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Mademoiselle singt den Blues - mein Leben

Mademoiselle singt den Blues - mein Leben

Titel: Mademoiselle singt den Blues - mein Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Kaas
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an die Krankheit. Solange der geliebte Mensch noch da ist, leugnet man, dass er gehen wird, und wenn er schon gegangen ist, dann tut man der Gegenwart Zwang an und verweigert sich seinem Fehlen. Wie soll man sich mit etwas abfinden, das uns überfordert, das so wenig menschlich ist? Man spricht oft von der »Trauerarbeit«. Als gäbe es da ein Ende. Als könnte man auch nur für einen Augenblick dem Nichts entfliehen und diesem absoluten, zermalmenden, unerträglichen, unangreifbaren Gedanken. Es gibt keinen Ausweg. Also keine Arbeit für die Trauer. Was mich persönlich angeht, ich habe lernen müssen, damit zu leben: morgens aufstehen, um einen normalen Tag anzufangen, so tun, als wäre alles in Ordnung, diesen Schmerz, der mich nicht loslässt, vor den anderen verbergen. Ohne den Tod zu leben, heißt ihn leugnen; ich muss den Weg weitergehen und mir sagen, dass sie
mich immer begleitet. Ein Gruß wenigstens sollte noch sein für die, die bleiben. Durch den Kontakt mit den kranken Kindern habe ich begriffen, dass man nicht aus dem Tod herauskommt, dass man seine Auswirkungen nicht am Ende einer Zeitspanne oder einer Therapie abgearbeitet hat. Nichts geht verloren, alles wandelt sich. Mit ihm leben wie mit einem großen kalten Bausch im Hals, in der Seele und manchmal auch in den Beinen. Vor allem, vor allem darf man sich nicht einbilden, man hätte seine Rechnung mit der Trauer beglichen. Das ist die eigentliche Klippe. Zu glauben, man hätte den Sargdeckel über dem Tod geschlossen. Ich trage noch an meiner Trauer, denn sie tut nichts von allein. Und wenn ich sie nicht auf die Schultern nehme, schleift sie hinter mir her, verlangsamt sie mich, stellt sie mir Fallen und stiehlt von meinem Proviant. Heute kann ich schreiben, dass es eine Trauerarbeit gibt, aber es ist die Arbeit der Zeit, die vergeht.
    Â 
    Einstweilen versuche ich, es meiner Mutter nach Kräften zu erleichtern. Ich streichle sie mit meinen Geschichten, mit meinem Erfolg. Mein erstes Album Mademoiselle chante … ist herausgekommen, ein triumphales Debüt. Von meiner Karriere gibt es Gutes zu berichten. Ich sage ihr, dass ich den ersten Teil des Programms von Michel Jonasz bei den Francofolies in La Rochelle machen werde. Das Festival hat sich seit der ersten Veranstaltung 1985 einen guten Ruf erworben. Die »Francos«, die hier jedes Jahr im Juli mehr oder minder bekannte gute Künstler versammelt haben, sind in Frankreich inzwischen eine prestige- und chancenträchtige Referenz. Der Festivalleiter, Jean-Louis Foulquier, ein spritziger France-Inter-Moderator, geschmackssicher und urwüchsig, hat mich ins Programm aufgenommen. Er hat mich immer unterstützt,
und darauf bin ich sehr stolz. Zum ersten Mal werde ich mein Repertoire singen, und ich werde vor Michel Jonasz auftreten. Ich mag ihn. Ihn kennt man durch »La Boîte de jazz«  – Jazzklub  –, »Super Nana«  – Tolles Weib  – und »Joueurs de blues«  – Bluesspieler. Er hat ein unglaubliches musikalisches Talent und ist ebenso ausgefeilt wie populär. Er beeindruckt mich, er ist dafür bekannt, dass er nur mit sehr guten Musikern zusammenarbeitet. Und ihn selbst finde ich sehr attraktiv. Braunes Haar, durchdringender Blick, die Anzüge eines englischen Lords, sein ganzer Look flößt Respekt ein. Es schmeichelt mir, dass ich den ersten Teil des Konzerts bestreiten darf, aber ich habe keine Angst. Ich weiß inzwischen, dass es Schlimmeres gibt als alles, was mir auf der Bühne zustoßen kann.
    Gegenüber, am Mischpult, sitzt jemand, der den Ton regelt. Richard Walter, ein Konzertproduzent, er ist ebenfalls Elsässer und ein Partner von Cyril. Aus seiner mürrischen Miene schließe ich, dass er nicht besonders erfreut ist, dabei zu sein. Wahrscheinlich tut er nur der Freundin seines Partners einen Gefallen. Das Varieté ist nicht sein Ding. Er kommt vom Jazzrock her. Ich spüre in seinem Blick so viel Misstrauen, wie Maman Vertrauen in ihren Blick legen kann. Offensichtlich hat er so etwas wie ein Vorurteil mir gegenüber. Und er gehört nicht zu denen, die einen Hehl aus dem machen, was sie denken. Richard ist direkt, spontan und macht keine Konzessionen. Höfliche Verpackungen und Drumherumreden sind ihm ein Graus.
    Ich fühle mich nicht sonderlich wohl, seine Gegenwart bringt mich ein wenig aus der Fassung. Ich fange an, »Mon

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