Mädchen Nr. 6: Thriller (German Edition)
den Arzt sprachlos an. »Aber –«
Mitch übernahm. »Vor ungefähr fünfzehn Minuten wurde Ms. Cole telefonisch mitgeteilt, dass es mit ihrer Hündin rapide bergab geht.«
Der Tierarzt verzog das Gesicht. »Mit Runt geht es nirgendwohin, höchstens nach Hause – in ein, zwei Tagen. Ich bin mir völlig sicher, dass sie es geschafft hat.«
Dani fasste sich ans Herz. »Mein Gott.«
Doch die Freude war nur von kurzer Dauer. Dani holte mit zitternden Händen ihr Handy hervor und sah sich die letzte Nummer an.
Mitch warf einen Blick auf das Display und reichte das Handy an den Tierarzt weiter.
»Das ist nicht unsere Nummer«, sagte der Arzt. »Unsere Nummern beginnen alle mit 752.«
»Aber wer …«
Mitch stieß einen Fluch aus. »Jemand, der verhindern will, dass wir mit den Adoptiveltern eines estnischen Mädchens sprechen.«
»Gary Schmidt?«, mutmaßte Dani. »Nur er weiß, dass wir zu den Averys fahren wollen.«
Mitch zog sie aus der Klinik hinaus auf die Straße. »Vielleicht hat Gary ja wirklich jemanden überredet, dich anzurufen«, sagte er, klang jedoch nicht überzeugt. Gary? Mitch lief über den Parkplatz und zog Dani rasch zur Seite, als ein Wagen rückwärts aus einer Parklücke ausscherte. Am Cuda angekommen, öffnete er die Fahrertür, während Dani, die zwei Schritte hinter ihm war, auf die Beifahrerseite des Wagens zusteuerte.
»Verdammt, Mitch, das ergibt einfach keinen Sinn.«
Ein Schuss.
Mitch duckte sich und sprang hinters Steuer. Ihm blieb das Herz stehen.
Dani.
Er sah zum Beifahrerfenster, doch da stand sie nicht mehr. Sie musste neben den Wagen gestürzt sein.
»Dani!« Er schob sich über den Sitz und öffnete ihr von innen die Beifahrertür.
»Scheiße«, entfuhr es Dani, während sie sich aufrappelte und die Tür gegen sie krachte.
Sie kam mühsam auf die Beine und nutzte die Tür als Deckung. Dabei zog sie die Waffe und sah sich suchend um. Von der Straße ertönten quietschende Reifen, und ein Auspuff knatterte. Dani sprang ins Auto.
»Geht’s dir gut? Alles in Ordnung?«, fragte er besorgt. Sie schien nicht zu bluten.
»Mir geht’s gut. Fahr los, verdammt noch mal. Da lang.« Sie deutete mit ihrer Waffe nach vorn, und Mitch atmete erleichtert aus. Sie war unverletzt. Der Wagen vor ihnen hatte gewendet und raste nun in einer Abgaswolke davon. Mitch startete den Cuda und wollte rasch aus der Lücke fahren, doch er musste vorsichtig sein, da es auf dem Parkplatz sehr eng war.
»Jetzt mach schon, los«, drängte Dani und hatte ihr Handy herausgeholt. Die Waffe lag auf ihrem Schoß. Endlich fuhr Mitch auf die Straße und folgte dem Wagen. »Hier spricht Sergeant Dani Cole. Ein verdächtiges Fahrzeug auf der Forsyth in östlicher Richtung. Es wurde ein Schuss abgefeuert, ich brauche Verstärkung.«
Sie waren an einer Kreuzung angelangt, doch Mitch wusste nicht, in welche Richtung er weiterfahren sollte. Er bog ab, wendete und fuhr in die entgegengesetzte Richtung.
»Ein dunkler Wagen«, sagte Dani in ihr Handy. »Kompakt. Vielleicht ein Accord –«
»Corolla«, warf Mitch ein.
»Also, ein Cor–« Dani ließ das Handy sinken. »Verdammt noch mal.«
»Was ist los?« Mitch bog um die Ecke. Keine Rücklichter in Sicht, es war dunkel auf den Straßen, bis auf das Licht der Straßenlaternen.
»Diesen Corolla habe ich heute schon mal gesehen.«
»Herrgott, wirklich?«
»Ja, und zwar vor dem Radisson. Ich wäre fast an der Abgaswolke erstickt.«
Mitch drehte erneut, und beide blickten suchend die Straße entlang. Dani hob das Handy wieder ans Ohr. »Nein, leider nicht. Der Wagen ist verschwunden. Aber sagen Sie Tifton Bescheid, und checken Sie, ob einer der Verdächtigen aus dem McNamara-Fall einen Corolla fährt.« Sie legte auf, stieß einen Seufzer aus und steckte die Waffe ins Holster zurück. »Verdammt, an weitere Details kann ich mich nicht erinnern.«
Mitch fuhr jetzt langsamer. Sie konnten die Suche aufgeben, der Wagen war verschwunden. »Und was jetzt?«, fragte er. Dani hängte sich wieder ans Handy. »Bitte stellen Sie mich zu Gibson durch«, bat sie die Zentrale.
Sie brachte Gibson kurz auf den neuesten Stand.
»Warum, zum Teufel, sind Sie eigentlich schon wieder unterwegs?«, beschwerte er sich. »Sie sollten doch im Motel bleiben.«
»Ich war wegen meiner Hündin in der Tierklinik«, blaffte Dani. »Der Wagen ist vor dem Radisson an mir vorbeigefahren, aber der Fahrer wusste offenbar, wer ich bin, und hat auf mich gewartet. Bleiben Sie dran.«
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