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Mademoiselle singt den Blues - mein Leben

Mademoiselle singt den Blues - mein Leben

Titel: Mademoiselle singt den Blues - mein Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Kaas
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vieles um mich herum anders geworden, wahrscheinlich kommt es ihnen so vor, als hätte ich mich verändert.
    Ja, stimmt, jetzt bin ich berühmt und wohlhabend, ich reise erster Klasse und lerne wichtige Leute kennen. Dennoch kann ich mich sehr gut erinnern, woher ich komme. Ich bin immer noch ihre kleine Schwester. Aber Mamans Rockzipfel
ist nicht mehr da. Ich bin ihre Schwester, eben. Wahrscheinlich fürchten sie, ich könne mich ihretwegen schämen, sie sogar verachten, denn sie halten sich für zu einfache Leute, für uninteressant. Ich spüre ihre übergroße Bescheidenheit und ihr Unbehagen sehr deutlich. Wenn eins der Kinder berühmt wird, kann das innerhalb der Familie zu einem echten Ungleichgewicht führen. Dabei tue ich, glaube ich, alles, um nicht zu protzen, um ihnen Peinlichkeiten zu ersparen. Ich versuche, ihnen möglichst beiläufig Geschenke zu machen.
    Sie halten Kontakt zu mir, indem sie mich im Fernsehen sehen. Sie möchten mich nicht stören, also rufen sie nur selten an. Zu Carine habe ich eine besondere Beziehung, weil wir die beiden Mädchen sind. Wir sind uns nah. Oder waren es wenigstens. Heute hätte ich sie gern in meiner Nähe, um mit ihr über unsere Erinnerungen zu sprechen, ich bin sicher, sie würde meinen Schmerz verstehen, schließlich empfindet sie ihn auch. Ich denke oft an sie, ich weiß, wie traurig sie ist: Was die Leute mir ansehen, sehe ich ihr an.
    Meine Schwester und meine Brüder glauben, ich sei zu beschäftigt und hätte daher keine Zeit für sie. Zugleich haben sie wenig Zeit für mich. Vor allem meine Schwester hat, mit Mann und drei Kindern, wenig freie Momente. Wir schaffen es, uns manchmal zu sehen, doch nie unter vier Augen. Also fühle ich mich ein bisschen überflüssig. Sie kommen ohne mich zurecht. Vielleicht weil sie glauben, ich käme ohne sie zurecht. Aber ich liebe sie, und sie fehlen mir.
    Ich fühle ihn, diesen Graben, der sich unüberbrückbar zwischen unseren Leben und zwischen uns aufgetan hat. Wenn ich nach Hause fahre, in den Osten, vermeide ich alle äußeren Anzeichen von Reichtum, die als Provokation empfunden werden könnten. Ich achte darauf, mich wenig zu schminken,
einfache Kleidung zu tragen, nicht aus meiner Umgebung herauszustechen. Was natürlich misslingt, ich kann nicht leugnen, was ich geworden bin. Wenn ich zum Beispiel einer ehemaligen Klassenkameradin begegne, erkennt sie mich sofort, sie hat mich aufwachsen und dann auf dem Fernsehbildschirm älter werden sehen, seit mehr als zwanzig Jahren verfolgt sie meine Karriere. Aber ich erkenne sie nicht sofort, und ihr Vorname fällt mir nicht gleich ein. Sofort glaubt sie, bloß weil ich jetzt ein Star sei … NEIN! Es liegt einfach daran, dass ich nicht sah, wie sie erwachsen wurde. Sie war damals sechzehn … Jetzt ist sie vierundvierzig! Sie ist jetzt ein anderer Mensch. Wie soll ich den anderen begreiflich machen, was ich empfinde? Mein Reichtum und meine Bekanntheit lassen mich nicht vergessen, woher ich komme, in unseren Adern fließt das gleiche Blut.
    Wenn man anfängt, Geld zu verdienen, ist man zu Beginn geneigt, Luxus zu konsumieren. Ich habe eine solche rasende Konsumphase durchgemacht. Nachholbedarf. Ich kaufte meine Cremes nur noch in Parfümerien, stattete mich mit feinster Wäsche aus und ging nur noch in teure Restaurants. Und dann wurde mir klar, dass so etwas nicht glücklicher macht, dass Geld nur ein Zusatz zum Glück ist und das Leben einfacher macht.
    Â 
    Außer der Augenfarbe haben wir in der Familie Kaas noch eine Gemeinsamkeit: Wir fürchten die Sonne. Wenn meine Geschwister ohne ihren familiären Anhang gekommen wären, hätte ich also irgendetwas ohne Pool mieten können. Weil jetzt ein neues Jahrtausend anbricht, habe ich meine Familie nach Korsika mitgenommen, zum Golfe de Sperone. Wochenlang habe ich hin und her überlegt, um den richtigen Termin
zu finden, den richtigen Ort und das richtige Haus. Eine Hochzeit zu organisieren, hätte mich weniger gestresst! Ich habe Angst, ihnen auf die Nerven zu gehen, ihnen zu nahe zu treten oder sie zu enttäuschen. Ich möchte den schönsten Ort der Welt, aber in der Sekunde darauf bin ich wieder anderer Meinung. Ich möchte, dass sich jemand anderes um Haus und Haushalt kümmert, doch ich fürchte, sie nehmen es mir übel, wenn ich einen Diener habe. Ich stelle mir eine Frage nach

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