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Mademoiselle singt den Blues - mein Leben

Mademoiselle singt den Blues - mein Leben

Titel: Mademoiselle singt den Blues - mein Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Kaas
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mit den vergoldeten Knöpfen im Schrank. Der Junge ist sympathisch. Aber er hat einen Fehler, der sich nur schwer mit meinem Beruf verträgt: Er ist eifersüchtig, schrecklich eifersüchtig. Er erträgt es nicht, dass mich die anderen Männer ansehen. Anfangs bewundert er es, wie mich meine Fans lieben, doch sehr bald schon verübelt er ihnen ihre Zuneigung. Wie so viele der Männer meines Lebens glaubt er, er sei nur ein vorübergehender Geliebter, und die einzige echte Liebesbeziehung bestehe zwischen mir und meinem Publikum. Wie alle von diesem scheußlichen Leiden Befallenen bildet er sich alles Mögliche ein, spult innerlich Filme ab, in denen er den Kürzeren zieht, und hat immer Angst, betrogen zu werden. Anfangs schmeichelt mir dieses Übermaß an Interesse. Und dann gerät das Ganze ins Rutschen. Seine Reaktionen machen mir Sorge, seine unbegründeten Ängste nehmen zu viel Raum ein in unserer Beziehung. Ich bekomme es satt. Als er so weit geht, Cyril und Richard zu verdächtigen, wird mir klar, dass ich ihn nicht weiter lieben kann. Ich beschließe, mich von ihm zu trennen. Trotzdem bewahren wir einander eine zärtliche Zuneigung. Manchmal sehe ich ihn noch bei meinen Konzerten in der Schweiz.
    Â 
    Mein Aufenthalt in Zürich ist kein bloßer Zwischenstopp. So oft ich kann, bin ich in meiner Wohnung, ich habe meine
Koffer für lange Zeit abgestellt, ich werde sechs Jahre bleiben. Dort kann ich mich hundertprozentig auf meine Karriere konzentrieren. Ich war zuerst niedergeschlagen wegen des mäßigen Erfolgs des fünften Albums, doch dann gab er mir neuen Schwung. Ich bin so, wie mein Vater war, eine verbissene Kämpferin. Ich gebe nicht bei der ersten Niederlage auf.

18
Meine erste Rolle
    Ich werde Probeaufnahmen für einen Film machen. Und habe unendlich Angst davor. Ich verliere ja schon alles Selbstvertrauen, sobald ich nicht mehr auf der Bühne stehe, da mag ich an die Schauspielerei vor der Kamera gar nicht erst denken. Schon vor langer Zeit hat man mir angeboten, in Germinal von Claude Berri mitzuspielen. Doch ich habe abgelehnt, ich fand es ein wenig beängstigend, bei einer Fiktion mitzuwirken, die mich zu sehr an meine Kindheit erinnert hätte.
    Â 
    Ein paar Jahre später soll ich in And Now … Ladies & Gentlemen die weibliche Hauptrolle übernehmen. Wieder zögere ich. Ich fühle mich sehr unbedarft in der Welt der Schauspielkunst, und ich fürchte diese Herausforderung. Cyril hingegen ist sicher, dass ich es kann. Als wäre es ein unschlagbares Argument, hält er mir vor: »Es geht hier um Lelouch! Ich weiß nicht, ob dir klar ist …« Ich weiß, wer Claude Lelouch ist, auch wenn ich seine Aura als Regisseur noch nicht völlig ermesse.
    Â 
    Als ich jünger war, ging ich nicht ins Kino. Jetzt bin ich fünfunddreißig und tue es genauso wenig. In meiner Kindheit hatten wir weder den Drang noch das nötige Geld. Und später begann ich meine Karriere, und die Zeit wurde knapp. In dem Alter, in dem man sich in Kinosäle flüchtet und auf einen Kuss oder einen Leinwandtraum hofft, war ich bereits mit Singen
beschäftigt. Ich habe meine Jugend nicht leben können, sie war zu anders. Wenn ich auf der Bühne ein Lied interpretiere, dann spiele ich eine Rolle, erzähle Geschichten. Es geht um dieselbe Mischung aus Illusion und Wahrhaftigkeit. Ich sehe ein, dass ich diese Probeaufnahmen machen muss.
    Als ich am Tag des Castings im Zug nach Paris sitze, lächele ich glücklich. Für einige Minuten mache ich mir bewusst, dass ich über das hinausgehe, was für mich geplant war. Maman hatte mir eine Karriere vorausgesagt, einen Königsweg als Sängerin, einen Erfolg, der den Talenten entsprach, die sie in mir spürte, aber auf ein Casting mit dem Regisseur und Drehbuchautor von Ein Mann und eine Frau hatte sie nicht gehofft. Nein, das hätte sie sich nicht vorstellen können.
    Â 
    Es ist immer schön, wenn ich in meine alte Stadt zurückkehre. Sie hat sich nicht verändert. Dabei hat dort ein neues Jahrtausend begonnen, und die grellen Neunziger sind einen unbetrauerten Tod gestorben. Ich genieße es, wieder in Paris zu sein und an meine Gewohnheiten anzuknüpfen. Ich rieche wieder die Gerüche, spüre wieder die Atmosphäre und das pulsierende Leben, das im Vergleich zur Schweiz ziemlich ungeordnet wirkt. Die Leute sind hektisch, sie beklagen

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