Maddie - Der Widerstand geht weiter (German Edition)
eingefrorenen Gedanken begannen aufzutauen.
Als wir im Keller ankamen, waren wir fast eine Stunde zu spät. Meine Haare waren noch immer nass und tropften mir auf den Pulli. Kaum sah Justin mein todmüdes Gesicht, da sprang er von seinem Sitz auf.
»Was ist passiert?«, fragte er. Gabe hielt warnend die Hand hoch, damit er nicht näher kam. Er führte mich zu einem Stuhl in der hinteren Ecke des Generatorraums, wo ich mich setzte und an einer Wasserflasche nippte.
Gabe reichte mir eine warme Decke. Ich breitete sie über dem Schoß aus. Meine Gedanken wirkten noch immer zersplittert und wagten sich nur ganz allmählich aus der Deckung. Ich konnte niemanden direkt anschauen.
Alle meine Freunde warteten darauf, dass ich etwas sagte.
»Mission gescheitert«, murmelte ich tonlos.
»Was?«, fragte Pat.
»Kritischer Systemfehler«, sagte ich, »drücken Sie auf Escape .«
»Wovon redet sie?«, fragte Clare.
»Das verstehe ich nicht«, sagte Molly. »Du solltest keine Probleme haben. Ich dachte, das Gegenmittel wirkt.«
»Damit ist es jetzt vorbei«, sagte Gabe. »Im Center haben sie gemerkt, dass etwas nicht stimmt. Ihnen ist klar geworden, dass die ›Kur‹ bei Maddie nicht funktioniert, also nehmen sie ein anderes Medikament, um ihren Willen zu brechen.« Er schaute mich an und seine Miene wirkte todernst. »Du musst aus dem DCLA raus, Maddie. Noch heute. Alles andere wäre Selbstmord.«
»Was meinst du damit?«, fragte Molly.
Gabe stieß einen ungeduldigen Seufzer aus. »Ich habe euch doch erzählt, dass Maddie fast die einzige Patientin war, die in meinen sechs Centerjahren mit mir gesprochen hat?« Wir alle nickten. Gabe starrte auf seine Hände. »Die anderen beiden sind gestorben. Der zweite Todesfall ist noch kein ganzes Jahr her. Das Center hat jedes Mal behauptet, irgendein Virus sei daran schuld gewesen«, erzählte er leise.
»Aber du hast deine Zweifel, ob es wirklich ein Virus war?«, fragte Molly.
Gabe nickte. »Ich habe den zweiten Jungen ziemlich gut kennengelernt. Er war Maddie sehr ähnlich. Entschlossen, störrisch, selbstbewusst. Sie schafften es nicht, ihn zu knacken. Als er nach sechs Monaten immer noch Widerstand leistete, haben sie ihm eine weitere Therapierunde verschrieben. Es dauerte nicht lange, bis er ernsthaft krank wurde. Er konnte kein Essen bei sich behalten. Er bekam epileptische Anfälle. Eines Tages war sein Zimmer leer.«
»Wie ist das möglich?«, fragte Clare. »Das Center kann doch nicht mit Mord davonkommen!«
»Alles wird perfekt vertuscht«, sagte Gabe. »In sämtlichen Wohnetagen gibt es Essensautomaten, obwohl niemand sie benutzt. Ich muss die Maschinen jeden Monat ausleeren und neu füllen. Das Essen schmeiße ich weg, damit Platz für eine neue Lieferung da ist. Falls jemand draußen misstrauisch wird und eine Inspektion anordnet, sieht alles ganz human aus.«
Wir schwiegen. Das einzige Geräusch war das monotone Seufzen des Generators.
»Willst du damit sagen, Maddie hätte heute sterben können?«, fragte Justin.
Gabe schluckte. »Das Center gewinnt immer. Eine Niederlage ist für diese Leute undenkbar. Ich bin sicher, dass Maddie eines Tages nicht mehr aufwachen wird.«
Justin vergrub die Hände in seinen Haaren. Er setzte sich vor mich, sodass unsere Augen auf gleicher Höhe waren, und bat mich, ihm alles zu erzählen, an das ich mich erinnerte.
Ich tat mein Bestes, die letzten Tage zu rekonstruieren – vom Besuch meines Vaters bis hin zu der Therapiesitzung, die Richard Vaughn höchstpersönlich in die Hand genommen hatte. Ich gab offen zu, dass ich meinem Vater erzählt hatte, was wir planten.
»Du hast deinem Vater unsere Pläne verraten?«, fragte Molly ungläubig. »Warum hast du sie nicht gleich per SkyCam ins ganze Land rausposaunt?«
Ich war zu erschöpft, um mich mit ihr zu streiten. »Tut mir leid. Als mein Dad plötzlich vor mir stand, schien alles einen Sinn zu ergeben. Er kann uns helfen. Wenn er bereit ist, unsere Forderungen zu unterstützen …«
»Weshalb sollte er uns helfen wollen?«, fragte Molly. »Schließlich wollen wir das System zerstören, das er geschaffen hat. Wir sind der Feind!« Sie stieß ein kurzes, humorloses Lachen aus, das nach reiner Verzweiflung klang.
Ich schaute Justin an, aber er war tief in Gedanken versunken und sein Gesicht war verschlossen. Wenn er ebenfalls glaubte, dass ich ihn verraten hatte, würde ich das nicht ertragen können.
»Wir kämpfen doch gar nicht gegen meinen Vater!«, sagte ich.
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