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Madrapour - Merle, R: Madrapour

Madrapour - Merle, R: Madrapour

Titel: Madrapour - Merle, R: Madrapour Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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minderwertigen Geschlechts nur den Abglanz des Titels trägt.) Ganz bei der Sache, fährt er fort: »Ich erlaube mir, zu wiederholen, was Monsieur Blavatski gesagt hat: Indien antwortet auf keine unserer Fragen bezüglich Madrapour. Alles, was wir über Madrapour wissen, stammt von der PRM. Nach Informationen der PRM ist Madrapour ein Staat im Norden Indiens, östlich von Bhutan. Es hat eine gemeinsame Grenze mit China, von dem es angeblich mit Waffen versorgt wird. Laut weiteren Informationen der PRM wollte der Maharadscha von Madrapour 1956 das Gebiet in die Indische Union eingliedern, als seine Untertanen ihn verjagten und sich praktisch unabhängig machten.«
    »Was wollen Sie mit ›praktisch‹ sagen?« fragt Blavatski, dessen Augen hinter den dicken Brillengläsern skeptisch leuchten.
    »Auf jeden Fall ist ›praktisch‹ ein Anglizismus, der nicht viel besagt«, antwortet Caramans mit einem feinen Lächeln, das eher Mrs. Banister als Blavatski gilt. »Außer daß Indien sich möglicherweise keinen endlosen Guerillakrieg mit Rebellen aufbürden wollte, die in einer bewaldeten Hochgebirgsregion leben, wo es vermutlich nicht einmal ein Straßennetz gibt.«
    »Wie? Kein Straßennetz?« Pacaud ist aufs äußerste erregt. »Aber das ist ja schrecklich, wenn es keine Straßen gibt! Wie soll ich da meine Stämme transportieren?«
    »Ihre Stämme?« fragt Mrs. Banister, während sie mit schelmischer und entzückend unbefangener Miene die Augenbrauen hochzieht. Dabei beugt sie sich vor, um Manzoni, durch Robbie halb verdeckt, ihr Profil zuzuwenden, das trotz einer spitzen Nase nicht ohne Reiz ist.
    »Es handelt sich um Baumstämme«, sagt Caramans willfährig. »Monsieur Pacaud importiert Furnierholz.«
    Mrs. Banister nickt wohlwollend und reserviert in Pacauds Richtung, als hätte ihr Verwalter ihr soeben einen tüchtigen Pächter vorgestellt. Aber Pacaud entgeht diese Nuance. Mit hochrotem Schädel und hervorquellenden Augen blickt er voll Besorgnis abwechselnd auf Caramans und Blavatski.
    Blavatski lächelt. Aber in seinen stechenden grauen Äuglein gewahre ich einen Schimmer, der mir zu denken gibt. Blavatski hat seinen Zusammenstoß mit Pacaud nicht vergessen, und trotz seines Lachens, seiner Umgänglichkeit und seiner kindlich-naiven Direktheit ist er ohne Zweifel nicht der Mann, der seinen Groll begräbt.
    »Wie soll ich das wissen?« sagt er und breitet mit Unschuldsmiene seine Arme aus. »Über Madrapour ist so gut wie nichts bekannt. Manche Leute vermuten dort Gold. Andere (messerscharfer Blick zu Caramans) Erdöl. Wieder andere (er verzichtet darauf, Chrestopoulos anzusehen, aber seine kleinen grauen Augen werden hart) Rauschgift. Und Sie, Monsieur Pacaud, Furnierholz. Warum auch nicht?« fährt er fort und breitet seine Arme noch mehr aus. »Wenn Madrapour wirklich existiert, wird es dort sicher auch Wälder geben.«
    »Und Straßen?« fragt Pacaud. »Auch Straßen? Ich brauche unbedingt Straßen! Oder zumindest Wege.«
    »Da verlangen Sie vielleicht ein bißchen viel«, fährt Blavatski mit geheucheltem Bedauern und einer Geste der Hilflosigkeit fort. »Nach meinen Informationen – ohne jegliche Gewähr – landen wir auf einem chinesischen Flugplatz, der sich an der Grenze zu dem neuen Staat befindet. Und von dort bringen uns Hubschrauber nach Madrapour. Sie werden zugeben, das sieht nicht nach Straßen oder Wegen aus.«
    Pacaud wendet sich mit vorwurfsvollen, tadelnden Blicken an Caramans.
    »In einem solchen Falle hätte man mich warnen sollen, und ich hätte mir ein sinnloses Unterfangen erspart«, sagt er mit der Manie der Franzosen, ihrer Regierung zu grollen, sobald sie sich in ihren Geschäften bedroht sehen.
    »Soviel mir bekannt ist, haben Sie uns vor Antritt Ihrer Reise nicht konsultiert«, sagt Caramans kalt.
    »Aber Sie wissen doch so gut wie ich, wie der Hase läuft in den Ministerien«, entgegnet Pacaud bitter. »Man hätte von mir die Unterlagen verlangt, und ich hätte ein halbes Jahr auf die Antwort warten müssen. Nicht gerechnet die Indiskretionen. Ich wollte schließlich nicht Gefahr laufen, einen Konkurrenten zu alarmieren.«
    »In diesem Falle können Sie uns nicht vorwerfen, Sie nicht auf die Unsicherheitsfaktoren Ihres Projekts hingewiesen zu haben. Wir waren ja nicht informiert worden«, sagt Caramans trocken.
    Zufrieden folgt Blavatski mit bleckenden Zähnen diesem unerquicklichen Wortwechsel zwischen den beiden Franzosen.
    Mich setzt nicht ihre Gegnerschaft in Erstaunen,

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