Madonna
Achseln. »Ich erfuhr soeben, dass man Kath … Frau Jacob ins Lochgefängnis geworfen hat und ihr Hexerei vorwirft. Ich wollte sehen, ob ich ihr helfen kann.«
Richard registrierte sehr wohl die kleine Pause, und es versetzte ihm einen Stich der Eifersucht. Plötzlich wurde ihm mit Macht bewusst, dass er ein langes Jahr fort gewesen war und dass er trotzdem wie selbstverständlich davon ausgegangen war, dass sie auf ihn gewartet hatte.
Arnulfs Stimme hielt ihn davon ab, diesen Gedanken weiterzuverfolgen. »Wie glaubt Ihr, das tun zu können?«, fragte er.
Öllinger zuckte die Achseln. »Ich weiß es nicht genau. Aber Donatus sagte mir, dass man Katharina verdächtigt, Tobias dazu verhext zu haben, die Dolchmorde zu begehen. Darauf gründet offenbar die Anklage gegen sie …«
»Tobias war unschuldig«, sagte Richard. »Wir wollen den wahren Mörder finden, um Katharina dort unten rauszuholen.« Aus dem Augenwinkel sah er, dass Arnulf an seiner Seite auf einmal sehr nachdenklich wirkte.
»Tobias unschuldig?« Es war Öllinger anzusehen, dass diese Worte ihn erleichterten. Dennoch lag ein gehöriges Maß an Skepsis in seinem Blick, als er meinte: »Aber der Stadtrat hat ihn doch rechtskräftig verurteilt. Donatus sagte, dass eines der Opfer den Mordanschlag überlebt hat und aussagte, dass Tobias ihn …«
»Donatus«, murmelte Arnulf. Richard runzelte die Stirn. Fragend schaute er seinen Freund an, doch der schien noch nicht entschieden zu haben, was genau er denken sollte. Mit einer nachdenklichen Geste winkte er ab.
Richard sah wieder Öllinger an. »Wir glauben, dass der Rat sich mit seinem Urteil geirrt hat. Der wahre Mörder läuft noch irgendwo hier draußen herum.«
Öllingers Mund öffnete sich, doch kein Laut kam über seine Lippen. Plötzlich schienen die Gedanken hinter seiner Stirn zu rasen. »Der wahre Mörder …«
Jetzt mischte sich Arnulf wieder ein. »Ihr sagtet eben, dass Donatus Euch erzählt hat, dass Katharina dort unten einsitzt.«
Öllinger nickte. »Ja. Er wirkte seltsam aufgelöst, ganz komisch …«
Mit einem Mal stand ein Funkeln in Arnulfs Augen, und bei seinem Anblick rann ein erregtes Kribbeln über Richards Körper. Er kannte die Anzeichen gut, die Arnulf an den Tag legte, wenn er etwas eben noch Rätselhaftes begriffen hatte. Der Nachtrabe legte dann die Handflächen gegeneinander und presste sie zusammen, dass seine Knöchel ganz weiß wurden.
Eben das tat er nun. »Erinnert Ihr Euch, was genau Donatus zu Euch gesagt hat?«, erkundigte er sich.
Öllinger kratzte sich am Kinn. »Natürlich. Zuerst hat er mir von Katharinas Verhaftung erzählt, aber das sagte ich Euch ja bereits. Und dann hat er etwas sehr Seltsames gesagt. Er wirkte sehr verwirrt. Fast ein bisschen irre. Er war der festen Überzeugung, dass Dr. Spindler der Mann ist, der in Heilig-Geist die Jungen vergewaltigt.« Sein gesamtes Gesicht war ein einziger Ausdruck von Verwunderung und Zweifel. »Was für ein Unsinn! Dr. Sp …«
»Donatus!« Arnulfs Stimme war recht leise, aber scharf wie zersplitterndes Glas, und in dem Moment, in dem er den Namen nun zum dritten Mal aussprach, begriff Richard, was er dachte.
Bevor er es sich in seinem dröhnenden Schädel richtig zurechtgelegt hatte, erklärte Arnulf es Öllinger: »Silberschläger nimmt an, dass der Mörder durch seine Taten versucht, Katharina zu schützen. Seine Opfer waren allesamt Menschen, die Katharina in irgendeiner Weise etwas antun wollten. Rotgerber hatte vor, das Fischerhaus zu schließen. Die Marktfrau wollte sie wegen Hexerei anklagen, zumindest hat sie das behauptet. Und Silberschläger selbst, nun, er hatte sie wegen der Morde in Verdacht.«
Bei jedem einzelnen Punkt dieser Aufzählung wurden Öllingers Augen größer. »Donatus hat Katharina unglaublich viel zu verdanken. Wenn sie ihn nicht aufgenommen hätte, damals, als sie ihn aus Heilig-Geist rausgeworfen haben, dann wäre er vielleicht heute schon tot.«
Richard rief sich die schattenhafte Gestalt ins Gedächtnis zurück, die ihn in dem Hinterhof angefallen hatte. Von der Statur her konnte es hinkommen. Das Kribbeln auf seiner Haut verstärkte sich. »Wisst Ihr, wo Donatus jetzt ist?«, fragte er.
Der Apotheker nickte. »Er sagte, er wolle zu Mechthild Augspurger, um ihr zu erzählen, was mit Katharina geschehen ist. Ich ließ ihn, weil ich mich sofort auf den Weg hierher machte.«
Neben Richard packte Arnulf seinen Schwertgriff. Eine Handbreit zog er die Klinge aus der Scheide,
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