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Madru

Madru

Titel: Madru Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Hetmann
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fühlte sich müde. Ein Gefühl von Ekel und Trauer überkam ihn.
    Dann nahte ein langer Zug. Die Wölfe und Füchse. Es folgten die Baumwesen. Gelichtete Reihen. Unter denen, die da an ihm vorbeiwankten, waren viele verwundet. Die Erde hatte sich aufgetan. Es lockte die Melodie einer Flöte. Ein Trommelwirbel erklang. Durch einen breit klaffenden Spalt stiegen sie alle hinab in die Höhle. Madru lief zwischen den Wölfen, die mit unablässigem Geheul ihre Toten beklagten.
    Dort, wo Fackeln das Dunkel aufhellten, stand Bru an einem riesigen aus Silber getriebenen Kessel, dessen Außenwände Reliefs verzierten. Menschenwesen, die auf Fischen ritten, erkannte Madru, Fabeltiere, einen träumenden Mann, auf dem Kopf ein Geweih, in der einen Hand einen Stab, in der anderen eine gezähmte Schlange.
    Eine Kavalkade von Weiden-Dilldapps sprengte heran, alle mit Fellbündeln auf dem Rücken. Auch die Eber-Jimmies waren plötzlich wieder da und machten sich nützlich. Jede der neun Baumnymphen trug einen Holzeimer voll Wasser herbei und entleerte ihn in den Kessel.
    Bru hob, Ruhe gebietend, die Hand. »Wir haben gesiegt«, rief sie.
    »Der Preis an Opfern, der zu zahlen war, ist hoch. Es hat uns widerstrebt, alle diese Kräfte in einer Schlacht aufbieten zu müssen.
    Wir wollen Frieden. Mit dem Eintauchen in das Wasser der heidigen Quelle Modrigul werde ich kraft meines Amtes als Königin aller Wesen der Anderswelt, als Göttin der Bäume und wilden Tiere, nun all jene wieder zum Leben erwecken, die durch die Habgier der Menschen hingeschlachtet worden sind. Betet für die Seelen unserer gefallenen Kriegerinnen und Krieger wie auch für die unserer toten Feinde. Weil nun aber der Große Wald zweimal Schauplatz so grausamer Geschehnisse geworden ist und weil dadurch das Gleichgewicht von Geburt, Wachstum und Tod gefährlich gestört wurde, bestimme ich, daß von nun an für die Dauer von tausend Jahren nach der Zeitrechnung der Sterblichen keines Menschen Fuß mehr den Großen Wald betreten soll.«
    Sie tauchte ihre linke Hand in den Kessel und schrieb ein Segenszeichen in die Luft. Nun wurde Pelzbündel um Pelzbündel aufgeschnürt und in den Kessel geworfen; sogleich verwandelten sich die Felle wieder in lebendige Tiere. Sie tauchten am anderen Rand des Gefäßes aus dem Wasser auf und stießen Laute des Vergnügens und der Lebensfreude aus. Vom Kesselrand sprangen sie auf den Boden der Höhle und rannten dann eiligst davon, dem Großen Wald entgegen.
    Als so dem Großen Wald sein Reichtum an Pelztieren wiedergegeben und die Menschen für lange Zeit aus ihm verbannt worden waren, sandte Bru Eschen-Orme zu jener Schneise, die die Hundertschaft der Axtträger schon in den Bannwald geschlagen hatte und hieß sie, dort anwachsen. Damit es ihnen aber nicht langweilig werde, und vor allem, damit sie der Liebe nicht entbehren müßten, ließ sie ein paar Heckenrosen-Amazonen, ein paar Holunder-Hulden und ein paar Apfeltruden mit ihnen gehen.
    »Und du ... was wirst du nun tun?« fragte sie Madru, als all dies geregelt worden war.
    »Ich bitte Euch, gebt mir Urlaub.«
    »Wo willst du hin?«
    »Ich will meine Liebste suchen, die der Tod mir entführt hat.« »Sie ist im Totenreich«, sagte Bru, »und dahin kann kein Sterblicher gelangen, solange er noch am Leben ist.«
    »Wenn sie dort ist, will und muß ich auch dorthin. Und ist sie nicht dort, so will ich dorthin, wo sie atmet und lebt, und sei es, daß ich ins Reich des Bösen müßte oder hinauf zu den Sternen.«
    »Ich sehe schon«, sagte Bru, »ich werde dich nicht davon überzeugen können, daß du dich auf etwas Sinnloses einläßt. Ich gebe dir Urlaub. Aber wenn der Große Wald deiner Hilfe bedarf, befehle ich, daß du umgehend an meinen Hof zurückkehrst.«
    »Der uns träumt, schütze Euch und den Großen Wald!«
    »Heute morgen hast du deinen Traum träumen dürfen. Wie hat dir das gefallen?«
    Von Gefallen könne keine Rede sein, erwiderte Madru, er habe durchgehalten.
    »Ich danke dir, mein gehorsamer Ritter«, sagte Bru nicht ohne Spott in der Stimme.
    Er suchte unter den Feenwesen Allwiss. Er erzählte ihm, daß er um Urlaub gebeten und diesen auch erhalten habe. Wie er bei Laune sei, erkundigte sich der Zwerg.
    »Traurig, mißmutig«, erwiderte Madru, zum Krieger sei er nicht geschaffen. »Hab ich nicht einen Wunsch frei? Was weißt du über das Land der Schwarzen Fürsten?«
    Wie es im Totenreich aussehe, wollte ihm Allwiss nicht erzählen, da sei ihm die Zunge

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