Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Maddie - Der Widerstand geht weiter (German Edition)

Maddie - Der Widerstand geht weiter (German Edition)

Titel: Maddie - Der Widerstand geht weiter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katie Kacvinsky
Vom Netzwerk:
Blick zu. »Genau deshalb sind wir Menschen so gefährlich. Wir sind die intelligentesten und gleichzeitig die unberechenbarsten Wesen auf diesem Planeten.«
    »Gefühle sind nicht immer schlecht«, widersprach ich.
    Er zuckte nur mit den Schultern. »Wir können sie nicht kontrollieren. Und wenn etwas droht, außer Kontrolle zu geraten, muss man es überwachen. Menschen sind irrationale Geschöpfe. Statt kluge Entscheidungen zu treffen, denken sie nur an ihre persönlichen Vorteile. Wie kann man einer so zügellosen Spezies trauen?«
    »Gefühle beschützen uns«, argumentierte ich. Meine einzige Hoffnung lag darin, ihn zu überzeugen. »Die Menschheit hat nicht grundlos Tausende von Jahren überlebt. Ohne unsere Gefühle wären wir längst nicht mehr hier. Angst schärft die Sinne und den Verstand. Wut bringt uns dazu, nach Veränderung zu streben. Liebe gibt uns die Fähigkeit zu Mitgefühl. Vielleicht konzentrieren Sie sich mit den Therapiesitzungen auf die falschen Gefühle.«
    Er schüttelte den Kopf. »Die Menschen weigern sich zu lernen. Wir begehen im Leben immer wieder die gleichen Fehler, weil wir unseren Gefühlen erlauben, über den Verstand zu siegen. Ausgerechnet die Denkweise unseres Gehirns ist unser schwacher Punkt. Deshalb muss jemand uns beaufsichtigen und in unsere Schranken weisen.«
    »Sie wollen die Menschen in einen Käfig sperren, aber da gehören sie nicht hin.«
    Er runzelte die Stirn. »Doch, in gewissem Sinne schon. Oder stimmst du mir nicht zu, dass es in deinem Leben immer Grenzen und Einschränkungen gab? Verhaltensregeln? Stundenpläne? Von Geburt an hat man dich geleitet. Nur so kann unsere Spezies überleben. Wir bilden uns gerne ein, dass wir die klügste und vollkommenste Lebensform auf unserem Planeten sind, aber gleichzeitig sind wir die einzige, die ihn zerstört.«
    Er zog eine Ampulle aus seinem Arztkittel und öffnete sie. »Ich weiß noch, wie mir dein Vater vor ungefähr drei Jahren gesagt hat, welche Enttäuschung du für ihn bist. Weil du unfähig bist zu lernen. Jetzt sehe ich selbst, was er damit gemeint hat.«
    »Dieses Zeug schlucke ich nicht«, sagte ich.
    »Entspann dich«, meinte er und die Wände verwandelten sich wieder in die Paradieslandschaft vom Anfang. Wir waren von samtig grünen Tälern umgeben. Schäfchenwolken schwebten über den blauen Himmel und klassische Musik erfüllte die Luft. Saiteninstrumente schluchzten, eine einsame Violine spielte hingebungsvoll ihr klagendes Lied. Eine sanfte Brise erfüllte den Raum. Ich wusste, dass jeder Kampf sinnlos war. Also nahm ich die Ampulle, trank sie in einem Schluck leer und wartete auf den Blackout.
    Ich schloss die Augen. Gleich würde der bekannte dunkle Vorhang über mein Bewusstsein fallen. Doch der Effekt war anders als erwartet. Wenige Sekunden, nachdem ich das Medikament genommen hatte, rammte mir etwas Unsichtbares ins Gehirn. Es fühlte sich an, als würde jemand meinen Kopf gegen die Wand schlagen. Meine Stirn bohrte sich in meine Augen. Das Tal und der Himmel quetschten sich zusammen und wurden von einem rotierenden Strudel verschluckt. Richard Vaughn beugte sich zu mir vor und streckte die Hand aus. Ich rang nach Luft.
    »Willst du wissen, warum ich mein Lieblingsprogramm für dich aufgerufen habe?«, fragte er. Jedes Wort stieß wie eine Messerklinge in meinen Geist. Seine Stimme war in meinem Kopf, seine Finger bohrten sich in mein Gehirn. Mein Schädel pulsierte, und Schreie woben sich um mich herum, ein Chor aus schrillen, verzweifelten Hilfeschreien. Ich konnte nicht antworten, konnte nicht einmal einen Finger bewegen, und mein Herz hämmerte so wild, dass es schmerzte. Meine Gedanken verdorrten wie eine Pflanze, die in der brennenden Wüstensonne starb.
    »Ich will deine letzten Momente mit Schönheit füllen«, flüsterte er. »Gibt es eine bessere Art zu sterben?«
    Als ich die Augen wieder öffnen konnte, stand ich in einem leeren Flur. Er gehörte nicht zum Centergebäude, denn er war hell erleuchtet. Eine Reihe von Neonlampen strahlte auf mich herab. An meiner rechten Seite befanden sich Glasscheiben, hinter denen ein Büroraum voller Schreibtische zu sehen war. Darin saß eine Reihe von Leuten in Arbeitkabinen zwischen beigefarbenen Raumteilern. Über der Tür hing ein Schild mit der Aufschrift HAUPTVERWALTUNG . Auf der anderen Flurseite waren zwei geschlossene Räume mit ähnlichen Schildern. Auf dem einen las ich SEKRETARIAT , auf dem zweiten SCHULPSYCHOLOGE .
    Eine Klingel schellte

Weitere Kostenlose Bücher