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Madonna

Madonna

Titel: Madonna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
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ungehindert auf die Wiese. Die Pilze waren fort, die noch kürzlich dort gestanden hatten.
    »Wie hast du mich gefunden?«, wisperte sie.
    »Oh. Glaub mir, ich weiß schon lange, dass du hier in Nürnberg lebst!« Er lachte leise.
    In Mechthilds Nacken richteten sich die Haare auf. Sie blinzelte und schwieg.
    »Bisher war ich nur zu beschäftigt, um herzukommen.« Beiläufig zuckte er die Achseln.
    Wie von selbst begann Mechthilds Kopf, sich zu bewegen, von rechts nach links und zurück, nein, nein, nein, wieder und wieder und wieder.
    In einer sanften Geste, die ihr Innerstes erzittern ließ, legte Heinrich ihr eine Hand auf das Bein. »Sag mir, wo Katharina wohnt!«
    Nein!
    Ihre Halsmuskeln protestierten gegen die Bewegung, aber sie konnte einfach nicht aufhören, den Kopf zu schütteln.
    Heinrich drückte zu, sie ahnte, dass seine Hände immer noch kräftig sein mussten, aber ihre Beine waren seit langem taub. Sie spürte seinen Griff nicht. Nur Angst und Entsetzen in ihrem Innersten, die spürte sie genau.
    »Ich gehe davon aus, dass du weißt, wen du vor dir hast. Ich meine, abgesehen davon, dass ich Burckhards Bruder bin.«
    Burckhard . Wie lange hatte sie diesen Namen nicht mehr gehört? Sie griff sich in die Haare, hielt ihren Kopf fest. Die Stimme war ihr abhandengekommen, also starrte sie Heinrich nur aus großen Augen an.
    Er lächelte leicht. »Du weißt es.« Er hatte ein hübsches Lächeln,doch die Kälte, die seine Augen ausstrahlten, wurde davon nicht gemildert. Er ließ ihr Bein los, lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. Völlig entspannt sah er aus. »Du weißt, dass ich Praedicator generalis und Magister Theologiae bin. Und Inquisitor für Alamania superior . Und du weißt bestimmt auch, dass ich der berühmte Verfasser des Malleus Maleficarum bin.« Er wartete einen Augenblick, prüfte, ob seine Worte den gebührenden Eindruck auf sie machten.
    Mechthild versuchte, seinem Blick standzuhalten, aber es gelang ihr nicht einmal einen Wimpernschlag lang. Kraftlos sanken ihre Hände in den Schoß.
    »Wusstest du aber auch«, fuhr er mit großer Selbstgefälligkeit fort, »dass ich vor zwei Jahren einen Hexenhammer für Nürnberg schrieb?«
    Da sie nicht antwortete, legte er ihr die Hand wieder auf den Oberschenkel. Alles in Mechthild schrie auf vor Entsetzen. Sie wollte aufspringen, wollte weglaufen, aber sie konnte es nicht. Ihre gelähmten Beine fesselten sie an diese Bank, und sie war sich nicht einmal sicher, ob sie hätte flüchten können, wenn sie gesund gewesen wäre. Schrei!, kam es ihr in den Sinn. Schrei um Hilfe! Aber was hätte es genützt?
    All die Titel, die er aufgezählt hatte, waren echt. Vor ihr saß ein berühmter und auch einflussreicher Mann, das wusste sie, ohne dass er es ihr eigens hätte sagen müssen.
    Dennoch redete er ungeniert weiter. »Eigentlich bin ich in die Stadt gekommen, um dem Rat mein Buch ans Herz zu legen. Sie missachten es einfach, ist das zu fassen? Sie haben eine Handreichung für die Bekämpfung der größten Gefahr, die der Menschheit jemals gedroht hat, und was tun sie damit? Sie lassen es links liegen!« Er schüttelte betroffen den Kopf. Dann wiederum lächelte er, und diesmal war es ein nachdenkliches, fast ein wenig wehmütig wirkendes Lächeln. »Aber ich bin hier, um ihnen klarzumachen, dass sie gegen die Hexenbrut kämpfen müssen, wenn sie verhindern wollen, dass der Teufel über kurz oder lang die Herrschaft auf Erden übernimmt. Und weißt du auch, welche Hexe ich als Erste ins Loch werfen lassen werde?«
    Mechthild schluckte gegen die Panik an. Sie wollte etwas sagen, aber ihre Stimmbänder waren ebenso gelähmt wie ihre Beine. Heinrich ließ ihren Oberschenkel los, griff stattdessen nach ihrer linken Hand. Unfähig, sich zu rühren, ließ sie ihn gewähren.
    Seine Haut war wärmer als ihre.
    »Sag mir, wo Katharina wohnt!«, forderte er ein zweites Mal.
    »Nein!« Diesmal sprach sie es aus. Und dann, als habe die Panik sich durch göttlichen Einfluss in Kraft verwandelt, wandte sie Heinrich den Kopf zu. »Nein«, wiederholte sie. Sie wusste, was ihre Weigerung zu bedeuten hatte. Mit etwas festerer Stimme sagte sie: »Nur über meine Leiche!«
    Ein feines Lächeln zuckte um seine Mundwinkel. »Nun. Das lässt sich möglicherweise einrichten. Ich habe zwar gesagt, dass Katharina die erste Hexe sein wird, die ich zu verurteilen gedenke. Aber was spricht eigentlich dagegen, dass du die zweite …« Gleichgültig zuckte er die

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