Madita
Mantel aus, so daß er wieder hübsch sauber ist.
Danach legt sie neue Holzscheite in den Kamin, und während sie vor dem Feuer sitzen und Äpfel braten, spielt Linus-lda auf der Gitarre und singt ihnen etwas vor.
»Weiter, weiter!« rufen Madita und Lisabet jedesmal, wenn Linus-lda aufhören will. Und sie singt ihnen eine Menge trauriger Lieder vor, »Wie grimmig kalt der Nordwind weht« und »Es war einmal ein Negersklave« und »Ritter Sankt Martin ritt«.
Zuletzt singt sie auch noch »Jesu Eisenbahn zum Himmel«,
aber da schiebt Madita sich den feuchten Lappen über die
Augen.
»Haha, das machst du ja nur, damit wir nicht sehen sollen, daß du weinst«, sagt Lisabet.
Sie weint bei keinem einzigen Lied, egal, wie traurig es ist.
Aber jetzt legt Linus-lda die Gitarre beiseite. »Nein, nun müßt ihr aber machen, daß ihr nach Haus kommt«, sagt sie, »sonst wundert sich Mama am Ende, wo ihr steckt.«
Erst da fällt es Madita ein! Die Erbse! Der Doktor! Owei, owei, das hat sie ja ganz vergessen!
»Los, schnell, Lisabet, komm, wir laufen, hier, dein Mantel, so mach doch schon!«
Linus-lda ist ganz verwundert.
»Na, so Knall und Fall hab ich euch doch gar nicht rauswerfen wollen«, sagt sie.
Aber Madita und Lisabet hören nicht mehr zu. Sie sagen kaum 78
auf Wiedersehen und laufen los, ohne auch nur die Mäntel
zugeknöpft zu haben.
Fünf Minuten später klingeln sie an Onkel Berglunds Tür. Da hat Madita vom Laufen wieder Nasenbluten bekommen, und
als Onkel Berglund die Tür aufmacht, fährt er erschrocken zurück, so schlimm ist der Anblick, der sich ihm bietet.
»Du liebe Zeit«, sagten »bist du bei einer Schlägerei dabeige-wesen?«
79
»Sieht man das?« fragt Madita.
»Ja«, sagt Onkel Berglund und spricht damit ein wahres Wort.
Maditas Nase ist geschwollen und sitzt ihr im Gesicht wie eine kleine, dicke, rote Karotte. Madita sieht gar nicht mehr aus wie Madita, sondern wie ganz jemand anders.
Onkel Berglund schiebt die beiden in sein Sprechzimmer.
»Und ich habe gedacht, diesmal wäre Lisabet die Patientin«, sagt er. »Das hat mir jedenfalls eure Mama gesagt.«
»Hat sie denn angerufen?« fragt Madita besorgt.
»Ja, aber erst dreimal«, antwortet Onkel Berglund.
»Auwei!« sagt Madita.
»Auwei!« sagt Lisabet.
»Sie wundert sich, wo ihr steckt«, sagt Onkel Berglund, »und möchte gern wissen, ob ihr überhaupt noch am Leben seid.«
»Doch, am Leben sind wir noch«, murmelt Madita beschämt.
Onkel Berglund setzt sie auf einen Stuhl und steckt ihr zwei große Wattebäusche in die Nasenlöcher. Darüber muß Lisabet so lachen, daß es in ihr nur so gluckst.
»Du bist verdreht, Madita«, sagt sie. »Du siehst aus wie eine Schnecke, die vorn zwei kleine, weiße Hörner hat.«
Aber dann sagt Lisabet gar nichts mehr, denn jetzt kommt
Onkel Berglund mit einem komischen, kleinen Haken, den er ihr in die Nase steckt. Weh tut es nicht, aber es kitzelt mächtig.
Zuerst steckt er Lisabet den Haken in das rechte Nasenloch, dann in das linke und danach wieder in das rechte.
»Weißt du noch, in welches Nasenloch du die Erbse gesteckt hast?« fragt Onkel Berglund.
»In das hier«, sagt Lisabet und zeigt auf das linke.
Da steckt Onkel Berglund den Haken wieder hinein und bohrt darin herum, so daß es noch viel toller kitzelt als vorher.
»Komisch«, sagt er schließlich, »ich kann keine Erbse finden.«
80
»Nein, das ist ja klar«, sagt Lisabet. »Die Erbse ist doch schon rausgesprungen, als ich mich mit Matti geprügelt hab!«
An diesem Abend können Madita und Lisabet nicht gleich
einschlafen. Es ist ja am Tag so viel passiert, worüber man im Bett noch reden muß.
Freilich, Mama hat schon ein bißchen geschimpft, als sie nach Hause kamen, aber es war nicht weiter schlimm. Sie war froh, daß sie nicht ganz und gar verlorengegangen waren. Und
Papa hat nur gesagt:
»So, jetzt gibt’s einen Kuß und dann ein bißchen Haue,
und dann geht’s marsch ab ins Bett, und dann wird geschlafen!«
Aber Madita und Lisabet bekommen nur einen Kuß und gar
keine Haue, und schlafen tun sie auch nicht, obwohl die
Lampe im Kinderzimmer schon seit langem ausgepustet ist.
»Darf ich zu dir ins Bett?« fragt Lisabet.
»Ja, wenn du aufpaßt und mir nicht an die Nase puffst.«
Lisabet verspricht aufzupassen, und dann tapst sie zu Madita hinüber.
»Darf ich in deinem Arm liegen?« fragt sie, und das darf sie.
Madita hat es gern, wenn Lisabet in ihrem Arm liegt. Ihr kommt es dann vor, als
Weitere Kostenlose Bücher