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Mademoiselle singt den Blues - mein Leben

Mademoiselle singt den Blues - mein Leben

Titel: Mademoiselle singt den Blues - mein Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Kaas
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Riesen. Der schließlich langsamer wird und stoppt.

    In Asien habe ich oft diesen Eindruck eines Mysteriums, eines Geheimnisses. Wie in Kambodscha, wo ich auf einer hastig aufgebauten Bühne in einem Stadion sang, das, wie mir gesagt wurde, eine Folterstätte war, die Werkstatt der Barbaren. Hier brachten die Roten Khmer die Gegner des Pol-Pot-Regimes um. Man ist in einem Zwiespalt: Soll man so tun, als ob man nichts davon wüsste, oder soll man die Einladung ablehnen? In solchen Augenblicken bestimmt das Herz, und ich würde mich immer dafür entscheiden, den Schmerz zu lindern.

12
Verrückt vor Liebe
    Meine zweite Tournee hat noch nicht angefangen, ich bin in meiner Wohnung in der Rue du Sabot in Paris und telefoniere mit Cyril. Es klingelt an der Tür, ich lege den Hörer ab. Ich habe es so eilig, dass ich nicht durch den Spion sehe, sondern gleich öffne. Ein Mann, den ich nicht kenne, mittelgroß, um die zwanzig, Bartanflug, braune Haare, gepflegt, stellt sofort den Fuß in die Tür und hindert mich so daran, sie wieder zu schließen. Als wolle er mich beruhigen, versichert er mir gleich, er sei nicht gekommen, um mir etwas anzutun. Ganz im Gegenteil. Er sei nett und wolle mich vor den Bösen schützen. Denn es gebe da eine Bande von Übeltätern, die mich kidnappen wollten. Was der Kerl erzählt, erschüttert mich. Aber ich glaube ihm kein einziges Wort. Ich lache ein wenig nervös und erkundige mich höflich, wobei ich ihn sieze, ob er mich vielleicht gerade auf den Arm nehmen wolle. Er verneint. Ich verlange Beweise für seine Behauptungen. Er hat sie. Er zeigt sie mir.
    Was ich sehe, erschreckt mich. Mamans Grab, Papas roter Wagen, die Kinder meiner Schwester Carine, meine sämtlichen Outfits der letzten Wochen. Mein ganzes Leben und das meiner Familie wird Foto für Foto vor mir ausgebreitet. Ich werde also genau überwacht. Mit einem Schlag glaube ich meinem Überraschungsgast. Als er den Schrecken auf meinem Gesicht sieht, versichert er erneut, dass er mir nichts tun wolle. Er wolle mich nur warnen. Und dann geht er, wie er
gekommen ist. Ich schlage die Tür hinter ihm zu. Ich bin wie betäubt.
    Cyril ist unruhig geworden, weil ich nicht wieder ans Telefon gegangen bin. Er hat im Restaurant unten im Haus angerufen und die Leute gebeten, nach mir zu sehen. Als sie kommen, bin ich in Tränen aufgelöst, völlig zerstört von dem, was ich eben gesehen und gehört habe. Dieser Unbekannte kennt mich in- und auswendig, angefangen bei meiner Adresse bis zu der Art, wie ich das Grab meiner Mutter mit Blumen schmücke. Und dann seine Kumpel, von denen er sagt, sie wollten mir etwas antun. Ob seine Geschichte wahr ist oder nicht, ich weiß jetzt, dass ich verfolgt werde, überwacht.
    An diesem Tag verliere ich meinen Frieden und meinen Schlaf.
    Â 
    Als Cyril zu mir kommt, erkläre ich ihm, dass ich mit allem aufhören will. Mit meiner Karriere, meinen Konzerten, meinem Künstlerleben. Es kommt nicht infrage, dass ich meine Angehörigen in Gefahr bringe. Ich darf einfach nicht ihre und meine Sicherheit dem Ruhm opfern. Ich werde meinen Beruf nicht mehr ausüben, dann werden sie die Sache aufgeben, das Interesse an mir verlieren.
    Er versucht, mir gut zuzureden, obwohl er meine Reaktion absolut versteht. Ich habe Angst. Und das ist eine Premiere, oder zumindest fast.
    Der junge Mann ruft mich häufig an. Zu häufig. Und seine Anrufe wirken wie Stiche, die mich an die Bedrohung erinnern sollen, die über mir schwebt. Mein Verfolger sagt immer das Gleiche. Meine Feinde würden immer noch ein Komplott gegen mich schmieden. Seit seinem Besuch bin ich in äußerstem Aufruhr und voller Angst.

    Â 
    Eines Nachts, ich schlafe ziemlich fest, werde ich jäh vom Geräusch einer splitternden Glasscheibe geweckt. Ich weiß nicht genau, ob ich es geträumt habe oder ob es wirklich passiert ist. Ich stehe auf, obwohl ich Mühe habe zu atmen, und gehe auf Zehenspitzen zu meiner Handtasche, um das Tränengas herauszuholen. Dann schleiche ich zur Küche, denn von hier meine ich das Geräusch gehört zu haben. Ich erstarre. Auf dem Fensterbrett, das im Schein der Straßenlaternen hell leuchtet, bewegt sich lautlos eine schwarze Gestalt mit Gasmaske. Wenn die Lage nicht so gefährlich wäre, würde ich lachen. Mein Sprühfläschchen erscheint mir jetzt ziemlich überflüssig. Gegenüber diesem

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