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Madonna

Madonna

Titel: Madonna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
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Bartstoppeln wuchsen und eine riesige, rotgeäderte Nase.
    »Bist du Vinzent?«, fragte Arnulf.
    »Hm.«
    Es war nicht ersichtlich, ob das ein Ja oder ein Nein sein sollte. Arnulf spähte an der traurigen Gestalt vorbei ins düstere Innere der Hütte. Der Geruch von verbranntem Essen und menschlichen Ausdünstungen quoll ihm entgegen und nahm ihm fast den Atem. So flach wie möglich holte er durch den Mund Luft, dann fragte er weiter: »Wo ist deine Frau Lisa?«
    »Im Stall, bei den Viechern.« Offenbar hatte der Mann für den Rest des Tages genug gesprochen, denn er wandte sich einfach um und schlug Arnulf die Tür vor der Nase zu.
    Achselzuckend wandte der Nachtrabe sich ab. Er war schon drauf und dran, sich dem Stall zuzuwenden, als eine magere, ebenfalls abgehärmt aussehende Frau mit zwei Holzeimern in der Hand ins Freie trat.
    »Wer seid Ihr?«, fragte sie sofort. Sie sah misstrauisch aus.
    Arnulf schenkte ihr sein schönstes, vertrauenerweckendstes Lächeln. »Mein Name ist Arnulf. Bist du Lisa?«
    Sie nickte, kam jedoch nicht näher. Mit langsamen Bewegungen setzte sie die Eimer rechts und links von sich ab, dann streckte sie den Rücken, indem sie sich beide Hände ins Kreuz drückte.
    »Ich habe ein paar Fragen an dich«, erklärte Arnulf ihr. Er machte Anstalten, zu ihr zu treten, aber sie hob die Hand und bedeutete ihm, zu bleiben, wo er war. Ihr Blick wanderte von ihm zu Jonas. Bei Rubius’ Anblick lächelte sie ein wenig.
    »Du hast heute Morgen diese tote Marktfrau – Gertrud – gefunden, nicht wahr?«, fragte Arnulf.
    Das Misstrauen auf Lisas Gesicht vertiefte sich noch. »Was geht Euch das an?«
    Arnulf unterdrückte ein Seufzen und den Wunsch, diese dämliche Kuh zu packen und einfach aus ihr herauszuprügeln, was sie wusste. Stattdessen griff er unter sein Hemd.
    Lisa wich einen Schritt zurück, doch als sie sah, dass er seinen Geldbeutelhervorholte, stahl sich ein schwaches Lächeln in ihre Mundwinkel. Es zeigte Arnulf, dass sie früher einmal sehr hübsch gewesen sein musste. Sie schob sich eine lose Haarsträhne aus dem Gesicht und trat vorsichtig wieder einen Schritt näher. »Was wollt Ihr wissen?«, erkundigte sie sich.
    Er bat sie, so genau wie möglich zu schildern, was geschehen war. Sie erzählte ihm davon, wie sie Gertrud am Morgen auf dem Marktplatz vermisst hatte und wie sie gegangen war, um nach ihr zu sehen. Sie berichtete ihm davon, wie sie Gertruds Leiche in der Gasse gefunden hatte.
    »War noch jemand bei der Leiche?«, hakte er nach.
    Eifrig nickte sie. »Ein Mann. Bestimmt ein Patrizier, so wie er aussah.«
    »Kannst du ihn beschreiben?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Braune Haare, glaube ich. Aber sicher bin ich nicht. Auf jeden Fall hatte er ein Schwert, und er war über und über mit Blut besudelt. Er ist weg, als er mich gesehen hat. Verständlich, denke ich.«
    »Hast du eine Idee, wer Gertrud das angetan hat?«, fragte Arnulf.
    Sie rümpfte die Nase. Es war eine kokette Geste. »Na, doch dieser Patrizier!«
    Sanft schüttelte er den Kopf. »Ich meine, ob du jemanden wüsstest, der in der letzten Zeit Streit mit Gertrud hatte. Hatte sie Feinde, irgendwelche Neider?«
    Lisa überlegte einen Moment. Ihr Blick war dabei die ganze Zeit auf en Geldbeutel in Arnulfs Hand gerichtet, und er ahnte, dass sie begierig darauf war, ihm möglichst das zu erzählen, was er hören wollte. Schließlich hellte sich ihre Miene auf. »Natürlich! Dieses Weib, wie heißt sie noch … der das Fischerhaus an der Frauentormauer gehört.«
    In seinem Magen senkte sich etwas. »Katharina Jacob?«, rutschte es ihm heraus. Neben ihm machte Jonas große Augen.
    Lisa zuckte die Achseln. »Glaube, ja. Gestritten haben die beiden, Gertrud und diese Katharina, meine ich. Am Tag vor dem Mord.«
    »Worüber?«
    »Irgendwelche verdorbenen Eier, glaube ich. Ich habe ja nicht die ganze Zeit zugehört, weil ich selbst Kunden bedienen musste.Jedenfalls war diese … Katharina sehr wütend, besonders, als Gertrud sie eine Hure genannt hat.« Sie lachte leise und freudlos auf.
    Arnulf zog die Augenbrauen zusammen. »Katharina Jacob eine Hure?«
    »Genau genommen hat Gertrud das Fischerhaus als Hurenhaus bezeichnet. Ganz ruhig ist die Jacob danach geworden, fast eisig. Keine der Frauen hat es verdient, eine Hure genannt zu werden, hat sie geantwortet, dann ist sie abgerauscht. Also, wenn Ihr mich fragt: Sie war so zornig, ich bin mir fast sicher, dass sie Gertrud den Hals aufgeschlitzt hat.« Um zu verdeutlichen,

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