Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Maechtig, mutig und genial

Maechtig, mutig und genial

Titel: Maechtig, mutig und genial Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Karnofsky
Vom Netzwerk:
Eigenleistung. Sie verbesserte den öffentlichen Personennahverkehr durch eine Modernisierung der Busflotte, aber sie stoppte einige von ihrem Vorgänger begonnene Straßenbauprojekte, denn der Individualverkehr stand nicht auf ihrer Prioritätenliste. Ihr Nachfolger Paulo Maluf warf das Ruder dann wieder herum. Auf Betreiben der Familienangehörigen von Verschwundenen der Militärdiktatur richtete sie zudem eine Kommission ein, die nach den Leichen der Opfer der Todesschwadronen der Militärs suchte und sie identifizierte.
    Auf die Frage, was sie heute besser machen würde, meinte sie, dass sie gegenüber dem Stadtparlament offener sein und vor allem mehr Bürgerbeteiligung zulassen würde.
    2010 wurde sie in letzter Instanz vom Obersten Gerichtshof dazu verurteilt, 353.000 Reis (ca. 155.000 Euro) an die Stadtkasse von São Paulo zurückzuzahlen. Sie hatte 1989 mit öffentlichen Geldern eine Anzeigenserie in der Tageszeitung
Folha de São Paulo
finanziert, mit der zum Generalstreik der Transportarbeiter aufgerufen wurde.
    1996 und 2000 kandidierte Erundina erneut für das Bürgermeisteramt von São Paulo, wurde aber nicht noch einmal gewählt.
    Nach Beendigung ihrer Amtszeit holte sie Präsident Itamar Franco (1992–1994) von der bürgerlichen
Partido Movimento Democrático Brasileiro
(PMDB, dt.: Partei der brasilianischen demokratischen Bewegung) als Ministerin für die Bundesverwaltungin sein Kabinett. Die PT, die sich in der Opposition befand, erkannte Erundina daraufhin zunächst für ein Jahr ihre Rechte und Pflichten in der Partei ab, weil sie gegen die Parteidisziplin verstoßen und die Entscheidung der Partei, in Opposition zu Franco zu gehen, missachtet hatte. Sie hatte sich dazu entschlossen, weil sie der Ansicht war, dass Franco Unterstützung verdiente, hatte die PT doch dazu beigetragen, den korrupten Präsidenten Fernando Collor de Mello (1990–1992) über ein Impeachment-Verfahren des Amtes zu entheben. Franco war Collors Vizepräsident und verfassungsmäßiger Nachfolger.
    1997 trennte sich Erundina dann schließlich von der PT, die sie selbst mitgegründet hatte und der sie nach eigenen Worten viel verdankt. Sie bezeichnet dies als die schwierigste Entscheidung ihres Lebens, die sie ein Jahr lang fast in eine existentielle Krise gestürzt hat. Sie hat sogar eine Weile überlegt, sich aus der Politik zurückzuziehen, kam dann jedoch zu dem Schluss, dass eine Partei nur das Mittel, und nicht das Ziel sei. Sie hatte damals das Gefühl, dass sich einiges ändern müsse in der PT, dass diese sich ideologisch öffnen sollte. In den Anfängen hatte Erundina immer zum radikalen Flügel der Arbeiterpartei gehört und als Trotzkistin gegolten.
    Sie schloss sich dann der
Partido Socialista Brasileiro
(PSB, dt.: Sozialistische Partei Brasiliens) an, für die sie seit 1998 viermal ins Parlament gewählt wurde. Die PSB, und mit ihr Erundina, unterstützten die erste Präsidentschaftskandidatur von Lula 2002. Bei Lulas zweiter Kandidatur 2006 war die PSB in Lula-Anhänger und -Gegner gespalten, Erudina zählte zu letzteren. 2010 unterstützten sie und ihre Partei dann aber die PT-Kandidatin Dilma Rousseff ( S. 131 ).
    Erundina ist ein kritischer Geist geblieben: 2006 protestierte sie gegen eine Erhöhung der Abgeordnetendiäten um 91 Prozent. 2008 hätte sie gern als Vizebürgermeisterin für »ihre« Stadt kandidiert, auf der Liste von Marta Suplicy von der PT, doch ihre Partei zog nicht mit. 2010 kämpfte sie in der eigenenPartei gegen die Unterstützung eines Unternehmers bei den Bürgermeisterwahlen. Heute bemüht sie sich um Koordinierung der »Frauen-Fraktion« im Abgeordnetenhaus und setzt sich für mehr Frauen im Parlament ein. Präsidentin Dilma Rousseff, so meint Erundina, habe man auch gewählt, weil sie eine Frau ist. Als sie Bürgermeisterin von São Paulo wurde, wählte man sie noch, obwohl sie eine Frau war. Sie erinnert sich, dass es damals viele Versuche gab, sie zu boykottieren, und sie sei auch Opfer von Aggressionen gewesen. Sogar einen Brief mit Fäkalien habe man ihr geschickt. In der Rückschau sieht sie sich durchaus als Pionierin, denn ihre Wahl zur Bürgermeisterin der größten Stadt des Landes habe viele Frauen in Brasilien dazu gebracht, politisch aktiv zu werden.
Ausgewählte Literatur:
    Webseite von Luiza Erundina. Enthält ausgewählte Reden und politische Aktivitäten der Parlamentsabgeordneten. Auf: http://www.deputadaluizaerundina.com.br , 11.5.2012.
    Semira Adler Vainsencher:

Weitere Kostenlose Bücher