Madita
wäre sie schon groß und Lisabet noch ganz klein, und das ist ein so wohliges Gefühl.
»Diese Matti müßte eins auf die Gusche kriegen«, sagt Li-
sabet. Sie hat heute allerlei neue, gute Wörter gelernt.
»Und Mia müßte auch eins auf die Gusche kriegen«, sagt
Madita.
»Apselut«, sagt Lisabet. »Ist sie in der Schule auch so
dumm?«
»Na, es geht«, sagt Madita. »Aber ziemlich dumm ist sie
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schon. Rat mal, was sie geantwortet hat, als die Lehrerin Biblische Geschichte abgehört hat.«
Das kann Lisabet nicht raten.
»Das war darüber, als Gott die ersten Menschen machte, du weißt doch, im Paradies. Da sollte Mia erzählen, wie er das gemacht hat, und kannst du dir vorstellen, was sie da gesagt hat?«
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Nein, das kann Lisabet sich immer noch nicht vorstellen.
»Sie hat gesagt: ›Gott ließ einen tiefen Schlaf fallen auf den Menschen, und dann nahm er eine Schrippe und formte daraus ein Weib.‹«
»Ja, hat er das denn nicht gemacht?« fragt Lisabet.
»Pff, du bist ja genauso dumm wie Mia. Er hat doch keine
Schrippe genommen. Doch kein Brötchen!«
»Was hat er denn genommen?« fragt Lisabet.
»Eine Rippe natürlich!«
»Wo hat er denn die Schweinerippe hergekriegt?« will Lisabet wissen, die genau wie Madita und Mama und Papa und Alva
Schweinerippen zu Mittag gegessen hat.
»Pff, weiß ich doch nicht. Das steht nicht in der Biblischen Geschichte. Vielleicht ist da im Paradies gerade ein Schwein rumgelaufen, und da hat er ihm einfach eine Rippe weggenommen.«
»Aber was hat denn das Schwein dazu gesagt?« fragt Lisabet.
»Pff, weiß ich doch nicht, das steht nicht in der Biblischen Geschichte.«
Lisabet grübelt noch eine ganze Weile über die Sache mit der Schweinerippe, dann sagt sie:
»Mia müßte eins auf die Gusche kriegen. Eine Schrippe, haha, die ist aber dumm!«
Sie sind sich beide darin einig, daß Mia dumm ist, aber da fällt Madita das schlimme Wort ein, das Mia gesagt hat, und plötzlich ist sie ganz verzweifelt.
Natürlich meint sie, daß diese Mia eins auf die Gusche kriegen müßte, aber oh, wenn sie nun in die Hölle kommt, bloß weil Lisabet sich eine Erbse in die Nase gesteckt hat! An allem ist nur diese blöde Erbse schuld!
Sonst wären sie ja nie zu Linus-lda gegangen, und es hätte 83
keine Prügel gegeben, und Mia hätte ihr schlimmes Wort nicht gesagt. Madita erklärt Lisabet das alles.
»Auwei, auwei«, sagt Lisabet.
Schreckgelähmt liegen sie beide im Bett und wissen nicht, was sie machen sollen.
»Vielleicht hilft es, wenn wir den lieben Gott bitten, Mia zu verzeihen«, sagt Madita. »Sie selber kommt bestimmt nicht darauf.«
Madita und Lisabet falten die Hände, sie müssen ja alles
versuchen, um Mia zu retten.
»Lieber Gott, vergib ihr noch dies eine Mal, vergib ihr, vergib ihr!«
Und Madita fügt hinzu:
»Lieber Gott, vielleicht hat sie es ja nicht so gemeint. Außerdem weiß ich gar nicht ganz genau, ob sie verdammtes Balg‹
gesagt hat... Vielleicht hat sie doch nur ›dammliges Balg‹
gesagt.«
Danach ist ihnen viel wohler. Sie haben Mia vor ewigen Höllen-qualen bewahrt, und jetzt müssen sie wohl wirklich schlafen.
Lisabet tapst zu ihrem Bett zurück. Madita befühlt vorsichtig ihre Nase. Sie ist bestimmt schon ein bißchen kleiner geworden, und das ist gut so.
»Eigentlich war heute doch ein famoser Tag«, sagt Madita.
»Und daran ist nur die Erbse schuld, wenn man’s so bedenkt.«
»Dann war es doch ganz gut, daß ich sie mir in die Nase
gesteckt hab«, sagt Lisabet. »Wenn man’s so bedenkt.«
»Ja«, sagt Madita. »Aber eigentlich hättest du dir auch eine ins andere Nasenloch stecken können, dann hätten wir es vielleicht doppelt famos gehabt, haha!«
Aber Lisabet ist schon drauf und dran einzuschlafen und zu weiteren Spaßen nicht mehr aufgelegt.
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»Weißt du was, Madita«, sagt sie verschlafen, »in meiner
Schule, da haben die Kinder alle nur ein Nasenloch.«
Dann schlafen Lisabet und Madita ein.
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Madita probiert aus, ob sie
hellsichtig ist
Mama sieht es nicht gern, wenn Madita bei Nilssons ist. Madita aber findet es nirgends schöner als bei Nilssons in der Küche.
Einmal hat sie gehört, wie Papa zu Mama sagte:
»Laß sie ruhig hingehen! Meine Kinder sollen erfahren, daß es solche und solche Menschen gibt. Vielleicht lernen sie dabei, nicht gleich den Stab über andere zu brechen.«
Dieses Gespräch war nicht für Maditas Ohren bestimmt, und darum konnte sie Papa auch nicht fragen, warum man
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