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Madonna

Madonna

Titel: Madonna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
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da wie in den letzten Wochen, in denen er sich in ihre Träume geschlichen hatte, weil sie nicht auf Dauer vergessen konnte, weil ihr Verstand die Dinge nun aus der Versenkung holte …
    Der Mann mit den eisblauen Augen.
    Der Mann, der offenbar Burckhard hieß.
    Der Mann, dessen Namen sie ihre Mutter kreischen gehört hatte.
    Er war da. Aber er hielt sich im Hintergrund.
    Irgendwie gab es eine Verbindung zwischen diesem Mann und Heinrich Kramer. Sie zermarterte sich das Hirn, wie das sein konnte, aber sie erinnerte sich an nichts weiter als die eisblauen Augen, an ein schweres Atmen an ihrem Ohr und das Kreischen ihrer Mutter. Wieder und wieder flackerten diese Bruchstücke in ihrer Erinnerung auf, schlugen sich wie mit glühenden Krallen in ihren Verstand, ihren Leib.
    Sie wusste nicht, wie lange sie auf der unbequemen Pritsche gehockt hatte, nachdem Kramer sie mit ihrer Qual und ihren verschütteten Erinnerungen allein zurückgelassen hatte. Irgendwann näherten sich draußen auf dem Gang Schritte. Ein Schlüssel wurde ins Schloss gesteckt, und die Zellentür schwang auf. Das flackernde Licht einer einzelnen Talglampe blendete Katharina.
    Blinzelnd drehte sie den Kopf zur Seite, und aus dem Augenwinkel sah sie, dass zwei Männer die Zelle betraten.
    »Katharina«, sagte eine heisere Stimme, die ihr die Haare im Nacken zu Berge stehen ließ. Ihr Kopf fuhr herum.
    »Silberschläger!« Sein Anblick presste ihr das Herz zusammen.
    Er reckte seinen mächtigen Bauch vor, stemmte die Arme in die Seiten. »Ja«, sagte er nur.
    Katharina dachte daran, wie er in der Kapelle im Fischerhaus versucht hatte, ihr die Hand auf den Oberschenkel zu legen. Ihr Leib krampfte sich zusammen, und sie ertappte sich dabei, dass sie die Ecken der Zelle nach dem Mann mit den Eisaugen absuchte.
    Sie konnte ihn nirgends entdecken, dafür fiel ihr Blick nun auf den zweiten Mann, der zusammen mit Silberschläger die Zelle betreten hatte. Es war der Büttel, den sie schon früher in Silberschlägers Begleitung gesehen hatte.
    »Eberlein, Ihr bringt sie in die Folterkammer«, sagte Silberschläger zu ihm.
    Katharinas Unterkiefer fiel herunter.
    Eberlein nickte. Als er nach Katharinas Arm langen wollte, entzog sie sich ihm mit einem Ruck.
    »Ihr dürft ohne Anordnung des Rates nicht foltern!«, brachte siefast lautlos hervor. Ihr Herz hatte zu jagen begonnen, plötzlich fühlte sie sich in der engen Zelle wie in einer Mausefalle.
    Ein breites Grinsen glitt über Silberschlägers Miene, und seine Zungenspitze erschien im rechten Mundwinkel. »Wer sagt denn etwas von Folter, meine Liebe? Wir wollen nur ein wenig Spaß miteinander haben, nicht wahr? Ich bin sicher …« Er unterbrach sich. »Macht endlich!«, fuhr er Eberlein an.
    Der packte Katharina am Arm und zerrte sie unsanft aus der Zelle auf den Gang hinaus.

26. Kapitel
    Die Folterkammer lag um einiges tiefer als der Gang davor, und eine Stiege mit fünf Stufen führte nach unten. Diese Stufen stieß Eberlein Katharina hinunter. Sie stolperte und konnte sich nur auf den Beinen halten, indem sie sich an einem massiven Holzklotz abstützte, der in der Mitte des kleinen Raumes stand.
    Eilig drehte sie sich herum.
    Silberschläger kam die Stufen herabgeschritten, und er lächelte dabei. An den Wänden rings herum standen Talglichter auf dem Boden und warfen ihren Schatten vervielfacht und zu bizarren Formen verzerrt gegen die Decke. Der Anblick ließ Erinnerungen in Katharina aufflackern.
    Ein Mann, der sich über sie beugte. Der Mann mit den eisblauen Augen.
    »Bindet sie an die Leiter!«, befahl Silberschläger. Ihr Unterkörper verkrampfte sich.
    Burckhard, kreischte die Stimme ihrer Mutter in ihrem Kopf. Dann wandelte sie sich und wurde zu der Kramers.
    Burckhard!
    Sie krallte beide Hände um den Schädel, doch es nützte nichts. Ihr Innerstes war ein einziges Chaos aus wirbelnden Gedanken, Erinnerungsfetzen, Angst.
    Eberlein trat vor sie hin, drängte sie gegen das doppelt mannshohe leiterartige Gestell, das an der Rückseite der Folterkammer lehnte. »Was habt Ihr vor?«, fragte er über die Schulter gewandt, während er Katharinas Arme packte, um sie ihr auf dem Rücken zusammenzubinden.
    Doch Silberschläger schüttelte den Kopf. »Vorn!«
    Eberlein schaute ihn fragend an.
    »Fesselt sie vorn«, wiederholte Silberschläger. »Wir wollen ihr noch nicht die Schultern ausrenken.«
    Noch nicht …
    Katharina ächzte.
    Eberlein gehorchte dem Befehl, band ihr die Hände vor dem Leib zusammen und

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