Madonna
Dolch vom Leben zum Tode befördert hat, was das Gericht als eindeutig erwiesen ansieht, da der Verurteiltees ebenfalls gestanden hat. Und drittens: zur Sühne des Mordversuchs an dem ehrenwerten Mitglied des Nürnberger Rates, Gernot Silberschläger, der durch den feigen Anschlag beinahe sein Leben verloren hätte und schwerste Verletzungen davontrug. Auch dieser Mordversuch wurde von dem Verurteilten gestanden.«
Die Kinder hatten innegehalten, als der Richter die Stimme erhoben hatte, doch nachdem der Mann nun damit begann, den Friedebann auszurufen, wurde ihnen die Sache bald langweilig, und sie nahmen ihr Spiel wieder auf.
Der genaue Wortlaut der Beschwörung rauschte an Katharina vorbei. Sie hörte erst wieder genau hin, als der Stadtrichter mit nochmals erhobener Stimme rief: »Der Rat der Stadt Nürnberg verurteilt diesen Mann, Tobias Weinmann, aus allen oben genannten Gründen zum Tode durch das Schwert.« Er trat einen Schritt zur Seite und nickte dem Henker zu.
Während der Henker das Schwert aufhob, das er mit der Spitze vor sich auf den Boden gestützt hatte, brachten die beiden Büttel Tobias dazu, sich hinzuknien. Der Priester, der schon vor dem Rathaus mit ihm gesprochen hatte, näherte sich, um mit ihm nun sein letztes Gebet zu sprechen. Tobias schüttelte heftig den Kopf.
»Ich will meinen Beichtvater!«, verlangte er.
Der Priester beugte sich über ihn, raunte ihm einige Worte ins Ohr. Schließlich nickte Tobias resigniert. Er senkte das Kinn auf die Brust und begann zu beten.
Dr. Spindler, schoss es ihr durch den Kopf. Jemand hätte ihm Bescheid geben müssen, was hier geschah. Sie dachte daran, wie Donatus davongelaufen war. Hoffentlich war er auf den Gedanken gekommen, ihn herzuholen!
»Können wir es noch verhindern?« Katharina schaute zu Richard auf. Sein Unterkiefer war eine harte Linie, und feine Fältchen lagen um seine Augen, als er sie nun ansah.
»Ich wüsste nicht, wie«, murmelte er und ließ seinen Blick über die Büttel schweifen. In seinen Augen lag das altvertraute düstere Flackern. Katharina fragte sich, was er denken mochte.
Bevor sie noch etwas erwidern konnte, wurde er auf jemanden am Rande des Rabensteins aufmerksam. Sein Kopf wanderte herum. Katharina folgte ihm und entdeckte Arnulf, der an den Brunnen gelehntdastand und das Geschehen beobachtete. Als er sah, dass Richard ihn bemerkt hatte, wies er mit dem Kinn auf den Mann im Habit der Dominikaner, der Katharina auch schon aufgefallen war. Im Moment hatte der Mönch ihnen den Rücken zugewandt und betrachtete die Menge der Schaulustigen.
Richard runzelte fragend die Augenbrauen, da löste Arnulf sich von dem Brunnen und kam zu ihnen herüber. Heute hatte er sich dafür entschieden, das Gesetz zu missachten. Er trug ein Schwert am Gürtel.
»Was ist?« Richard sprach leise.
Wieder deutete Arnulf auf den Mönch. Der drehte sich jetzt um, und Richard zog Luft durch die Zähne. »Das ist Heinrich Kramer!«
»Du kennst ihn?« Überrascht sah Arnulf ihn an, dann weiteten sich seine Augen vor Erstaunen. » Der Heinrich Kramer?«
Grimmig nickte Richard. »Der Autor des Hexenhammers. Wir sind zusammen hierhergereist.« Seine Lippen waren blass geworden. Sorgenvoll schaute er Katharina an, und sie wusste, dass er das Gleiche dachte wie sie.
Ihr Herz stolperte. Es war nicht das erste Mal, dass sie einem Inquisitor begegnete, schon einmal hätte eine solche Zusammenkunft sie beinahe das Leben gekostet. Sie zwang sich zur Besonnenheit. Diesmal schließlich ging es nicht um sie!
»Ich habe ein ganz ungutes Gefühl«, sagte Arnulf düster. »Eben habe ich beobachtet, wie der Kerl sich mit einem der Bußprediger unterhalten hat, die die Stadt unsicher machen. Und er hat ein paarmal in Katharinas Richtung gestarrt, bis er bemerkt hat, dass ich ihn beobachte. Seitdem vermeidet er jeden Blick in ihre Richtung.«
Seine Worte sanken in Katharinas Herz wie Dolchstiche. Heftig schüttelte sie den Kopf. Dieser Kramer konnte unmöglich ihretwegen hier sein! Doch noch während sie versuchte, sich das einzureden, sah sie in Arnulfs und Richards besorgte Gesichter und dachte an die Vorwürfe, die Gertrud ihr an den Kopf geschleudert hatte. Ihre giftigen Worte hallten noch jetzt in Katharinas Kopf nach.
Hexe!
Sie biss die Zähne zusammen.
»Wir sollten sie von hier wegschaffen«, sagte Arnulf zu Richard.
Der nickte.
Katharina wollte protestieren, wollte sagen, dass sie jetzt nichteinfach davonrennen konnte. Himmel, am liebsten
Weitere Kostenlose Bücher