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Madonna

Madonna

Titel: Madonna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
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ist, nicht wahr?« Er wartete einen Augenblick, wohl wissend, dass niemand es wagen würde, diese Frage zu verneinen. Durch seine Wortwahl hatte er dafür gesorgt, dass jeder, der das tat, sich sofort selbst in Verdacht gebracht hätte. Zögernd, einer nach dem anderen, nickten die Menschen.
    Richard knirschte mit den Zähnen.
    »Geschickt«, murmelte Arnulf. Auch er schaute grimmig auf den Inquisitor.
    »Ich bin Heinrich Kramer, Praedicator Generalis des Ordens des Heiligen Dominikus und durch Papst Sixtus zum Inquisitor per totam Alamaniam superiorem ernannt, und ich bin in eurer Stadt, weil ich helfen will, euch vor dem teuflischen Übel zu schützen, das Frauen wie diese hier …«. er deutete auf Katharina, »… auf euch herabbeschwören.«
    Unter Katharinas Auge zuckte es. Sonst rührte sie keinen Muskel, und wäre diese winzige Bewegung in ihrem Gesicht nicht gewesen, hätte Richard glauben können, sie habe sich unter seinen Händen in Marmor verwandelt, so blass und steif war sie.
    Fieberhaft ließ er seine Blicke über den Platz schweifen. Doch die Büttel, die zuvor nur wie eine Wand dagestanden hatten, bekamen nun einen Wink von Silberschläger. Alle nahezu gleichzeitig legten sie die Hände an die Griffe ihrer Schwerter.
    Richard unterdrückte einen deftigen Fluch. Silberschläger! In der Menge suchte er nach dem feisten Gesicht des Lochschöffen, und er fand es.
    Ein haarfeines, höhnisches Lächeln spielte um Silberschlägers Lippen.
    Richard ballte eine Faust.
    »Ich weiß«, rief Kramer weiter, »dass Nürnbergs Gesetze die fortschrittlichsten im Reich sind, und ich weiß, dass ihr Bürger stolz seid auf die Errungenschaften des Rechts in eurer Stadt. Aber ich bin in großer Sorge, weil die zuständigen Stellen offenbar blind sind für die große Gefahr, die den braven Bürgern von der stetig wachsenden Sekte der Hexen droht. Wie sonst ist es zu erklären, dass das Anleitungswerk, das ich eigens für eure Stadt geschrieben habe, unbenutzt im Rathaus in einem Schrank verstaubt?« Er schaute auf Tobias’ kopflose Leiche. »Und wie sonst ist es zu erklären, dass ein armer Mann wie dieser Verurteilte hier hingerichtet werden kann, während die wahre Schuldige, nämlich jene Frau, die ihn durch Hexerei dazu trieb, seine schrecklichen, blutigen Taten zu begehen, frei herumläuft?«
    Ein Raunen ging durch die Menge. Die Blicke, die Katharina nun zugeworfen wurden, waren feindselig und ängstlich zugleich.
    »Es stimmt!«, rief eine helle Stimme. Eine Frau trat vor, die ihre Haare vollständig unter einer weit ausgestellten Flügelhaube verborgen hatte. Sie trug ein schlichtes Kleid aus dunklem Samt und darüber eine ebenso schlichte schwarze Schaube. »Seit langem schon beobachte ich das unheilige Treiben dieser Frau!«
    Katharinas Blick fiel auf die Rednerin, und sie biss sich auf die Unterlippe. So fest, dass ein Blutstropfen hervorquoll. Doch sie bemerkte es nicht.
    Herausfordernd sah Kramer den Stadtrichter an. Der wand sich. Hilfesuchend blickte er zu den anderen Angehörigen des Stadtrates, die ebenso unschlüssig schienen wie er selbst. Kurz berieten die Männer sich miteinander. Dann trat einer von ihnen vor und erhob die Stimme. »Es sind schwere Anschuldigungen, die Ihr da vorbringt«, rief er. »Um sie zu überprüfen, ergeht hiermit der Befehl, diese Frau, Katharina Jacob, festzusetzen.«
    Richard schob Katharina hinter sich.
    »Lasst die Waffen fallen!«, befahl Silberschläger.
    Verzweifelt suchte Richard nach einem Ausweg, doch es gab keinen. Er senkte die Schwertspitze gen Boden.
    »Gebt den Weg frei!«
    Er tat es widerwillig. Hilflos musste er mit ansehen, wie die Büttel Katharina umringten, wie sie ihr die Arme auf den Rücken drehtenund ihr Fesseln anlegten. Sein Blick begegnete dem von Silberschläger.
    In den Augen des Bürgermeisters funkelte Triumph.
    Dr. Spindler hatte soeben eine Messe beendet, als Donatus die Heilig-Geist-Kapelle stürmte und auf dem glatten Fußboden beinahe ausgeglitten wäre.
    »Immer langsam mit den jungen Pferden!«, rief der Priester lachend, während er die Stola abnahm und sie sorgsam zusammenfaltete. Dann fiel sein Blick in Donatus’ Gesicht, und ein Ausdruck von Sorge erschien in seinen Augen.
    »Was ist geschehen?« Tiefe Falten gruben sich rechts und links seiner Mundwinkel ein.
    Donatus fand wieder festen Stand. Die beiden Scholaren, die am Altar noch damit beschäftigt waren, die Gerätschaften für das Abendmahl fortzuräumen, beachtete er nicht

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