Maechtig, mutig und genial
Menge mehr oder weniger gut recherchierte romanhafte Biographien, neuerdings einige differenziertere wissenschaftliche Aufsätze in Fachzeitschriften.
Der Film
Manuela Sáenz
des venezolanischen Regisseurs Diego Rísquez aus dem Jahr 2000 ist durchaus zu empfehlen.
LEOPOLDINE VON HABSBURG
BRASILIEN, 1797–1826
Eine Habsburgerprinzessin auf dem portugiesisch-brasilianischen Thron im »tropischen Versailles«, das klingt ein wenig nach Abenteuer und einem Leben in Luxus und Überfluss. Genau dies erhoffte sich vermutlich Leopoldine, als sie in die Ehe mit dem portugiesischen Thronerben Dom Pedro einwilligte. Und sie erlebte Abenteuer und Überfluss, aber es war gepaart mit Leid, Einsamkeit und Erniedrigungen.
Maria Leopoldine Josepha Caroline von Habsburg-Lothringen wurde am 22. Januar 1797 in Wien als fünftes Kind von Kaiser Franz I. von Österreich und dessen zweiter Frau, Maria Theresa von Neapel-Sizilien geboren. Sie wuchs in einer unruhigen Zeit auf, als die Französische Revolution und die Napoleonischen Kriege ganz Europa und sein monarchisches System durcheinanderbrachten. Kurz nach ihrer Geburt erlitt Kaiser Franz eine schwere Niederlage gegen Napoleons Truppen in Italien, und Europa versank in den folgenden Jahren in ständigen Kriegen in wechselnden Koalitionen gegen die Truppen Napoleons. 1806 musste Franz als Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation abdanken, Preußen brach unter dem Ansturm Napoleons zusammen und auf der iberischen Halbinsel fielen die Throne ebenfalls. Dem portugiesischen Königshof allerdings gelang es, vor den herannahenden Truppen der Franzosen 1807/1808 per Schiff zu entkommen und sich in Rio de Janeiro neu einzurichten. Hier blieb man auch, nachdem Napoleon besiegt und Europa nach dem WienerKongress wieder von den, nun allerdings neu aufgestellten, Monarchien beherrscht wurde.
Für Leopoldine war Napoleon der Hauptfeind ihrer Kindertage, und umso mehr schmerzte es sie, als ihre Lieblingsschwester Marie Louise 1810 aus Gründen der Staatsraison mit Napoleon verheiratet wurde. Doch dies war nun einmal das übliche Schicksal einer Prinzessin aus dem Hause Habsburg. Marie Louise blieb allerdings ihre engste Vertraute, und aufgrund der zahlreichen Briefe an sie wissen wir recht viel über das Leben Leopoldines, ihre Gefühle und ihre Interessen. Die gebildete Leopoldine war vielseitig interessiert, vor allem an den neuen Naturwissenschaften. Besonders verfolgte sie die Entwicklungen in der Botanik, der Schmetterlingskunde und der Mineralogie, und gerade diese Vorlieben dürften sie dazu bewogen haben, gar nicht so abgeneigt gewesen zu sein, als auf Drängen des Kanzlers Fürst Klemens Metternich die Verhandlungen mit dem portugiesischen Hof über eine Heirat Leopoldines mit dem Kronprinzen Dom Pedro zu einem positiven Abschluss kamen. Sie freute sich auf ein gewisses Abenteuer fernab vom alten Europa und die Möglichkeit, neue Pflanzen und Mineralien sammeln zu können. Der portugiesische Unterhändler hatte ihr allerdings verschwiegen, dass ihr künftiger Ehemann an epileptischen Anfällen litt und sein Lebenswandel nicht unbedingt demjenigen eines aufgeklärten europäischen Fürsten entsprach. Neben ständigen sexuellen Eskapaden wird er auch als ein wenig grob und ungehobelt in seinen Manieren beschrieben. Allerdings liebte er Musik, und so begann Leopoldine noch vor ihrer Abreise, ihre musikalischen Fertigkeiten zu trainieren und Portugiesisch zu lernen, was ihr angesichts der Tatsache, dass sie schon Französisch, Italienisch und Latein beherrschte, nicht allzu schwer gefallen sein dürfte. Darüber hinaus las sie die Tagebücher Alexander von Humboldts und empfing Naturforscher, die Brasilien bereist hatten.
Im Mai 1817 wurde mit entsprechendem Pomp in der Augustinerkirche in Wien die Ehe per Vollmacht geschlossen, LeopoldinesOnkel Erzherzog Karl fungierte als Repräsentant des Bräutigams. Anschließend machte sich Leopoldine mit großem Gepäck und Gefolge nach Florenz auf, um vom Hafen Livorno aus die Seereise nach Brasilien anzutreten. Hier musste sie allerdings eine Weile ausharren, denn im Norden Brasiliens waren Unruhen ausgebrochen und einige Politiker, unter ihnen die Schwiegermutter Carlota Joaquina, die für ihre politischen Intrigen bekannt war, versuchten aus diesem Anlass, den für seine »wahnsinnige« Mutter regierenden Prinzregenten João VI. zu bewegen, den Regierungssitz wieder in das inzwischen befreite Lissabon zurückzuverlegen. Denn
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