Made in Germany
nicht viel Alkohol getrunken. Meine Eltern sind Türken. In islamischen Kulturen ist Alkoholgenuss verboten. Eigentlich. Es gibt natürlich eine Ausnahme: Raki. Der türkische Tequila. Nur ohne roten Hut. Und ohne Salz. Und ohne Zitrone. Warum ein Kulturkreis, in dem Alkohol verpönt ist, ausgerechnet ein Nationalgetränk hervorbringt, das 40 bis 50 Prozent Alkoholanteil hat, ist mir ein Rätsel. Aber gut, in Schweden legen sich die legendär schönen Schwedinnen ja auch in billige, hässliche Ikea-Betten. Wer diesen Vergleich nicht versteht, der sollte zwei bis drei Raki trinken – danach leuchtet der total ein!
In Sachen Alkohol waren meine Eltern vorbildlich. Aber dafür rauchten sie. Beide. Mein Vater rauchte Pfeife, und meine Mutter rauchte Zigaretten. Von morgens bis abends. Wenn wir das Wohnzimmerfenster aufmachten, ging draußen Smogalarm los! Mein Bruder und ich gingen irgendwann nicht mehr auf Kindergeburtstage, weil man uns beim Spiel „Blinde Kuh” immer sofort fand: Uns musste man nicht sehen – uns roch man!
Heute ist so etwas nicht mehr vorstellbar. Selbst in Kneipen und Diskotheken herrscht Rauchverbot. In Restaurants selbstverständlich auch. Aber es ist noch gar nicht so lange her, da war es das Normalste von der Welt, dass der Tischnachbar im Feinschmeckertempel fragte: „Entschuldigen Sie – stört es Sie, wenn ich meine Zigarre in Ihrem Cordon bleu ausdrücke?”
Das Rauchverbot sorgt auch für allerlei lustige Missverständnisse: Wenn man zum Beispiel früher eine Frau frierend und rauchend auf der Straße stehen sah, dann war das meistens eine Prostituierte – heute sind es Versicherungsangestellte, die in ihren vollklimatisierten Großraumbüros nicht rauchen dürfen! Francesco hat es selbst erfahren müssen:
Ich finde das Rauchverbot gut. Ich habe selber nie geraucht. Mein Kumpel Francesco gönnt sich aber hin und wieder eine Zigarette. Allerdings nur nach dem Sex. Die berühmte „Zigarette danach”. Die Frauen sind also gewarnt, wenn sie demnächst Francesco auf einer Party begegnen und er hat eine ganze Stange Kippen unterm Arm!
Hakan ist ein cooler Typ, der nichts anbrennen lässt, aber nach dem Sex raucht er nie – aus Prinzip nicht! Außerdem geht der Geruch so schlecht wieder raus aus seinem 3er-BMW!
Und Ranjid? Ranjid lebt sehr solide. Viel zu solide für die Zigarette danach. Das weiß ich von ihm selbst, denn ich hab ihn gefragt: „Ranjid, was hältst du von der Zigarette danach?”
Und Ranjid sah mich nur mit seinen großen Augen an und fragte: „ Wo nach?”
Dafür haben Hakan, Ranjid und Francesco andere Drogenerfahrungen gemacht. Denn was die meisten Deutschen nicht wissen: Es gibt noch weitere Wege, die Wahrnehmung zu trüben, als Doppelkorn zu trinken oder die Brille nicht zu putzen.
Ich kenne mich zumindest theoretisch aus. Ich komme aus Frankfurt. Auf anständige Weise verdient hier keiner sein Geld: Entweder man ist Nutte, Dealer oder Banker. Mein Thema sind die Dealer. In Frankfurt gibt es Dealer aus allen möglichen Nationen. Und alle stehen auf Frankfurts berühmtester Einkaufsstraße, der „Zeil”. Mehr junge Menschen aus aller Welt auf einem Fleck sieht man sonst nur bei der Eröffnungsfeier zu den Olympischen Spielen! Und jede Nation macht anders auf ihr Angebot aufmerksam. Am lautesten und auffälligsten sind die Marokkaner. Wenn ein marokkanischer Dealer einen potenziellen Kunden erblickt, brüllt er über die gesamte Länge der Fußgängerzone: „Ey! Haschisch?”
Meine Landsleute, die Türken, sind da viel dezenter. Sie sprechen grundsätzlich mit leiser, gedämpfter Stimme, und sie kommen mit einem Geräusch und zwei Worten aus: „Ksss! Suchst du?”
In Frankfurt gibt es sogar indische Dealer! Ich habe mal einen erlebt. Er war natürlich höflich wie alle Inder, aber andererseits war er auch unheimlich dreist. Ich saß mit meiner damaligen Freundin beim Italiener, als er plötzlich hinter mir stand. Er grinste uns beide an und fragte: „Wolle Droge kaufe?”
Ich habe ihm keine Drogen abgekauft, allein schon deswegen, weil meine Mutter dieses Buch lesen wird!
Ich habe auch noch nie gekokst. Ich finde, Koksen ist Gottes Art zu sagen: „Du verdienst zu viel Geld.” Viele Partyhengste schwören auf Koks und sagen mir: „Kaya, wenn du Koks nimmst, dann bist du die ganze Nacht hellwach!” Das kann ja sein, aber mein Lebenswandel ist so seriös – den gleichen Effekt erreiche ich auch mit einem einfachen Espresso!
Ein paar von
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