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Maechtig, mutig und genial

Maechtig, mutig und genial

Titel: Maechtig, mutig und genial Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Karnofsky
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geschlagen. Aber das war nichts im Vergleich zu dem, was andere durchmachen mussten«, erklärte Michelle später dazu. Nach einigen Tagen werden die beiden Frauen in das Folterzentrum Cuatro Alamos überführt, bis sie Anfang Februar ins Exil gingen.
    Ángela Bachelet wurde des Landes verwiesen, und ihre Tochter begleitete sie: »Ich wollte nicht, dass sie sich aus Angst um mich in ihrem Engagement für die Demokratie zurückhielt«, begründete Michelle dies einmal. Sie waren Dank der Hilfe von General Osvaldo Croquevielle Cardemil, dem Ehemannvon Alberto Bachelets Schwester Alicia freigekommen. Zwar war auch er am Tag des Putsches aus den Streitkräften entlassen worden, doch er setzte sich bei Juntamitglied General Leigh und beim Innenminister für Frau und Tochter seines Schwagers ein.
    Zunächst flogen sie nach Australien, nach Sydney, wo Michelles älterer Bruder Alberto (er verstarb 2001 im Alter von 54 Jahren in San Francisco) seit 1969 als Computerfachmann lebte. Im Mai 1975 brach Michelle dann nach Ostberlin auf, die Mutter folgte ihr vier Wochen später. Michelles damaliger Freund Jaime López war von der Sozialistischen Partei in die DDR entsandt worden und hatte sie gedrängt, ebenfalls dorthin zu kommen. Doch es zog sie auch dorthin, weil sie Mitglied der Führung der Sozialistischen Jugend war und diese sich in der DDR eingerichtet hatte. López kehrte nach Chile zurück und verschwand dort spurlos. Es wird vermutet, die DINA habe ihn »umgedreht«, doch sein Schicksal ist bis heute ungeklärt.
    Michelle geht zunächst nach Leipzig, um am Herder-Institut der Karl-Marx-Universität Deutsch zu lernen. Dort trifft sie den etwas älteren Architekturstudenten Jorge Dávalos, der dem Zentralkomitee der Sozialistischen Partei Chiles angehört und bereits seit 1974 in der DDR lebt. Sie heiraten 1977, 1978 wird der gemeinsame Sohn Sebastián geboren. Und ihre Mutter, die eine Weile am Naturkundemuseum in Potsdam gearbeitet hat, zieht nach Washington D.C., um dort die Lobby-Arbeit für Chiles Rückkehr zur Demokratie fortzusetzen. Im September 1978 erhält Michelle, die mit der Familie am Stadtrand von Potsdam, im Neubauviertel »Am Stern«, lebt, einen Studienplatz an der Humboldt-Universität in Berlin.
    Sie erinnert sich, dass es keine leichte Zeit war, jeden Tag von Potsdam nach Berlin zu fahren und ein Baby zu betreuen, das tagsüber in der Krippe war. Aber sie erinnert sich auch an einige hervorragende Professoren, sowie an viele Dinge, zu denen die Studenten der DDR Zugang hatten, die es in Chilenicht gab, wie etwas Stipendien für Bücher und Lehrmaterial. Die Humboldt-Universität verlieh ihr 2006 die Ehrendoktorwürde.
    Als sich die Exil-Partei 1978 in den Erneuerungsflügel um Parteichef Carlos Altamirano und den der marxistischen Hardliner von Ex-Außenminister Clodomiro Almeyda teilte, schlug sie sich letzterem zu, weil er die Konfrontation mit dem Pinochet-Regime suchte. Doch sie war von der Unfähigkeit der Führung zur Einigkeit und zur Organisation von gemeinsamen Aktionen enttäuscht und war deshalb in der DDR nicht politisch aktiv.
    Im Februar 1979 kehrte die Familie nach Chile zurück, nachdem Luftwaffengeneral Fernando Matthei, der Nachfolger von Leigh in der Regierungsjunta, ihnen die Erlaubnis erteilt hatte. Michelle und ihr Mann waren zunächst arbeitslos, doch dann nahm sie ihr Studium wieder auf. Sie machte 1982 ihr Examen als Kinderchirurgin mit Spezialgebiet Epidemiologie und absolvierte anschließend ein praktisches Jahr in Kinderheilkunde. Als sie sich dann um eine Stelle im öffentlichen Gesundheitswesen bewarb, wurde sie aus politischen Gründen abgelehnt, obwohl sie nicht parteipolitisch aktiv war. Allerdings nahm sie an Protestaktionen teil und stand der
Vicaría de la Solidaridad
nahe, einer von der katholischen Kirche gegründeten Hilfsorganisation für die Opfer der Diktatur, in der ihre Mutter mitarbeitete. Sie bekam dann jedoch von der Ärzte-Vereinigung ein Stipendium am Hospital del Río, wo sie sich vier Jahre lang in Kinderheilkunde und Öffentlicher Gesundheit spezialisieren konnte. Auch wirkte sie bis 1990 in einer Nichtregierungsorganisation mit, die Kindern von Opfern der Diktatur half. Öffentlich trat sie jedoch nicht in Erscheinung.
    1984 wird Tochter Francisca geboren, doch zwischen den Ehepartnern läuft es nicht gut. 1985 trennen sie sich. Etwas später geht Michelle dann eine Beziehung mit dem Ingenieur Álex Vojkovic ein, der nicht nur Mitglied der

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