Madru
vertraut zu, als ob sie schon alte Bekannte seien. Sie trug zuviel Schmuck auf dem Leib und ihre Bewegungen wirkten linkisch. Ab und zu brach sie, scheinbar ohne Anlaß in ein glucksendes Kichern aus.
Wenn Madru sie ansah, wurde ihm unbehaglich zumute. Sie zeigte eine merkwürdige Mischung von Lüsternheit und Blödigkeit, die ihn abstieß.
Als Vorspeise beim Festessen gab es Austern. Madru hatte noch nie welche zu Gesicht bekommen, geschweige denn gegessen. Um sich nicht zu blamieren, beobachtete er zunächst, wie die anderen sie aßen. Diese graugallertartige Masse, auf die man ein paar Tropfen des Saftes einer gelben Frucht träufelte und dann teuren Pfeffer streute, erinnerte ihn an den Geruch der See und an den Blick von der Düne herab.
Auch das Brot war anders hier. Dünne, graue Platten, die Oberfläche gewellt. Mara kaute mit offenem Mund. Das Krachen drang über den Tisch. Als das Essen vorüber war, hielt der Fürst eine Rede und Lundquist antwortete darauf. Dann kam Ase an die Reihe, der es kurz machte, und ihm antwortete einer von denen mit den Biberhüten. So ging es weiter. Dieser und jener sprach. Madru wunderte sich, wie geschickt es alle verstanden, lange zu reden, ohne dabei irgendetwas von Bedeutung zu sagen; und weil er sich langweilte, trank er zuviel von dem schweren braunen Wein. Es entging ihm nicht, daß die starke Mara immer wieder versuchte, seine Aufmerksamkeit zu erregen. Das nahm er nicht weiter ernst, lächelte nur zurück, weil er nicht unhöflich sein wollte und der leichte Rausch, den er hatte, ihm eine lachende Gleichgültigkeit gab.
Erst gegen Mitternacht wurde die Tafel aufgehoben, und zwar mit einem Trinkspruch.
»Und so erhebe ich mein Glas«, rief Lundquist aus, »auf die segensreiche Vereinigung unserer beiden Häuser, die sich in dieser Nacht vollzieht. Möge sie unserem Land nützen, indem aus ihr viele Nachkommen hervorgehen, tapfere Männer und tugendsame Frauen ...«
Es waren schon merkwürdigere Sätze an diesem Abend gefallen. Madru hob sein Glas und tat dem Kaufmann Bescheid. Er wunderte sich, daß Lundquist, ehe sie tranken, ihm aufmunternd zuzunicken schien. Der Kußhand, die ihm Mara über den Tisch hin zuwarf, maß er ebenfalls keine besondere Bedeutung bei. Zusammen mit Padur ging er in sein Zimmer, fand das Kissen unter seinem Kopf glatt und kühl, das Federbett weich und warm und versank rasch in einen tiefen, traumlosen Schlaf.
Er wurde geweckt von Kommandos, hastigen Schritten und Ausrufen des Erstaunens. Das ganze Haus schien auf den Beinen zu sein. War Feuer ausgebrochen? Im ersten Augenblick begriff Madru nicht, wo er war. Er richtete sich im Bett auf. Zusammen mit Padur war er schlafen gegangen. Padurs Bett dort drüben war leer. Madru schlüpfte schnell in seine Hose. Die Tür stand offen. Er trat hinaus auf die Galerie. Was er sah, ließ ihn vor Schreck erstarren. Es brannten einzelne Kerzen, die den großen Raum des Innenhofes nur mäßig erhellten. Unten, wo am Abend die Tafel gestanden hatte, stand jetzt ein großes Bett. In ihm lag nackt uni( rosig, und sich offenbar ihrer Blöße nicht schämend, die stark( Mara und neben ihr, ein Laken bis ans Kinn hochgezogen, drei schauend wie jemand, den man beim Äpfelstehlen erwischt hat saß im Bett aufgerichtet Padur.
Über Treppengeländer und Brüstung der Galerie lehnten sich Diener, Kammerfrauen und Knechte. Die meisten waren unzureichend bekleidet. Die Nachthauben, Zipfelmützen und langen weißen Nachthemden gaben ihnen das Aussehen von Gespenstern. Um das Bett aber, als bestehe Gefahr, daß jemand daraus entkomme, standen mit gezogenen Schwertern die Türsteher des Lundquist'schen Hauses.
Eben ging eine Tür auf, und Lundquist, angetan mit einem Schlafrock aus schwarzer Seide, sein eisweißes Haar unfrisiert, betrat die Szene, freudig bewegt hob er die Arme und rief aus: »Die Ehe ist vollzogen. Nehmt meinen Segen, meine Kinder.«
Genau gegenüber aber ging nun eine andere Tür auf, aus der Bator hervorstürmte. Er stutzte, streckte den Kopf vor und rief dann verzweifelt: »Verdammt, es ist der Falsche! Es ist Padur. Wie konnte das nur geschehen?«
Sofort begann die starke Mara zu bitten und zu flehen: »Ich will ihn, ich will ihn ... er ist mir recht.« Nachdem sie das sieben-, achtmal leiernd gesagt hatte, entstand eine Pause, und sie fügte fast flüsternd, als vertraue sie allen ein Geheimnis an, hinzu: »Er ist ein so schöner Mann!«
Lundquist und Bator standen sich mit geröteten
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