Madonna, ein Blonder!
Vielleicht sollte ich lernen, mich darüber zu freuen, dass dem anderen das von mir gesponserte teure Steak oder die Seebrasse so gut schmeckt. Nach dem Motto: » Juhu, der isst gerade Trüffelcarpaccio und ich Tomatensoßenspaghetti. Freut mich für ihn, ehrlich.«
Mit Gedanken an Seebrasse und Trüffelcarpaccio schlafe schließlich ein. Es gibt Schlechteres.
Tutta la famiglia Feiern in Angolorotondo
Schon seit Wochen wurde davon geredet, jetzt ist es da: das Wochenende von Onkel Giacomos Geburtstag.
Normale Menschen erholen sich am Samstag und Sonntag, ziehen sich aus dem Alltag zurück, verbringen auch mal ein paar Stunden alleine. Nicht so Elisas Familie. Die Bianchis packen das ganze Wochenende mit Aktivitäten voll, wobei zu den freiwillig gewählten Rastlosigkeiten natürlich das Pflichtprogramm hinzukommt, bei dem keine Ausreden möglich sind. So wie Onkel Giacomos Geburtstag.
Bei aller Freude, endlich das berühmte, vielgerühmte Angolorotondo zu sehen, empfinde ich die Aussicht: » Da wirst du der Verwandtschaft vorgestellt«, als immer bedrohlicher. Wie wird man mich aufnehmen? Oder wird man mich überhaupt aufnehmen? Wenn doch wenigstens Dino dabei wäre! Doch der hat an diesem Freitagabend leider Spätschicht im » Papagallo«. Managgia!
» Was soll ich machen?«, hat er missmutig gesagt. » 9 9 P rozent der Gäste bei Onkel Giacomo kommen aus Angolorotondo und haben kein Problem, am Freitagabend zu feiern. Nur an uns, die Römer, denkt keiner.«
(Das » uns, die Römer« hat mich doppelt gefreut: Dass er mich ebenso schon zur Familie zählt wie zu den Römern.)
Immerhin, morgen früh will Dino nachkommen. » Ich muss was mit deinem Schwiegervater Enrico erledigen.« Was das sein wird, hat er nicht verraten. » Darüber redet man nicht«, hat er verschwörerisch gesagt. Aber dass ich vielleicht mitkommen dürfe. Enrico, Elisas Vater, ist mit Susanna und Roberto, Elisas Bruder, schon vor ein paar Tagen nach Angolorotondo aufgebrochen. Dass es ihm dort so gut gefällt, macht mir Hoffnung. Schließlich kommt er ja auch nicht aus dem Dorf.
An diesem Freitagnachmittag habe ich genug Zeit, darüber nachzudenken, was es wohl sein wird, das ich morgen mit Dino und Enrico unternehmen werde. Salami machen? Wildern? Dem » bösen« Gasthof der Carbones einen Denkzettel verpassen?
Elisa und ich stehen jetzt schon seit einer Stunde im Stau und sind immer noch auf dem Autobahnring.
» Da hätten wir auch gleich morgen früh mit Dino fahren können«, nörgle ich herum. Zugegeben, dass wir jetzt zur blödesten Uhrzeit aufgebrochen sind, Freitagnachmittag, ist meine Schuld: Ich hatte mich zu spät um einen Mietwagen gekümmert und musste ihn schließlich vom anderen Ende der Stadt holen.
»Managgia!« , fluche ich und drücke dreimal auf die Hupe. Andere stimmen in mein Frusthupen ein. Nichts bewegt sich. Immerhin haben wir eine gute Ausrede. Heute ist wirklich traffico und » Il traffico!« nicht nur eine Ausrede für dreistes Zuspätkommen.
Als es endlich weitergeht, fängt es an zu regnen. Es ist Ende September. Der Sommer ist noch da, aber mit jedem Tag wächst die Ahnung, dass es bald vorbei sein wird. Auf Höhe der Ausfahrt Nummer 9 fallen immer mehr Tropfen auf die Windschutzscheibe. Ich ahne bereits, dass ich zu dünne Sachen dabeihabe, und drehe die Heizung auf volle Kraft. Vielleicht schaffe ich es ja immerhin, gesund in Angolorotondo anzukommen, bevor ich dort wegen Familienstress und Schafskälte einen Nervenzusammenbruch erleide.
» Gehen wir es nochmals durch. Wie heißen die Kinder von Federico?«
Sie will mir ihre ganze Verwandtschaft eintrichtern, bevor ich sie überhaupt kennengelernt habe.
» Am Abend kommst du sonst total durcheinander, es sind sicher über 40 Leute da«, hat sie mich vorgewarnt, » und wenn du die Namen weißt, mögen sie dich gleich.«
Jeden Morgen beim Cappuccino im » Papagallo« musste ich mit ihr Verwandtschaftsnamenauswendiglernen spielen. » Ich kenne doch deine Familie schon«, habe ich gestöhnt, » deine Mutter, deinen Vater, deinen Bruder.« Aber Elisa unterscheidet nicht zwischen eigentlicher Familie und der Familie. » Familie sind alle«, sagt sie, » alle gehören dazu.«
» Weiter: Wie heißt das älteste Kind von Onkel Francesco?«
Puh. Onkel Francesco hat vier Kinder oder fünf sogar.
» Emma!«
» Falsch«, sagt Elisa, » aber wessen Tochter ist Emma?«
Ich überlege. » Von Tante Chiara und Onkel Walter.«
» Richtig.«
Ich fühle mich wie
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