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Madonna

Madonna

Titel: Madonna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
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den sie nicht hervorbingen konnte, weil sie wie gebannt war, gefesselt von großen Händen auf ihrer kalten Haut …
    »Warum?« Es kam als Schluchzen aus ihrem Mund, kaum hörbar, und durch den Schleier ihrer Tränen sah sie Silberschläger schweratmend zurückweichen, sah ihn bleich werden, so unendlich bleich. Er griff sich an die Brust, dann taumelte er. Brach zusammen. Speichel bildete Blasen auf seinen Lippen. Er zuckte einmal, dann lag er still. Blicklos stierten seine Augen gen Decke.
    Mit einem Ausdruck, in dem sich Überraschung und Verwirrung mischten, blickte Kramer auf ihn nieder. »Heilige Mutter Gottes!«, stieß er hervor. Dann schaute er auf. Zu Überraschung und Verwirrung gesellte sich eine Spur von Angst, und sie ahnte, was er dachte.
    »Ein schwaches Herz«, hauchte sie. »Gebt mir nicht die Schuld …«
    Ein Lächeln erschien auf seinen Lippen. Mehrere Herzschläge lang fixierte sein Blick Katharina. Dann, mit einer Bewegung, die aufreizend langsam aussah, legte er den Kopf in den Nacken, sammelte sich und schrie aus vollem Hals: »Oh Gott im Himmel! Nein!«
    Die Hand am Schwertgriff, kam Eberlein wieder in die Kammer gestürzt. »Was …?« Sein Blick fiel auf Silberschlägers Leiche, seine Augen schienen hervorzuquellen, sein Mund öffnete sich, sodass Katharina seine Zunge sehen konnte. Wie ein Tier zuckte und wand sie sich, als der Büttel um Worte rang.
    »Sie hat ihn verflucht«, flüsterte Kramer. »Ich habe es genau gesehen!« Und er griff nach dem Kreuz auf seiner Brust, umklammerte es und hielt es in die Höhe, als müsse er sich vor Katharina schützen.
    Der Büttel trat vor. Seine Hand lag verkrampft um den Schwertgriff, aber nun lockerte sie sich, sank herab. Hastig bekreuzigte er sich.
    »Diese Hexe hier …«, Kramer zeigte auf Katharina, »… hat durch ihre zauberischen Kräfte, zu denen sie die Verführungskunst ihres Körpers einsetzte, den ehrenwerten Herrn Bürgermeister umgebracht.«
    Katharina schloss die Augen. »Warum?«, wisperte sie. »Warumhasst Ihr mich so?« Sie riss die Lider wieder auf. »Und wenn Ihr mich so hasst, warum dieses ganze Theater? Warum tötet Ihr mich nicht einfach?« In diesem Moment wäre es ihr mehr als recht gewesen, wenn er es tatsächlich getan hätte.
    Ihr Leib stand in hellen Flammen.
    Kramer lachte knapp. Statt ihr eine Antwort zu geben, wandte er sich um, ging zu dem Beutel, den er bei seinem Eintreten bei sich gehabt hatte, und holte ein dickes Buch heraus. »Weil dies hier meine Waffe ist«, sagte er. »Ich muss mir an Hexenbrut wie dir nicht die Hände schmutzig machen. Das macht die weltliche Gewalt für mich.« Er wandte sich an Eberlein. »Wir müssen die Männer vom Stadtrat holen. Sie sollen mit eigenen Augen Silberschlägers Leiche ansehen und sich davon überzeugen, welche Hexenkräfte in diesem Weib stecken!«
    Während Richard und Arnulf noch an der Ecke der Lochgasse standen und überlegten, wie sie den Mörder ausfindig machen konnten, eilte ein Mann auf sie zu. Er war hochgewachsen und trug die schwarze Kleidung eines Gelehrten. Seine hellbraunen Haare ringelten sich unter dem Hut hervor und um seine Ohrläppchen wie Erpellocken.
    Ohne Richard und Arnulf zu beachten, hastete er vorbei, bog in die Lochgasse ein und blieb vor der Tür zur Lochwirtswohnung stehen.
    Verwundert blickte Richard ihm nach.
    Der Mann betätigte den Klingelzug, und als ihm nicht sofort geöffnet wurde, pochte er mit beiden Fäusten gegen die Tür. »Aufmachen!«, rief er. »Ich muss auf der Stelle zu Katharina Jacob!«
    Richard und Arnulf tauschten verwunderte Blicke. Nahezu gleichzeitig liefen sie zu dem Mann in die Gasse.
    »Ihr da!« Arnulfs scharfer Ruf ließ den Mann herumfahren. »Was wollt Ihr von Katharina?«
    Der Blick des Mannes tastete Arnulf von Kopf bis Fuß ab. »Ich wüsste nicht, was Euch das angeht!«, sagte er kühl.
    Bevor Arnulf etwas erwidern konnte, schob Richard sich vor ihn. »Mein Name ist Sterner«, stellte er sich vor. »Frau Jacob ist meine …« Er fand kein Wort für sein Verhältnis zu ihr, und so brach er ab.
    Der Blick des Mannes wurde ein wenig weicher. »Öllinger«, nannte er seinen eigenen Namen und lüpfte den Hut ein wenig. »Georg Öllinger.«
    »Was macht Ihr hier?«, erkundigte sich Arnulf abermals.
    Öllinger wirkte einen Augenblick lang so, als wolle er sich weigern, diese Frage zu beantworten, doch dann sah er, dass nicht nur der Nachtrabe ihn erwartungsvoll anschaute, sondern auch Richard. Er zuckte die

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