würde mich in einem seltsamen Schwebezustand zwischen zwei Leben befinden. Um mich herum gab es nichts, was mich mit meinem bisherigen Ich verband. Ich fühlte mich aus der Bahn geworfen. Unwirklich. Irgendwie unsichtbar.
    Ich ließ mich aufs Bett fallen und schaute an die weiße Decke. Neue Gerüche umgaben mich, und ich versuchte, sie in mich aufzunehmen: eine Mischung aus frischer Wäsche und Elektrosmog von all den Digitalbildschirmen. Meine Kleidung roch nach chemischer Reinigung. Ich lauschte nach neuen Geräuschen. Jeder Ort hat seinen eigenen akustischen Fingerabdruck, und man muss sich erst daran gewöhnen, bevor man sich entspannen kann. Aber mir wurde bald klar, dass ich mich hier nie entspannen würde. Das einzige Geräusch war eine Stille, die einem die Luft abdrückte. Sie legte sich über mich wie ein Schatten und ich verschwand darin.

Teil 2 – Mein simuliertes Leben
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Kapitel Neun
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    Dieses Mal würde mich niemand retten.
    Ich fühlte mich wie eine Figur in einem Computerspiel, als würde jemand all meine Schritte beobachten und mich mit einer Fernbedienung kontrollieren. Ich war in eine Welt geraten, in der ich blindlings durch ein Labyrinth rennen und Schlägen ausweichen musste, die ich nicht kommen sah, bis es zu spät war.
    Aber ich wollte nicht nur auf dem Bett hocken und mir die Haare raufen. Schluss mit dem Selbstmitleid! Von Justin hatte ich gelernt, dass man nichts veränderte, indem man jammerte. Manche Leute saßen herum und warteten darauf, dass endlich etwas passierte … Andere dagegen nahmen ihr Leben selbst in die Hand. Also stand ich auf, verwandelte den Wandschirm in ein leeres Schreibdokument und begann laut zu sprechen. Meine Aufzeichnung sollte alles enthalten, an das ich mich aus den letzten Stunden erinnern konnte. Mir kam es überlebenswichtig vor, zu denken, zu fühlen, meine Sinne zu benutzen. Ich marschierte auf und ab und ließ in meinem Geist die Wände um mich herum verschwinden. Ich versuchte mir den Hof draußen vorzustellen. Ich tat so, als sei ich eine Undercover-Journalistin, die man hergeschickt hatte, um das DCLA zu durchleuchten. Wenn ich jede Einzelheit festhalten konnte, die ich hier drinnen erlebte, brachte ich damit vielleicht Licht ins Dunkel und konnte anderen Jugendlichen helfen, die in die gleiche Situation gerieten.
    Ich konnte meinen Aufenthalt im DC als lehrreiche Erfahrung betrachten statt als Strafe. Es war eine Erleichterung, meine Gedanken zu ordnen und darüber nachzudenken, was eben passiert war. Dadurch bekam alles einen Sinn. Ich sah zu, wie meine Stimme auf dem Bildschirm in Schrift umgewandelt wurde und die Sätze sich zu einzelnen Abschnitten formten. Meine Geschichte nahm Gestalt an, als würde eine altertümliche Schriftrolle vor mir ausgerollt.
    Irgendwann hörte ich auf zu reden und betrachtete die Wände um mich herum. Meine Worte hingen in der Luft, und mir wurde plötzlich klar, wie ungeschützt sie waren. Alles, was ich aufgezeichnet hatte, war

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