Madonna, ein Blonder!
Art S-Bahn und ist in einer guten halben Stunde am Meer.
Wir durchqueren den Bahnhof. Verglichen mit S-Bahn-Haltestellen, die ich aus der Heimat kenne, ist die Haltestelle » Cristoforo Colombo« spektakulär. Schon vom Bahnhof aus sieht man das Meer, allerdings auch einige tausend Autos auf einem gewaltigen Parkplatz.
» Wir müssen noch weiter«, sagt Elisa.
Wir steigen in einen Bus, auf dem– wunderschön!– schlicht Mare , Meer, steht und der uns nicht nur zum Meer, sondern zum » richtigen« Meer bringen soll: Weiter nach Süden nämlich, weg vom überfüllten Ostia hin zu den sogenannten Cancelli, den » Toren«. Diese, so erklärt es Elisa, führen entlang der Küstenstraße auf jene Strandabschnitte, die keinen Eintritt kosten und an denen etwas weniger Trubel herrscht.
Tatsächlich lässt der Bus rasch die gewaltigen Parkplätze von Ostia hinter sich und fährt eine traumhafte Küstenstraße hinab. Links, hinter den Dünen, glitzert das Wasser. An » Cancello 6« , Tor 6, steigen wir aus und watscheln durch den heißen Sand über einen Weg durch die Dünen und an einer kleinen Kaffeebar vorbei in Richtung Strand.
Kaum haben wir uns zwei Strandliegen und einen Schirm gemietet und lauschen der Brandung, steuert uns ständig irgendein Verkäufer an, der mir irgendetwas andrehen will und damit meinen Plan– eine Dreiviertelstunde lesen, eine Viertelstunde baden, dann an die Bar– gründlich durcheinanderbringt. Denn zu meinen blonden Haaren kommt am Strand zu allem Überfluss ein weiteres Dilemma hinzu: meine eisbärenweiße Haut, an der man mich schon von Weitem als Ausländer und damit als Kunde für Kokosnussspalten, Eis, Handtücher und geschnitzte Holzelefanten erkennt. Außerdem bin ich hier so ziemlich der einzige Mann, der sich offenbar nicht die Brusthaare ausreißt: Noch vor 20 Jahren trugen römische Männer stolz einen ganzen Dschungel auf der Brust zur Schau, in dessen Tiefen das obligatorische goldene Kreuz sich beinahe zu verlieren drohte. Heute dagegen sehen viele Römer aus wie aufgepumpte Neugeborene– oder wie antike Statuen. Selbst die Augenbrauen lassen sie sich zu einem zahnstocherlangen und -breiten Streifen zurechtrasieren.
Einmal erwische ich Elisa, wie sie etwas zu lange einen Mann betrachtet, der einen wirklich gewaltigen Brustkorb vor sich herträgt und bis zu den hintersten Nasenhaaren komplett rasiert zu sein scheint. Sie schaut mich fragend an.
Selten habe ich so entschlossen » Nein« gesagt.
Nach einem herrlich faulen Tag– der Sonnenbrand hält sich zum Glück in Grenzen– brechen wir bei Sonnenuntergang vom Strand auf. Auf der Straße hinter den Dünen stauen sich die Autos. Es ist ein Vorgeschmack darauf, wie voll der letzte Bus sein wird, auf den wir warten.
» Lass uns trampen«, schlage ich vor.
Elisa schaut wenig hoffnungsfroh: » Dann probier’s mal.«
Tramperprobt halte ich den Daumen hoch und erkläre stolz: » Ich habe noch nie länger als zehn Autos gewartet.«
Doch hier geht gar nichts. Im besten Fall ernte ich Desinteresse, meist aber ungläubige Blicke nach dem Motto: » Was macht der denn da?« Elisa ist das Ganze peinlich, nach ein paar Momenten Schamfrist stellt sie sich weg, als würde sie nicht zu mir gehören.
Es hält niemand. Aber alle schauen doof.
Wir beschließen, zu Fuß zum Bahnhof » Cristoforo Colombo« zu gehen, doch ich gebe meine Versuche nicht auf.
Nach zwei Kilometern haben wir Glück: Ein junges Pärchen, das bereits an mir und meinem ausgestreckten Daumen vorbei ist, fährt rechts ran, die junge Frau geht an den Kofferraum. Ich nutze die Zwangslage schamlos aus. An Trampern vorbeizufahren ist einfach. Aber wegfahren, wenn das Auto doch sichtbar leer ist, das werden sie sich nicht trauen.
Genauso ist es. » Va bene« , na gut, steigt ein, sagt der Mann am Steuer, und eine Millisekunde später sitzen Elisa und ich auf der Rückbank.
La Mamma Kennenlernen bei Bianchis
Am nächsten Tag, dem Samstag, an dem laut Elisa » alle« zum Strand fahren, sagt Elisa, als ich aus dem Badezimmer komme und Ausschau nach meinen Hausschuhen halte: » Sag mal, haben wir heute schon was vor?«
Mit nassen Füßen tappe ich über die selbst im Sommer unangenehm kalten Fliesen. » Managgia«, schimpfe ich halblaut. » Warum gibt es in diesem seltsamen Land eigentlich nur Fliesen? Kann man nicht einmal Teppichboden verlegen?«
Elisa, ungeduldig: » Ob wir heute schon was vorhaben?« Die Frage klingt bedrohlich. Weniger nach Frage als nach
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