Maechtig, mutig und genial
führte jedoch zur Schaffung von 40 000 Arbeitsplätzen auf brasilianischen Werften, brachte dem Land technisches Know-how und eine weltweit konkurrenzfähige Schiffbauindustrie.
Zudem initiierte sie das Programm
Luz Para Todos
(dt.: Licht für alle), dessen Ziel es ist, bis zum Jahr 2015 sämtliche brasilianischen Haushalte an die Stromversorgung anzuschließen. Bis November 2011 waren bereits 2,9 Millionen Haushaltearmer Familien vor allem in abgelegenen ländlichen Regionen elektrifiziert.
Als Präsidialamtsminister José Dirceu im Juni 2005 über einen Korruptionsskandal fiel, ernannte Lula am 21. Juni Dilma Rousseff zu dessen Nachfolgerin. Ihm habe gefallen, dass sie es geschafft hat, eine neuerliche Energiekrise abzuwenden und dass sie in der Lage ist, etwas auf die Beine zu stellen, so ein anderer Minister, Franklin Martins, über Lulas Entscheidung. Mit Dilma sei die Ernsthaftigkeit in das Präsidialamt eingezogen, kommentierte sogar Pedro Simon, ein Senator der Opposition. Die US-Botschaft soll damals nach Washington gekabelt haben, dass sie eine detailverliebte Technokratin mit Prestige sei und ein
workaholic
, dass ihr aber politisches Taktgefühl fehle, wenn sie sich immer gleich an die Spezialisten wendet und deren Chefs übergeht.
2007 legte Präsident Lula das
Programa de Aceleração do Crescimento
(PAC, dt.: Wachstumsbeschleunigungsprogramm) vor und bezeichnete Dilma als dessen Mutter. Das PAC sah Investitionen in Höhe von 183 Milliarden Euro in die Infrastruktur, in die Energieversorgung und in die Stadtsanierung vor. Es war nicht nur mit Blick auf die Kandidatur für die Fußballweltmeisterschaft 2014 und die Olympischen Spiele 2016 aufgelegt worden, sondern sollte die infrastrukturellen Voraussetzungen für Brasiliens Aufstieg zum
global player
schaffen. Inzwischen wurde PAC 2 aufgelegt.
2007 wurde zum ersten Mal darüber spekuliert, dass Dilma Rousseff Brasiliens erste Frau im Palácio do Planalto, Brasiliens Präsidentenpalast, werden könnte und sie selbst sagte, ihr sei die Idee sympathisch. Offiziell zur Kandidatin der Arbeiterpartei gekürt wurde sie aber erst auf deren Kongress am 13. Juni 2010. Sie war nicht nur Lulas Favoritin, sondern erhielt auch die Unterstützung vieler bekannter Persönlichkeiten, so von dem Sänger Chico Buarque, dem Architekten Oscar Niemeyer oder dem Befreiungstheologen Leonardo Boff.
Am 25. April 2009 kamen dann Zweifel auf, ob Rousseffüberhaupt würde kandidieren können, denn sie erkrankte an Lymphdrüsenkrebs. Bei einer Routineuntersuchung war ein Knoten in der linken Achselhöhle festgestellt worden. Sie unterzog sich einer Chemotherapie, deren Folge eine Muskelentzündung in den Beinen war. Bis Dezember zeigte sie sich mit einer Perücke, über die sie öffentlich Scherze machte. Ende September erklärten ihre Ärzte sie für geheilt. Ende März 2010 gab sie ihren Posten als Präsidialamtsministerin ab und stürzte sich in den Wahlkampf.
Im Laufe der Kampagne musste sie aufgrund des Drucks der katholischen Kirche von ihrer Forderung nach einer generellen Legalisierung der Abtreibung Abstand nehmen und zog sich auf das geltende brasilianische Recht zurück, das Aborte nur erlaubt, wenn Gefahr für das Leben der Mutter besteht oder die Schwangerschaft Folge einer Vergewaltigung ist. Ihre Gegner versuchten den Positionswechsel auszuschlachten, doch vergeblich. Im ersten Wahlgang wurde sie stärkste Kandidatin und erhielt 46,91 Prozent. In der Stichwahl am 31. Oktober 2010 konnte sie mit 56,05 Prozent ihren Gegenkandidaten José Serra von der sozialdemokratischen PSDB
(Partido da Social Democracia Brasileira)
deutlich schlagen. Dilma Rousseff ist von 55,75 Millionen Brasilianern zur neuen Präsidentin gewählt worden.
Sie erklärte die Abschaffung der extremen Armut zu ihrem vordersten Ziel. Rund 16,3 Millionen Menschen, 8,5 Prozent der BrasilianerInnen, müssen mit weniger als umgerechnet 30 Euro im Monat auskommen. Dilma versprach weiteres Wirtschaftswachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen, eine Verbesserung der öffentlichen Dienstleistungen und mehr öffentliche Ausgaben sowie eine Kontrolle der Inflation, und sie bekannte sich zur Demokratie, zur Presse- und Religionsfreiheit sowie zu mehr Gerechtigkeit für die Frauen. Ihr erstes Interview gab sie nicht, wie es Tradition war, den Medien des
Globo
-Imperiums, sondern zwei Journalistinnen von
Rede Record
, einem Medienkonzern, der Edir Macedo Becerra, demGründer der einflussreichen
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