Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Madonna

Madonna

Titel: Madonna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
Vom Netzwerk:
Achseln. »Es werden ohnehin ein paar Scheiterhaufen brennen in der nächsten Zeit. Einer könnte gut der deine werden.«
    Mechthilds Kopf begann wieder, sich wie von selbst zu bewegen. »Katharina«, flüsterte sie und konnte nicht weitersprechen.
    »Was ist mit ihr?«
    »Sie weiß nichts von den Dingen, die damals passiert sind. Lass sie …«
    »Hier seid Ihr!« Wie ein Fanfarenstoß fuhr Dr. Spindlers laute Stimme zwischen sie und Heinrich. Es kam Mechthild vor wie eine Rettung. Vor lauter Erleichterung senkten sich ihre Eingeweide, und nur durch äußerste Willensanstrengung schaffte sie es, sich nicht einzunässen.
    »Johannes hat mir gesagt, dass es dir nicht gutgeht, Mechthild.« Mit sorgenvollem Gesicht kam Spindler auf sie zu. Sie wusste, dass er ihr das Entsetzen ansehen konnte. Irritiert runzelte er die Stirn, blickte Heinrich an. »Ihr habt Euch schon bekannt gemacht …?«
    Heinrich sprang auf. »Ja«, sagte er. Auf der anderen Seite der Wiese traten in diesem Moment mehrere Pfründnerinnen aus dem Refektorium ins Freie. Die Versammlung schien beendet zu sein. Heinrich starrte die Frauen an, seine Rechte ballte sich zur Faust und öffnete sich wieder.
    Mechthild presste die Lippen zusammen. »Ich möchte in meine Kammer«, sagte sie zu Spindler.
    Der nickte. »Ich sage Johannes Bescheid. Aber die anderen wollen noch ein wenig zusammensitzen, um den Tod von Rotgerber zu verdauen. Wärest du nicht lieber dabei?« Schwer senkte sich sein Blick inMechthilds, und sie glaubte zu wissen, was er dachte. In diesem Moment kümmerte es sie nicht. Heinrichs Auftauchen hatte alles, was ihr noch Augenblicke zuvor wichtig gewesen war, ins Gegenteil verkehrt.
    Mechthild warf Heinrich einen unsicheren Blick zu. Der Gedanke, in Gesellschaft zu sein, statt allein in ihrer Kammer zu sitzen und zu grübeln, erschien ihr verlockend, aber dann entschied sie sich anders. Besser, zwischen ihr und ihm befand sich ein massives Türblatt. »Nein«, sagte sie. »Ich würde lieber allein sein.«
    »Ja«, meinte Heinrich, und seine hellblauen Augen funkelten sie vielsagend an. »Du solltest beten, meinst du nicht auch?«
    Sie schaute zu ihm auf. Betäubt nickte sie.
    Kurz darauf war sie wieder in ihrer Kammer. Johannes, der sie hochgetragen hatte, schaute sie besorgt an.
    »Ihr seid blass«, sagte er. »Soll ich nicht doch den Medicus …«
    »Nein!« Sie wehrte ab und bat ihn, sie nicht auf das Bett zu setzen, sondern ihr einen Stuhl neben die Tür zu schieben und sie darauf zu platzieren.
    Er gehorchte, wenn auch verwirrt ob dieser seltsamen Bitte.
    »Aber etwas anderes könnt Ihr für mich tun«, sagte Mechthild.
    Er nahm die Schultern zurück. »Natürlich!«
    Sie warf einen Blick in Richtung Fenster. Draußen war es jetzt dunkel. »Bitte sagt Dr. Spindler, dass ich beichten muss.«
    Er legte den Kopf schief, die Neugier schlug ihm aus den Augen. Kurz fürchtete Mechthild, er wäre dreist genug, sie zu fragen, was los sei, aber dann nickte er nur gehorsam. »Mach ich.«
    Er wandte sich zum Gehen.
    Als er fort war, beugte Mechthild sich zur Seite und schob den Riegel vor ihre Tür. In Sicherheit. Für den Moment. Aufatmend lehnte sie den Kopf gegen die Wand.
    Ihre Gedanken rasten. Rotgerber war tot. Konnte es ein Zufall sein? Ein Anflug von grausamem Humor Gottes? Und Heinrich! Warum tauchte er ausgerechnet jetzt hier auf? All die Jahre, die seit ihrem letzten Zusammentreffen vergangen waren, hatte Mechthild sich sicher gefühlt vor ihm. Sie und Katharina. Katharina vor allem. Und nun?
    Ein Klopfen riss sie aus ihren wirbelnden Gedanken.
    »Wer ist da?« Ihre Stimme klang krächzend.
    »Ich bin es!«
    Spindler!
    Mechthild legte die Hand auf den Riegel. Zögerte.
    So lange, dachte sie, hatte Gott sie nicht gestraft für ihre Sünden. Wie es aussah, hatte er dafür nun beschlossen, ihr gesamtes Leben zu Scherben zu schlagen.
    Mit einem Ruck zog sie den Riegel fort.
    Spindler betrat die Kammer heimlichtuerisch wie ein Dieb, und ebenfalls wie ein Dieb drückte er die Tür hinter sich zurück ins Schloss, kaum dass er hindurch war. Besorgt schaute er Mechthild an.
    »Was war das eben?«, fragte er und wies über seine Schulter nach hinten.
    »Heinrich …« Mechthild verstummte. Ihre Hände schienen ein Eigenleben entwickelt zu haben. Sie hörten einfach nicht auf zu zittern. Mechthild schob sie unter ihre Oberschenkel. »Er ist …«
    »Der Autor des Hexenhammers«, sagte Spindler. »Vermutlich kommt er nach Nürnberg, weil er den Rat

Weitere Kostenlose Bücher