Mädchen Nr. 6: Thriller (German Edition)
hielt kurz inne, da er selbst kaum fassen konnte, was er als Nächstes sagen würde. »Wir glauben, dass möglicherweise im Namen der Stiftung illegale Adoptionen ermöglicht wurden – hier in den Staaten.«
Robin wurde leichenblass. » Sie glauben das auch?«, fragte sie. »Ich könnte ja verstehen, wenn das FBI solch einen Verdacht hegt, aber Sie? «
»Ich denke, dass da etwas dran sein könnte, Robin.«
Dani mischte sich ein. »Es ist sogar sehr wahrscheinlich. Ich kann Ihnen auf der Stelle die Namen von vier jungen Frauen nennen, die ihre Babys verkauft haben und danach verschwunden oder umgekommen sind. Und mindestens einer der Säuglinge ist von OCIN vermittelt worden.«
Robin sah Mitch an. »Wir vermitteln aber keine Säuglinge innerhalb der Vereinigten Staaten.«
»In dem Fall schon.«
Robin stand auf, ging zum Fenster und sah hinaus. »Erzählen Sie mir mehr davon.«
Mitch folgte der Aufforderung, und als er geendet hatte, setzte sich Robin an ihren Computer und rief die Akte von Alana und Robert Kinney auf.
Mitch und Dani kannten den Inhalt, lasen aber noch einmal, was dort verzeichnet war. Dann fragte Mitch: »Erinnern Sie sich an dieses Paar?«
Robin schüttelte den Kopf. »Ich erinnere mich an keines unserer Paare«, erwiderte sie mit einer gewissen Traurigkeit in der Stimme. »Ich bin so etwas wie das Aushängeschild der Organisation, wissen Sie. Ich sammle die Gelder und mache die Aufklärungsarbeit. Die anderen tun wirklich etwas.«
Mitch wusste genau, wie sie sich fühlte.
»Wer von Ihren Angestellten wäre denn am wahrscheinlichsten in der Lage zu erkennen, dass etwas mit den Akten nicht stimmt?«, fragte Dani.
»Gary Schmidt«, antwortete Robin, ohne zu zögern. »Er kennt sich besser als alle anderen mit der Gesetzgebung der einzelnen Länder aus. Außerdem kümmert er sich um die Reisevorbereitungen und -unterlagen der Paare.«
»Reisevorbereitungen?«, hakte Dani nach.
»Wenn man ein Kind aus dem Ausland adoptieren will, ist das stets mit Reisen in das betreffende Land verbunden. Das Baby der Kinneys stammt aus der Ukraine. Die Landesbestimmungen sehen vor, dass das Paar das Kind vor Ort kennenlernt. Wenn ein paar Wochen später grünes Licht erteilt wird, können sie dann ihn oder sie mit nach Hause nehmen.«
Dani stand ohne ein weiteres Wort auf und trat in den Flur hinaus. Sie blieb zehn Minuten lang verschwunden, währenddessen sich Mitch und Robin über verschiedene Adoptionsmodalitäten unterhielten.
»Was war denn los?«, fragte Mitch, als Dani zurückkehrte.
»Alana Kinneys Nachbarin sagte mir, dass Alana nicht gern reist. Also habe ich Tifton gebeten, über den Zentralcomputer die Pässe zu checken. Rate mal, wer noch nie in seinem Leben in der Ukraine gewesen ist.«
39
M onika hatte einen Plan. Er war nicht gerade ausgefeilt, aber auf die Schnelle fiel ihr nichts anderes ein.
Sie hatte jeden Winkel des Zimmers nach etwas Brauchbarem durchsucht, das sie als Hebel oder Keil benutzen konnte. Nichts. Schließlich hatte sie angefangen, im Bad an einer Ecke des Spiegels zu kratzen, der allerdings so fest in dem Holzrahmen steckte, dass ihre Finger völlig zerschunden gewesen wären, bevor sich auch nur ein Splitter gelöst hätte. Monika hatte sich aufgerichtet und sich den Spiegel genauer angesehen. Und schließlich war ihr der Plan eingefallen. Aber erst musste sie das Ding von der Wand bekommen.
Leise, sie durfte auf keinen Fall die Aufmerksamkeit des Eismanns erregen. Er hatte heute mehrere Male das Haus verlassen, doch glaubte sie, dass er zurzeit wieder da war. Und Monika war keine stattliche Frau, sie war einen Meter zweiundsechzig groß und wog normalerweise um die achtundfünfzig Kilo. Die Schwangerschaft machte sie zwar schwerer, aber nicht gerade stärker. Und sie hatte sich auch jetzt, da sie bereits am Ende des neunten Monats war, noch nicht an ihre Leibesfülle und die damit verbundene Unbeweglichkeit gewöhnt. Wenn in den nächsten Stunden Wendigkeit oder Kraftaufwand gefragt waren, wäre sie geliefert.
Mit ihrem dicken Bauch wollte es ihr nicht gelingen, über das Waschbecken zu greifen und den Spiegel mit beiden Händen zu packen. Sie zerrte also einen Stuhl heran, stieg hinauf und beugte sich vor, um an den Spiegel zu kommen. Es war nicht gerade einfach, daran zu zerren und dabei das Gleichgewicht zu halten. Der Spiegel ruckte – ein gutes Zeichen –, aber er war auch ziemlich schwer. Sie würde es nicht schaffen, ihn in dieser vorgebeugten
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