Mädchen im Schnee
nicht einmal die Jacke ab, setzte sich an den Schreibtisch und wählte Christers Durchwahl.
»Berglund.«
»Guten Morgen, Berglund. Hansson hier.«
»Hallo, Magda.«
Magdalena nahm die Mütze ab und legte sie auf den Zeitungsstapel.
»Ich habe einen richtig guten Tipp, aber bevor ich weitermache, will ich erst mal eine Sache klarstellen. Wenn du dir noch irgendwelche Garstigkeiten leistest, lege ich sofort auf und rufe stattdessen einen deiner Kollegen an. Urban Bratt zum Beispiel, der scheint ja kompetent zu sein.«
»Jetzt klingst du genau wie die Magda, die früher immer mit meiner Schwester auf die Rolle gegangen ist«, sagte Christer, und Magdalena konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. »Tut mir ja leid, dass ich neulich etwas hart zu dir war. Was hast du auf dem Herzen?«
»Im Abbortorpsvägen scheint in einem der Häuser, die abgerissen werden sollen, ein Bordell in einer Wohnung zu laufen.«
Christer stieß einen leisen Pfiff aus.
»Verdammt. Woher weißt du das?«
»Hundert Prozent sicher bin ich natürlich nicht, aber es gibt einiges, was darauf hinweist. Der Großvater von Jeanette Modin ist gestern gestorben. Er hat im selben Haus im Erdgeschoss gewohnt. Jeanette hat erzählt, dass Tore oft Streit und Geschrei aus der oberen Wohnung gehört hatte. Und als ich gestern dort war, sind drei junge Mädchen mit dem Auto gebracht worden, das von einem Mann gefahren wurde. Sie sahen nicht so aus, als kämen sie von hier. Also habe ich mich im Treppenhaus versteckt und gesehen, wie mehrere Männer in die Wohnung gekommen sind.«
Magdalena überlegte, ob sie erzählen sollte, dass sie die Treppe heruntergestoßen worden war, entschied sich aber dagegen.
»Das klingt ganz so, als ob wir da mal nachschauen sollten«, sagte Christer so freundlich wie seit Langem nicht.
»Das glaube ich auch«, sagte Magdalena. »Wie läuft es denn mit den Mordermittlungen? In der LT habe ich etwas von dunklen Volvos gelesen.«
»Tja, das war wohl leider eine Niete. Wir treten immer noch auf der Stelle.«
»Und Hedda? Habt ihr was Neues?«
»Nein.«
Magdalena hatte das Gefühl, dass Christer zögerte.
»Sicher? Gar nichts?«
»Du wirst es erfahren, sowie etwas geschieht. Das verspreche ich dir.«
»Danke, Christer.«
Christer legte auf. Magdalena war ja eigentlich ganz in Ordnung, wenn sie sich mal ins Zeug legte.
Christer nahm seine Notizen von dem Telefongespräch mit in die morgendliche Besprechungsrunde. Er war als Erster im Konferenzraum und setzte sich auf seinen angestammten Platz.
»Du siehst ja fit aus«, murmelte Petra müde und setzte sich neben ihn.
»Keine Ahnung, ob ich das bin, aber ich habe eben einen Tipp bekommen, dem wir nachgehen sollten.«
Christer hätte gern noch mehr von dem erzählt, was er durch Magdalena erfahren hatte, doch Sven Munther und Urban Bratt kamen herein.
»Aha«, sagte Munther. »Wie geht’s uns denn heute? Haben die Volvos was ergeben?«
»Leider noch nicht«, antwortete Christer. »Aber ich habe eben den Tipp bekommen, dass im Abbortorpsvägen 12 in einer Wohnung möglicherweise ein Bordell betrieben wird.«
Munther sah ihn über seine Lesebrille hinweg interessiert an.
Christer fasste sein Telefongespräch mit Magdalena zu sammen, und zum ersten Mal seit Langem war ihm Urban auf der anderen Seite des Tisches völlig gleichgültig.
»Interessant«, sagte Munther. »Das muss man sagen.«
»Warum wir aber auch noch gar nicht in die Richtung gedacht haben, dass das tote Mädchen vielleicht Prostituierte gewesen sein könnte«, sagte Petra.
»Tun wir das denn jetzt?«, fragte Munther und sah sie an.
»Ich finde, dass wir das auf jeden Fall in Erwägung ziehen sollten. Wenn sie Opfer eines Zuhälters ist, dann würde das zumindest erklären, warum niemand sie kennt, und sie nicht vermisst gemeldet worden ist.«
Munther nickte und sagte:
»Wie verfahren wir jetzt damit? Was meint ihr? Irgendwelche Ideen?«
»Was die Bordellgeschichte angeht, ist es wichtig, dass wir einiges in der Hand haben, bevor wir da hineinstürmen«, sagte Petra. »Die Zusammenarbeit mit minderjährigen Prostituierten ist nicht leicht, vor allem, wenn sie Opfer von Menschenhändlern sind. Sie haben oft Angst vor Rache und weigern sich auszusagen.«
Sie beugte sich vor und fuhr fort:
»Ich finde, wir sollten hinfahren und die Sache diskret sondieren. Wir könnten den Müll nach Beweisen durchsuchen oder ein paar Bilder machen.«
Christer stimmte ihr zu.
»Das können Petra und ich
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