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Maechtig, mutig und genial

Maechtig, mutig und genial

Titel: Maechtig, mutig und genial Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Karnofsky
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Lynch gegen den ehemaligen Militärarzt in paraguayischen Diensten, den Schotten Dr. William Stewart, dem sie angeblich größere Geldbeträge und Schecks anvertraut hatte, als er das Land verließ. Stewart jedoch behauptete, das Geld nie erhalten zu haben und die entsprechende Quittung nur unter Druck unterschrieben zu haben.
    Elisas rechtlicher Status war ebenfalls prekär, denn sie war praktisch staatenlos. Gegen Ende des Krieges hatte sie bereits um den Schutz der britischen Krone nachgesucht, diese hatte aber versucht, ihn ihr wegen der Heirat mit dem FranzosenQuatrefages zu verwehren. Die französische Staatsbürgerschaft konnte sie allerdings nicht beanspruchen, zumal ihre damalige Heirat nach französischem Recht ungültig war. In Paraguay war sie nun
persona non grata
, so dass sie dessen Staatsangehörigkeit nicht mehr erhielt. Sie begab sich zunächst nach England, wo ihr jüngster Sohn kurz nach der Ankunft starb, ging aber auch immer wieder nach Paris. Noch, so scheint es, hatte sie genug Vermögen, um einen gewissen Lebensstandard aufrecht zu erhalten, doch das Geld ging unausweichlich zur Neige.
    Die rechtliche Situation ihres Besitzes war verworren, da die Konfiskationsdekrete vor der Annahme der neuen Verfassung erlassen und vom Präsidenten anschließend für nicht verfassungskonform erklärt worden waren. Vor allem aber hatte der spätere Präsident Juan Bautista Gill, noch bevor er dieses Amt erreicht hatte, Elisa Lynch Unterstützung zugesagt. Auch andere wichtige paraguayische Politiker hatten während eines Europaaufenthaltes Kontakt mit ihr aufgenommen und ebenfalls versucht, ihr die Rückkehr nach Asunción zu ermöglichen, vermutlich, weil sie versprochen hatte, ihnen dort die Verstecke der angeblich vergrabenen Schätze zu zeigen, an deren Existenz man immer noch glaubte. Elisa versuchte daher, zusammen mit ihrem Sohn Enrique, 1875 persönlich in Paraguay für die Durchsetzung ihrer Ansprüche zu sorgen, doch die erbitterte Feindschaft der Damen der Oberschicht vertrieb sie sofort wieder. Elisa Lynch gab jedoch nicht auf. Nachdem sie erkannt hatte, dass es für sie selbst keine Möglichkeiten mehr gab, an den Besitz zu gelangen, überschrieb sie die Titel Enrique. Nach Paraguay zurückgekehrt, beschäftigte dieser noch eine Weile die Gerichte und errang schließlich einen Teilerfolg, den Elisa selbst aber nicht mehr erlebte. Enrique sowie sein Bruder Carlos kehrten schließlich dauerhaft nach Paraguay zurück, Enrique wurde immerhin paraguayischer Senator.
    Die Spuren von Elisa Lynch, die sich zeitweise nun auch Elisa Lynch López nannte, verlieren sich in den folgenden Jahren.Bekannt ist nur noch, dass sie drei Jahre auf einer Pilgerreise in Jerusalem und Konstantinopel verbrachte und anschließend als ehrbare, wenn auch nicht sonderlich begüterte Witwe in Paris lebte. Sie starb am 25. Juli 1886 im Alter von vermutlich 52 Jahren.
    Einige Jahrzehnte später erwachte das Interesse an Madame Lynch in Paraguay erneut. Der Krieg und der zunächst als »Tyrann und Barbar der Menschheit« verdammte Francisco Solano López wurden zum Symbol nationaler Einheit und Tapferkeit, woraufhin auch eine Rehabilitation von Elisa Lynch einsetzte. Wäre sie keine Ausländerin und mit Francisco Solano López verheiratet gewesen, so hätte sie zur »Mutter der Nation« avancieren können, so jedoch blieb ihr Status zwiespältig. 1961 ließ der langjährige paraguayische Militärdiktator Alfredo Stroessner im Zuge der Rehabilitation des ehemaligen Präsidenten und einer Neubewertung des Krieges, Elisas sterblichen Überreste nach Paraguay holen, doch konnte sie nicht an der Seite von Francisco Solano López im
Panteón de los Héroes
(dt.: Helden-Pantheon) bestattet werden – Kirchenvertreter hatten sich energisch dagegen gewehrt, eine »Ehebrecherin« in einem auch der Anbetung der Jungfrau Maria gewidmeten Raum zu ehren. Sie erhielt daraufhin ein eigenes Mausoleum auf dem Friedhof La Recoleta neben ihrer jung gestorbenen Tochter Corina. Ob sie nun eine allzu ambitionierte Mätresse mit fatalem Einfluss auf den paraguayischen Präsidenten gewesen ist oder eine liebende, sich für Mann und Kinder aufopfernde Frau, ist eine Frage, über die sich die Paraguayer und Paraguayerinnen, aber auch Biographen und Romanciers anderer Länder, noch immer streiten.
Ausgewählte Literatur:
    Stellvertretend für die zahlreichen Biographien, die in der Grauzone zwischen Roman und Biographie angesiedelt sind, sei hier die

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