Maddie - Der Widerstand geht weiter (German Edition)
sparsam eingerichtet. In einer Ecke stand ein Metallbett, in der anderen ein Schreibtisch. Alles war so steril, dass man automatisch Heimweh bekam. Der Kleiderschrank hatte keine Türen und war leer bis auf einen Wäschekorb. Sämtliche Wände waren mit Digitalbildschirmen tapeziert, ebenso die Decke und der Fußboden. Eines war klar: Auf Hightech brauchte man hier nicht zu verzichten. Da es kein Fenster gab, war die Luft stickig, obwohl sie durch eine schmale Deckenöffnung gefiltert wurde.
Die Aufseherin hielt einen Scanner hoch und befahl mir, die Arme und Beine zu spreizen. Ich gehorchte, und sie fuhr mit dem Gerät über meinen Körper, um zu prüfen, ob ich irgendwo einen Peilsender oder Ähnliches versteckte. Als sie sicher sein konnte, dass ich wirklich keine schädlichen Verbindungen zur Außenwelt mehr hatte, ließ sie den Scanner sinken.
Ich betrachtete den Raum und fühlte, wie mich die Einsamkeit eiskalt umschloss. Ich konnte nicht glauben, dass man mir jeden menschlichen Kontakt verbieten würde. Totale Isolation kann Menschen in den Wahnsinn treiben. Wir sind von Natur aus soziale Wesen. Darauf musste das Center Rücksicht nehmen. Oder nicht?
»Wo bekommen wir unser Essen?«, fragte ich und hoffte auf eine Kantine.
»Du wirst alle Mahlzeiten in deinem Zimmer einnehmen«, sagte sie und zeigte auf eine schmale Metallklappe über dem Tisch. Sie erklärte, dass ich eine Speisekarte im Computer finden würde und das Bestellte durch den Schlitz geliefert bekam. Ich starrte auf die Klappe, die wie ein viereckiges Metallmaul aussah, und nickte. Hätte ich mir denken können. Schließlich sollte das Umerziehungscenter mir beibringen, mich abzuschotten. Abstand zu wahren. Mich wieder in die digitale Welt zurückzuziehen.
Als Nächstes zeigte sie auf die Computertastatur, die auf dem Tisch bereitlag. »Das System ist darauf programmiert, alle deine Fragen zu beantworten«, sagte sie. »Ihr beide werdet viel Zeit miteinander verbringen.«
Ich starrte auf die Tastatur und spürte, wie es mir kalt den Rücken herunterlief. Der Panzer aus Selbstsicherheit, den ich mir zugelegt hatte, bekam Risse.
Dann erklärte die Aufseherin, dass ich heute Abend meine erste Therapiesitzung haben würde.
»Hier gibt es Therapiesitzungen?«, fragte ich.
Sie nickte. »Erscheinen ist Pflicht. Du wirst dich regelmäßig mit einem Psychologen treffen, um dich an das Center anzupassen. Außerdem werdet ihr diskutieren, was dich hierher gebracht hat, damit es nicht wieder passiert. Von allen Jugendlichen, die aus den Centern entlassen wurden, musste noch keiner zurückkehren«, fügte sie stolz hinzu. »Wir haben eine hundertprozentige Erfolgsrate. Das können andere Institutionen wohl kaum von sich behaupten.«
Sie klang wie mein Vater, wenn er mit seinen Statistiken prahlte. Jetzt traute ich ihr erst recht nicht mehr über den Weg.
»Jemand wird dich abholen und zu deiner ersten Sitzung begleiten. Später bringt der Aufzug dich automatisch in die erste Etage, wenn du einen Termin hast. Dort befinden sich die Therapieräume.«
Sie zeigte auf die Schlafkleidung, die auf meinem Bett lag: zwei dunkelgrüne Oberteile, eines davon kurzärmelig, eines langärmelig, und eine Trainingshose.
»Die dreckige Kleidung wirfst du hier rein«, sagte sie und wies in Richtung des Wäschekorbs. »Du bekommst außerdem einen Vorrat an sauberen Uniformen und genug Laken, um das Bett täglich neu zu beziehen. Irgendwelche Fragen?«
Ich schaute auf das Bett. »Ich glaube nicht, dass ich jeden Tag ein neues Laken brauche«, sagte ich. Für ein Umerziehungscenter kam mir das ziemlich luxuriös vor.
Sie schwieg ein paar Sekunden, bevor sie mit einer Antwort herausrückte. »Warte ein paar Tage ab«, meinte sie dann. »Vermutlich wirst du deine Meinung ändern.« In diesem Moment ertönte ein Geräusch im Flur und ich wandte den Kopf. »Da fällt mir noch etwas ein«, sagte die Aufseherin mit erhobenem Finger und winkte mir, ich solle ihr nach draußen folgen. Wir gingen wieder den Flur entlang und ich hörte jemanden am anderen Ende. Dort wurde der Gang breiter und mündete um die Ecke in einen kleinen Raum mit einem Getränke- und Snackautomaten. Ein Junge war gerade dabei, saubere Becher auf den Tresen zu stellen. Ich war ziemlich sicher, dass er noch im Schulalter war, aber trotzdem trug er eine Uniform, die zeigte, dass er zum Personal gehörte. Er war groß und schlaksig, hatte kurz rasiertes schwarzes Haar und eine Brille mit Metallgestell,
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