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Mädchen im Moor

Mädchen im Moor

Titel: Mädchen im Moor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Reihe und trug einen Sack über der Schulter. Ihr rotes Haar quoll unter dem Kopftuch hervor, und es war eigentlich nur dieses Haar, das Willi sie erkennen ließ. Solche Haare hat nur die Hilde, dachte er, und sein Herz schlug heftig. Er preßte sich in die dichten Büsche und verhielt sich völlig bewegungslos.
    Hedwig Kronberg hielt an. Das Ziel war erreicht, das Sammeln von Reisig konnte beginnen. Eine weitere Aufsicht war nicht nötig, rund um den Wald lag der Sumpf, ein natürlicher Wall, über den es keinen Steg gab. Die Mädchen wußten es; außerdem bestand die Reisigkolonne nur aus solchen Mädchen, denen nie der Gedanke gekommen wäre, aus der Sicherheit von Wildmoor wegzulaufen.
    Pfeifen-Willi wartete, bis sich die Mädchen verteilt hatten. ›Was mach ich, wenn Hilde entgegengesetzt sucht‹, dachte er. ›Was mach ich überhaupt, wenn mich ein anderes Mädchen entdeckt?‹ Er musterte die Gestalt in den Kopftüchern und fand heraus, daß niemand ihn verraten würde, sondern daß es im Gegenteil schwer werden würde, sich der explodierenden Zärtlichkeit zu erwehren. Er seufzte wieder und beobachtete mit jagendem Puls, wie Hilde auf sein Waldstück zuging, den Sack durch den Schnee hinter sich herziehend. Sie hat sich nicht verändert, dachte er. Sie ist schön wie die Sünde selbst … daß so etwas eine solche Mutter haben kann wie die Lotte, das ist einfach unverständlich!
    Als Hilde Marchinski auf der Höhe seines Busches war, versuchte es Willi mit einem leisen »Psst! Psst!« Da sie es nicht hörte, denn die Mädchen sangen noch immer, steckte er die Finger zwischen die Zähne und stieß einen Pfiff aus, der einmal als Zeichen gegolten hatte, wenn Hilde beim Kassieren Schwierigkeiten hatte. Dann tauchte jedesmal Willi auf, zeigte dem Kunden seinen Schlagring, und es hatte bisher keinen gegeben, der dieses Argument nicht überzeugend fand.
    Hilde blieb mitten im Schnee stehen, als sie den kurzen Pfiff hörte. Es war, als hielte sie ein Magnet im Schnee fest … sie hob den Kopf, witterte, sah sich rundum und legte die rechte Hand auf die Brust.
    Willi grinste. Den kennt se noch, dachte er zufrieden. Er pfiff noch einmal und raschelte im Gebüsch. Hildes Kopf flog herum.
    »Willi –«, sagte sie tonlos.
    »Hier …« Willi bog schnell die Zweige auseinander und ließ sie dann wieder zusammenschnellen. Hilde sah sich zu Hedwig Kronberg um. Die Hausmutter 1 saß auf einem Baumstumpf in der Sonne und genoß den schönen Morgen.
    »Komm her …«, sagte Willi halblaut. Hilde senkte den Kopf und kam langsam auf das Versteck zu.
    »Du bist verrückt, Willi … was soll das?«
    Sie blieb vor dem dichten Gebüsch stehen und legte den Sack über die Zweige.
    »Ich mußte dich sehen, Kleines. Ich hab's nich ausjehalten. Ick will mit dir abhauen …«
    »Blödsinn …«
    »Nach Köln.«
    »Und wenn se mich schnappen, wat dann? Nee, ich mache meine Zeit ab.«
    »Drei Jahre? Biste meschugge?!«
    »Bei guter Führung wird die Hälfte erlassen auf Bewährung.«
    »Mensch, Hilde … achtzehn Monate im Moor! Ohne mir … det hältste doch nich aus. Ick weeß doch, wieste uff die Männer stehst …«
    »Halt's Maul!« sagte Hilde grob. Sie atmete heftig. Was sie immer geträumt hatte, was in den Nächten wollüstig über sie herfiel … nun war es Wirklichkeit. Willi war da. Sie spürte, wie es in ihr heiß wurde, wie sie die Kälte des Wintermorgens nicht mehr wahrnahm, sondern nur eine Glut, die von den Zehen bis zu der Kopfhaut reichte. Sie atmete ein paarmal tief durch und ballte die Fäuste vor innerer Erregung.
    »Ich geh nich mit …«, sagte sie hart. »Und wenn ich rauskomme, lebe ich anständig …«
    »Du jrüne Neune!« Willi pochte gegen den Sack, der vor ihm hing. »Nu sag bloß, dich haben se jebessert.«
    »Genau das!«
    »Und ick?«
    »Du mußt dich auch umstellen.«
    »Vielleicht uf's Boulettenbraten?!«
    »Das wäre gar kein schlechter Beruf.«
    »Komm her, Hilde«, sagte Willi zärtlich. »Komm in'n Busch … ick muß dir küssen …«
    »Das fällt auf, Willi.«
    »Nur 'ne Minute. Anpacken will ick dir, dir drücken … wenn ick dir sajen könnte, wie ick mir jesehnt habe …«
    Hilde Marchinski sah sich um. Hedwig Kronberg las in einem Buch, die anderen Mädchen bündelten Zweige. Sie ließ den Sack über den Busch hängen, schlüpfte seitlich in die Zweige und fiel in die offenen Arme Willis.
    Dann war eine Zeitlang gar nichts. Sie küßten sich stumm, drückten sich aneinander, fühlten jeder

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