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Mademoiselle singt den Blues - mein Leben

Mademoiselle singt den Blues - mein Leben

Titel: Mademoiselle singt den Blues - mein Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Kaas
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unbefristeter
Wirksamkeit. Während des gesamten Konzerts habe ich Gänsehaut. Und als ich schließlich verstumme, habe ich das Gefühl, dem Dorf seine ewige Stille zurückzugeben. Ich hoffe, dass sie mich nicht vergessen, diese entwurzelten Familien.

10
Männer, die bleiben
    Eine herrliche Decke. Wie eine riesige Arabeske mit sehr lebhaften blauen und roten Voluten. Chagall und sein umwerfendes Deckengemälde. Ich kann mich nicht daran sattsehen. Was übrigens auch gut ist, denn ich warte. Bin aber trotzdem hin und weg, weil ich hier sein darf. Ich warte auf Johnny Hallyday. Mit ihm soll ich singen. Wir schreiben das Jahr 1992, und heute Abend treten im Palais Garnier die Enfoirés auf  – die dummen Säcke.
    Sie haben mich gefragt, ob ich mitmachen will. Ich bin begeistert, aber auch ein wenig eingeschüchtert, weil ich jünger, weniger bekannt und weniger locker bin als sie. Aber sie nehmen mich so freundlich in ihre Obhut, dass ich mich löse und Zutrauen fasse, die wenigen Spannungen verfliegen.
    Ich bin gern mit ihnen zusammen, habe viel Spaß und lerne einiges. Neunzehn Jahre später bin ich immer noch dabei. Ich habe in der Band wahnsinnig gern Duette gesungen, und mir gefällt die gute Laune, die seit den Anfängen als kleine Band vorherrscht  – auch jetzt noch, wo sie richtig groß geworden ist. Jetzt bin ich lockerer, doch damals, 1992 …
    Ich bin an diesem Abend so aufgeregt, weil es für mich das erste Mal ist und weil wir nie geprobt haben. Johnny ist ein Star und für Frankreich ein unglaublich wichtiges Symbol. Wegen seiner Stimmgewalt und seiner  – im besten Sinne des Wortes  – Rampensau-Qualitäten habe ich große Lust, mit ihm zu singen und den Zusammenklang unserer Stimmen zu erleben.
Nervös stehe ich auf und streife durch die Kulissen. Die Vorstellung beginnt und … Hallyday hat uns versetzt. Jean-Jacques bietet mir spontan an, für ihn einzuspringen. Wenige Minuten später sind wir auf der Bühne und stimmen »Je te promets«  – Ich verspreche dir  – an. Dieser Streich, den Hallyday uns gespielt hat, wird uns verbinden. Eine künstlerische Komplizenschaft, die dauern wird. Jean-Jacques wird einer meiner wichtigsten Texter und Komponisten sein und mehrere Hauptsongs meiner Karriere beisteuern. Er hat den Kniff heraus, Songs zu schreiben, die immer zu mir passen.
    Den Künstler bewunderte ich schon immer, und bald schon weiß ich auch den Menschen zu schätzen. Er ist zugänglich, rücksichtsvoll, höflich und respektvoll. Er hat nicht diese Showstar-Seite, die mich bei manchen anderen verunsichert. Pailletten und Glitzer aller Art sind ihm offensichtlich verhasst. Seine Einfachheit beruhigt mich, darin ist er mir ähnlich. Er vermittelt mir Vertrauen, er hat etwas Entspannendes.
    Â 
    Ich verlasse das Palais Garnier mit einem strahlenden Lächeln und einer Idee: Jean-Jacques Goldman könnte mir Songs für das nächste Album schreiben. Ich weiß, dass er seine Talente als Chansonschreiber auch anderen Interpreten zur Verfügung stellt, manchmal auch anonym. Um sie nicht in den Schatten seiner Bekanntheit zu stellen, verbirgt er sich hinter Pseudonymen. Man hat fast den Eindruck, er findet Vergnügen an der Kunst des Pseudonyms. Für mich ist er Sam Brewski.
    Nach dem Erfolg meiner ersten beiden Alben wollte ich den Kreis meiner Songschreiber erweitern. Cyril freut sich, als er es hört. Genau wie ich strebt auch er eine Öffnung an,
will frischen Wind. Vielleicht macht er es aus Risikofreude, aus sportlichem Ehrgeiz, um der Herausforderung willen. Aus Hunger nach Neuem.
    Â 
    Wie jede ganz normale Hausfrau stehe ich vor dem Kleiderschrank und lege Kleidungsstücke zusammen. Ich stelle mir Fragen wie: »Ist es praktischer, die Pullis hier in dieses Fach zu legen oder doch lieber weiter nach oben?« Da klingelt das Telefon. Verärgert über diese Störung, melde ich mich mit einem etwas kühlen »Allô?« Und als jemand sagt: »Guten Tag, hier ist Alain Delon«, habe ich es vollends satt.
    Es ist schwül, ich stehe ein wenig unter Druck, also lache ich auf und antworte: »Ja, klar, natürlich, aber das glaube ich nicht.« Warum sollte Alain Delon, der echte, der wunderbare Schauspieler aus Rocco und seine Brüder , der große Star, mich anrufen, ausgerechnet mich? Doch mein Gegenüber

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