Mädchen Nr. 6: Thriller (German Edition)
Sie sah die Telefonnummer nach und gab sie Gibson durch. »Es war eine männliche Stimme, die mir sagte, ich solle in die Tierklinik fahren. Ich kannte den Anrufer nicht.«
Dani sah zu Mitch und fragte ihn stumm: »Brad?« Mitch nickte und flüsterte: »Lass ihn checken.«
»Hey, Gibson. Finden Sie heraus, wo Brad Harper steckt.«
»Das weiß ich. Er ist in Jersey. In seinem Strandhaus.«
»Woher wissen Sie das?«
»Er hat angerufen und gesagt, dass er mal rausmuss. Wir hätten es zwar lieber gesehen, wenn er in der Stadt geblieben wäre, aber ich habe ihn fahren lassen.«
»Überprüfen Sie, ob er wirklich dort ist, ja? Und ob die Nummer zu ihm gehört.«
Gibson entfernte sich kurz aus dem Gespräch und bellte jemandem Befehle zu. Dann war er wieder dran. »Wird erledigt. Ich checke die Nummer und komme dann mit einem Team zur Tierklinik. Vielleicht finden wir noch die Patronenhülse. Oder Zeugen, die den Wagen gesehen haben. Irgendetwas.«
»Prüfen Sie die Fassade des Gebäudes an der Nordseite des Parkplatzes. Die Kugel ist direkt über meinen Kopf gezischt, ich habe sie gespürt.«
»Können Sie mir dann ja zeigen, wenn wir da sind.«
Dani holte tief Luft. »Chief, ich möchte Sie bitten, jemanden für mich anzurufen. Einige Cops in Pennsylvania.«
»Warum?«
»Bitte. Vergessen Sie doch einfach mal meinen verdammten Vater, und vertrauen Sie mir, okay? Ich möchte, dass Sie ein paar Leute zu einem bestimmten Haus schicken. Es gehört Sandy und Richard Avery, sie wohnen in Wooten. Schicken Sie jemanden, der das Haus unauffällig bewacht. Sie sollen mich anrufen, sobald es den Anschein hat, als würden die Averys wegfahren wollen.«
»Dani, worum geht es, zur Hölle?«
»Um den Mord an Rosie McNamara, glaube ich. Wenn Sie eine Bestätigung brauchen, kontaktieren Sie Tifton. Bitte. Rufen Sie die Kollegen in Pennsylvania an. Wenn in den nächsten zwei Stunden nichts geschieht, können Sie sie wieder zurückpfeifen.«
Gibson meldete sich fünf Minuten später, als Mitch und Dani gerade auf die Interstate fuhren. »Schön, Dani. Die Überwachung der Familie in Pennsylvania läuft, auch wenn ich nicht die geringste Ahnung habe, warum. Ich fahre jetzt zur Tierklinik. Und sobald wir uns dort sehen, erwarte ich eine verdammt gute Erklärung von Ihnen –«
»Was? Chief? Ich kann Sie nicht hören … kein Empfang, zu blöd.«
Sie legte auf.
42
M itch raste über die Staatsgrenze zu Pennsylvania, als hätte er eine tickende Zeitbombe an Bord seines Barracudas. Seine Nerven lagen blank. Er hatte den Tag in den weniger bekannten Vierteln von Lancaster verbracht, zusammen mit einem Jungen, der sich dort gut auskannte und schon so viel gesehen hatte, dass Mitch das gesamte Konzept der Ausstellung, die so gut wie fertig gewesen war, über den Haufen warf. Und seiner Karriere würde er ebenfalls eine neue Richtung geben. Dann war er mit den unwiderlegbaren Beweisen konfrontiert worden, dass jemand im Namen der Stiftung Schindluder trieb und illegale Adoptionen vermittelte. Ein Killer ging um und tötete junge Mütter. Und dann …
Mitch presste die Zähne aufeinander. Er mochte sich kaum ausmalen, was eben hätte geschehen können. Jemand hatte auf Dani geschossen. Irgendein Dreckschwein hatte sie herumgeschubst, hatte sie glauben lassen, ihre Hündin sei halbtot, hatte sie auf einem Parkplatz abknallen wollen wie ein Reh im Wald. Sie hätte auf das Pflaster stürzen und dort in seinen Armen verbluten können –
Mitch zwang sich, an etwas anderes zu denken, und umklammerte das Lenkrad fester.
»Du solltest vielleicht lieber den Fuß vom Gas nehmen, Cowboy«, sagte Dani, und ihre Stimme brachte ihn in die Gegenwart zurück. »Der Sheriff würde sicherlich nichts lieber tun, als einen berühmten Fotojournalisten und eine Polizistin in einem Barracuda aus dem Verkehr zu ziehen.«
Er blickte auf den Tachometer: einhundertvierzig Stundenkilometer. Mitch ging auf einhundertzwanzig runter. Es fiel ihm noch immer schwer, nicht daran zu denken, was hätte passieren können.
»Eben auf dem Parkplatz dachte ich, dir sei etwas zugestoßen«, sagte er mit rauher Stimme. »Ich war zu Tode erschrocken.«
»Dir ist aber klar, dass so etwas jederzeit passieren könnte? Ich bin schließlich Polizistin.«
»Ich bin mir nicht sicher, ob ich das jeden Tag aushalten könnte. Zu wissen, dass du in Gefahr schwebst.«
Sie ließ sich in den Sitz zurücksinken und zog die Brauen hoch. »Dann solltest du lieber ans andere Ende
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