Mädchen Nr. 6: Thriller (German Edition)
hatte er seit sechs Monaten nicht mehr gefühlt. Er blickte Dani an, dann wieder den Jungen.
»Terence«, sagte er schließlich, »brauchst du einen Job?«
Zehn Minuten später begleitete Mitch Dani zu ihrem Wagen. Er zog sie an sich und küsste sie ausgiebig, was den Augenpaaren, die aus Terence’ Haus zu ihnen herübersahen, nicht entging. Danis Wangen färbten sich dunkelrot.
»Was sollte das jetzt?«, fragte sie und blickte sich um.
»Ein Dankeschön«, entgegnete Mitch. »Ich kann es jetzt nicht erklären, aber du hast keine Ahnung, was du da für mich getan hast.«
»Oh, na dann. Gern geschehen.« Sie blickte auf ihre Armbanduhr. »Ich muss los, der Termin mit den Kinneys ist für neun Uhr angesetzt. Wir müssen mehr über die Adoption ihres kleinen Jungen erfahren. Wenn er Rosies Kind war, dann führt uns das vielleicht zu den Hintermännern der Adoption.«
»Ruf mich an, wenn du dort angekommen bist. Und auch, wenn du wieder wegfährst.«
»Mach ich«, sagte sie. »Wo willst du hin?«
»In die Stiftung, Bildergeschichten erzählen«, erwiderte Mitch und glaubte, Russ auf sich herunterlächeln zu sehen.
Dani fuhr zum Haus der Kinneys und kam zehn Minuten vor der vereinbarten Zeit dort an. Eine Frau mit einem Kleinkind ging die Stufen herunter. Austin und Alana Kinney?
Nein, Augenblick, das war ein kleines Mädchen, kein Junge. Und die Frau ähnelte nicht im Geringsten der Alana Kinney auf dem Foto, auch wenn es schon vor über zwei Jahren in die OCIN-Akte aufgenommen worden war.
Dani stieg aus dem Wagen und ging über den Gehweg auf die Frau zu, die einen verstörten Eindruck machte.
»Ma’am?«, fragte Dani. »Waren Sie gerade bei Mrs. Kinney?«
Die Frau sah sie an. »Wer sind Sie?«
»Detective Sergeant Dani Cole«, erwiderte Dani, vermied es aber, ihre Polizeimarke zu zeigen, die sie im Moment ja nicht einsetzen durfte. »Ist sie da?«
»Sind Sie von der Polizei? O mein Gott, was ist passiert?«
»Nichts. Ich bin hier, um mit Mr. und Mrs. Kinn…«
»Aber sie sind nicht da.«
»Oh«, sagte Dani. »Nun, wir haben uns für neun Uhr verabredet, also sind sie viell…«
»Nein, Sie haben mich nicht verstanden. Ich meine, sie sind weg. Ich habe einen Schlüssel und bin reingegangen. Das Haus ist fast leer. Sie sind verschwunden!«
38
D ie Reading Road sah tagsüber noch trübseliger aus als bei Nacht. Mitch kam gegen kurz nach halb neun dort an und entdeckte Chuck schlafend in einem der Gebäude des Depots. So viel zu Gibsons Versprechen, sich um ihn zu kümmern.
Vollidiot.
Mitch sah ein paar Augenblicke auf die Gestalt hinunter. Dieser Mistkerl hatte Dani mit einer Holzplanke bedroht. Der Mann war offensichtlich verrückt. Er hätte sie umbringen können, und das alles für einen ausgestopften Teddybären.
Mitch rückte die Waffe in seinem Hosenbund zurecht, nur für den Fall. »Chuck!«, rief er. Nichts. Er beugte sich hinab und rüttelte Chuck an seinem unverletzten Arm, woraufhin Chuck wie der Blitz hochfuhr.
»Aufhörnaufhörnaufhörn!«, rief er.
Mitch trat zurück. »He, alles okay, Mann. Wach auf.«
Chuck blinzelte. Seine Augen waren wohl nicht ans Tageslicht gewöhnt. Er war nicht mehr high, sondern schien vielmehr auf Entzug zu sein. Schwach und zittrig.
Mitch gab ihm eine knappe Minute, um sich zu fangen. Als es schien, dass Chuck wieder geradeaus sehen konnte, sprach Mitch ihn an. »Chuck, ich brauche deine Hilfe …«
Dani schickte Tifton eine SMS, da sich ihr Kollege vermutlich in einer Besprechung der Sondereinheit befand. DIE KINNEYS SIND WEG. RUF MICH AN.
Tiftons Antwort lautete: LEICHE VON ALICIA W. HEUTE MORGEN IN VIRGINIA GEFUNDEN. KEHLE/HAARE WIE GEHABT.
Dani starrte auf das Handydisplay. Was? O Gott. Sie las die Nachricht ein zweites Mal und schloss die Augen, unfähig, zu atmen. Natürlich hatte sie gewusst, dass Alicia tot war, als sie letzte Nacht ihre Haare und das Blut gefunden hatten. Trotzdem, zu wissen, dass es nun eine Leiche gab …
Und Dani hatte natürlich nichts davon erfahren, doch zum Glück gab es Tifton, sonst wäre sie vollkommen von allem ausgeschlossen. Verdammter Gibson.
Nun, jetzt war keine Zeit für Selbstmitleid. Man hatte die Leiche von Alicia Woodruff gefunden. Ihr war die Kehle zerstochen und das Haar abgesäbelt worden. Das FBI hatte recht: Es ging hier tatsächlich um einen Serientäter. Auch Jill Donnellys Leiche war vermutlich irgendwo versteckt.
Ebenfalls in Virginia?
Dani riss sich zusammen. Die Kinneys. Sie war zwar
Weitere Kostenlose Bücher