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Madonna

Madonna

Titel: Madonna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
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Vereinigung, und trotzdem hatte er sich vorgewagt, hatte sie gebeten, seine Frau zu werden. Und obwohl sie ihn mit ihrer Zögerlichkeit schon einmal aus der Stadt getrieben hatte, hatte sie auch diesmal einfach nicht ja sagen können.
    Mit beiden Händen umklammerte sie ihre Schläfen. Was war bloß los mit ihr?
    Donatus schlief offenbar noch, und sie war froh darüber. Sie setzte sich allein in die Küche, aß ein wenig Haferbrei vom Vortag und grübelte, wo Tobias wohl sein mochte. Auf dem Weg nach unten hatte sie in seiner Kammer nachgesehen, in der Hoffnung, er könne irgendwann in der Nacht nach Hause gekommen sein. Aber sie hatte sein Bett unberührt vorgefunden.
    Hiltrud kam und gesellte sich zu ihr, und eine Weile unterhielten sie sich über Brunhilds Beerdigung.
    »Gehst du nachher nach St. Lorenz?«, fragte Hiltrud schließlich. Da erst fiel Katharina ein, dass heute Sonntag war.
    »Vielleicht.« Sie blickte an der Tischkante vorbei auf Hiltruds lang ausgestrecktes Bein. »Möchtest du mitkommen?«
    Die ältere Frau schüttelte den Kopf. »Ich bleibe lieber hier. Für einen so langen Weg tut mir das Knie zu weh.«
    Katharina nickte. Sie wollte eben etwas sagen, aber da klingelte es an der Haustür. Rasch sprang sie auf, stieg über Hiltruds Bein hinweg und eilte zur Tür.
    »Tobi …« Sie brach mitten im Wort ab, als sie sah, wer draußen stand.
    Es war Bürgermeister Silberschläger. Um seinen Hals lag eine dicke, weiße Binde. Er zog seinen Hut vom Kopf. Und er lächelte sie verdächtig herzlich an.
    »Was wollt Ihr hier?« Sie hatte nicht die Kraft, Freundlichkeit zu heucheln.
    Er zog die Augenbrauen nach oben, überrascht und ein wenig gekränkt. »Warum so unfreundlich?«, fragte er. Seine Stimme hatte einen heiseren Klang, der auf der Stelle Katharinas Neugier weckte.
    »Was ist mit Eurem Hals passiert?«, rutschte es ihr heraus, und dann überfiel sie ein so ungutes Gefühl, dass sie sich unwillkürlich am Türrahmen festklammerte.
    »Oh, das!« Silberschläger griff sich an den Verband. »Das ist, wenn man es genau betrachtet, der Grund für mein Hiersein.« Er wartete einen Augenblick, um zu ergründen, was diese Worte mit Katharina anstellten. Sie bemühte sich um eine möglichst gefasste Miene, und offenbar war sie damit erfolgreich, denn Silberschläger sah ein wenig enttäuscht aus. Gleich darauf jedoch lächelte er wieder. »Gestern Nacht wurde ich überfallen.« Seine Stimme hörte sich unheimlich an, flach und krächzend wie die eines uralten Mannes. »Die Heiserkeit kommt von der Verletzung, die mir der Täter beigebracht hat. Wenigstens hat Dr. Schedel das behauptet, und er muss es ja schließlich wissen, oder?«
    Katharina nickte langsam.
    Silberschlägers Lächeln wurde zu einem Grinsen. »Natürlich wollteder Täter mich nicht mit Heiserkeit schlagen, sondern er führte etwas ganz anderes im Schilde. Ihr ahnt, was?«
    Katharinas Finger krallten sich nun in das Holz des Türrahmens, sie konnte spüren, wie sich einer ihrer Nägel schmerzhaft umbog, und dennoch vermochte sie nicht loszulassen. Was sollte dieses Spielchen? Am liebsten hätte sie kehrtgemacht und Silberschläger einfach die Tür vor der Nase zugeschlagen, aber etwas an der triumphierenden Art, wie er sie ansah, ließ das nicht zu.
    Als Katharina auf seine Frage nicht antworten wollte, räusperte er sich. Seine Stimme blieb heiser wie zuvor. »Er wollte mir die Kehle aufschlitzen, wie er es bei Rotgerber und dem Marktweib getan hat.«
    An dem leichten Schwindelgefühl, das sie erfasste, bemerkte Katharina, dass sie die Luft angehalten hatte. Sie zwang sich, weiterzuatmen. »Warum erzählt Ihr mir das alles?« Täuschte sie sich, oder klang ihre Stimme beinahe ebenso heiser wie die Silberschlägers?
    Hinter ihr wurden Schritte laut, jemand kam den Flur entlang. »Katharina?«
    Sie drehte sich um. Es war Hiltrud. Ihr Blick fiel auf Silberschläger, und ihre Miene verfinsterte sich schlagartig.
    »Der Herr Bürgermeister ist hier, weil er etwas überaus Wichtiges mitzuteilen hat«, erläuterte Katharina.
    Silberschlägers Grinsen verschwand. Plötzlich wirkte er ärgerlich und ungeduldig. »Da Ihr Euch entschieden habt, mich unhöflich zu behandeln, frage ich mich, warum ich mir die Mühe gemacht habe, herzukommen. Aber da ich nun schon mal hier bin, kann ich meine Botschaft an Euch genauso gut loswerden: Ihr müsst Euch keine Sorgen mehr machen, dieser Morde verdächtigt zu werden. Der Täter wurde gestern Nacht auf frischer

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