Maddie - Der Widerstand geht weiter (German Edition)
drei Mal hintereinander und sofort wurden überall Türen aufgerissen. Stimmengewirr und trappelnde Schritte erfüllten den Flur, während Teenager mit Papierbüchern in den Händen an mir vorbeidrängten. Sie lärmten herum, als hätten sie gewettet, wer am lautesten schreien könne. Die meisten schienen in meinem Alter zu sein, und plötzlich begriff ich, wo ich mich befand.
Ich war in einer High School.
Die Bürotür schwang auf und streifte beinah meine Rippen. Ich wich ein paar Schritte zurück, als ein Mann in Anzug und Krawatte herausmarschiert kam. Er war hoch gewachsen und hatte dunkles Haar, das ordentlich zurückgekämmt war. Mit einem beiläufigen Blick in meine Richtung winkte er einem Lehrer weiter hinten im Flur. Die energischen Bewegungen und die arrogante Ausstrahlung machten ihn unverwechselbar. Ich hatte meinen Vater vor mir. Nur war er zwanzig Jahre jünger. Außerdem war er schlanker und hatte volleres Haar ohne eine Spur von grauen Strähnen. Er trug eine Frisur mit altmodischen Koteletten und sein Gang war leichtfüßig federnd. Auch sein Gesichtsausdruck war ungewohnt. Er wirkte zufriedener als ich ihn je gesehen hatte. Normalerweise war seine Miene hart und abweisend, wie aus Marmor gemeißelt.
Mir wurde klar, dass ich mich an seiner Schule befand. Hier war er Direktor gewesen, bevor er die Digital School Corporation gegründet hatte.
Er nickte den Schülern zu, die an ihm vorbeiströmten, und lächelte. Dann kam ein Lehrer mit einer Frage zu ihm, und die beiden gingen gemeinsam den Flur entlang und verschwanden um die Ecke aus meinem Sichtfeld. Ich betrachtete fasziniert die bunte Menge aus Teenagern, deren Gesichter alle individuell und unverwechselbar wirkten. Fast kam ich mir vor wie in einem lebenden Kunstwerk. Dann klingelte es wieder und die Schülermasse begann sich zu zerstreuen.
Vor mir öffnete sich die Tür des Sekretariats und ein Junge marschierte heraus. Er trug eine dicke rote Winterjacke, die zwei Nummern zu groß wirkte und ihm bis über die Hüften reichte. Seine Mütze war tief ins Gesicht gezogen, sodass der Schirm seine Augen verdeckte. Die Hosenbeine seiner schwarzen Jeans fegten über den Boden. Er stolzierte durch den Flur, als würde ihm die ganze Schule gehören, und kam direkt auf mich zu. Ich konnte gerade noch ausweichen, um einen Zusammenstoß zu vermeiden. Er hatte es nicht einmal nötig, ›Sorry‹ zu sagen.
»Freak«, murmelte ich, als er außer Hörweite war.
»Hey, Thiel«, rief jemand. Ich drehte mich um und sah eine Gruppe Teenager – mehr Jungen als Mädchen –, die in meiner Richtung durch den Flur kamen. Der ganze Trupp hing so eng zusammen, dass er sich wie ein vielbeiniges Tier bewegte. In der Mitte befand sich ein kleiner, stämmiger Junge mit schwarzer Stachelfrisur, der anscheinend ihr Anführer war. »Wo hast du die ganze Woche gesteckt?«, fragte er den Typ mit der roten Jacke.
Die beiden starrten sich herausfordernd an. Ich schaute von einem zum anderen und wich nervös zurück. Als ich eine Tür im Rücken spürte, drückte ich die Klinke herunter, aber es war abgeschlossen.
»Die Schule hat mich rausgeschmissen«, knurrte der Junge zurück.
»Du schuldest mir immer noch Geld«, sagte der Anführer, und seine Freunde kicherten. Sie nickten zustimmend, und ich musste an ein Ungeheuer mit acht Köpfen denken. Sechzehn Augen starrten den Jungen an. »Mehrere Tausend Dollar, um genau zu sein«, fuhr der Anführer fort. Die Gruppe kam näher, bis sie sich direkt vor mir befand.
Der Junge breitete die Arme aus. »Ich bin pleite. Außerdem habe ich dir gesagt, dass ich nicht mehr mitmache.«
»Ach ja?« Das Ungeheuer fletschte die Zähne. »Du hängst so lange in der Sache drin, bis du bezahlt hast. Ob du aussteigen darfst oder nicht, entscheiden immer noch wir.« Seine Kumpel nickten und die Mädchen beobachteten alles mit spöttischem Grinsen.
Allmählich kamen mir Einzelheiten der Szene bekannt vor. Mir fielen Namen ein, die zu den Gesichtern gehörten. Ich erinnerte mich an Fotos in den Nachrichtensendungen, die über einen Amoklauf berichtet hatten … Vor mir sah ich die Opfer der Schießerei, die mein Vater hatte beenden müssen, indem er den Täter umbrachte … einen Jungen namens Aaron Thiel.
»Muss ich das Geld erst aus dir rausprügeln?«, fragte der Anführer und trat aus der Gruppe heraus.
Ich wusste, was jetzt geschehen würde. Panisch schaute ich zu, wie der Junge unter seine rote Jacke griff. Ich wartete nicht,
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